Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren. Steffen Stern
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* | z.B. Handeln aus unterschiedlichen niedrigen Beweggründen: BGH Urt. v. 24.05.1968 – 5 StR 704/68, BGHSt 23, 39 ; hierzu Arzt JZ 1973, 682 ff. ; BGH Urt. v. 12.01.2005 – 2 StR 229/04, StraFo 2005, 211. |
2. Unanwendbarkeit des § 213 StGB in Mordfällen
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Die absolute Androhung lebenslänglicher Freiheitsstrafe verwehrt jede graduelle Abstufung im individuellen Schuldgehalt. Auch der Täter, der Mordmerkmale verwirklicht hat, kann unter Umständen zur Tat getrieben oder hingerissen worden sein, die das Gesamtgeschehen in milderem Licht und die Verhängung einer lebenslangen Haftstrafe unangemessen hart erscheinen lassen. Wer, wie Schrifttum und Rechtslehre, den Mord als „qualifizierten Totschlag“ ansieht, hätte zumindest dogmatisch kaum Schwierigkeiten, die Regelung über den minder schweren Fall im Sinne von § 213 StGB auch auf Morddelikte zu erstrecken. Folgt man jedoch dem BGH, so ist § 213 StGB auf Morddelikte von vornherein unanwendbar[15].
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Der BGH, der andererseits die Augen vor gewissen Härtefällen nicht verschließen kann, behilft sich auf zwei unterschiedlichen Wegen: Zum einen werden einzelne Mordmerkmale einschränkend interpretiert. So wird etwa „Heimtücke“ bei fehlender feindlicher Willensrichtung verneint[16]. Zum anderen ist man beim Heimtückemord bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände aus Verhältnismäßigkeitserwägungen im Zuge einer Strafrahmen- und Strafzumessungslösung auf die Vorschrift des § 49 Abs. 1 StGB ausgewichen, die es gestattet, eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe zwischen 3 und 15 Jahren zu verhängen[17].
3. Hinweispflicht bei Tatbestandswechsel
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Da die Vorschriften der §§ 211 und 212 StGB trotz des ihnen gemeinsamen Tatbestands der vorsätzlichen Tötung eines Menschen „andere Strafgesetze“ i. S. v. § 265 Abs. 1 StPO sind, ist selbst bei einem Wechsel des Anklagevorwurfs von Mord auf Totschlag ein rechtlicher Hinweis grundsätzlich unentbehrlich[18].
4. Einschränkung hinsichtlich § 154a StPO
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Es ist rechtlich nur möglich, einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, nach § 154a StPO auszuscheiden. Bei einer Tat, für die der Tatbestand des Mordes gemäß § 211 StGB in Betracht kommt, kann daher die Strafverfolgung gemäß § 154a StPO nicht auf den Tatbestand des Totschlags gemäß § 212 StGB beschränkt werden, weil diese beiden Delikte nach der Rechtsprechung selbstständige Straftatbestände mit verschiedenem Unrechtsgehalt sind, von denen nur entweder der eine oder der andere erfüllt sein kann[19].
Anmerkungen
Ausf. Küper, JZ 1991, 911; Überbl. MK-StGB/Schneider Vor § 211 Rn. 132 ff.
BGH Urt. v. 26.01.2000 – 3 StR 410/99.
BGH Beschl. v. 10.01.2006 – 5 StR 341/05, NStZ 2006, 286 = StV 2006, 579.
S. auch Küper, JZ 2006, 608.
BGH Urt. v. 28.11.2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96 = NStZ 2008, 648 = StV 2008, 181 Ls.
Auf die Darstellungen von Fischer/Gutzeit, JABl 1998, 41 und Engländer, Die Teilnahme an Mord und Totschlag, JA 2004, 410, zu Grundfragen des § 28 StGB und zum Verhältnis von § 211 und § 212 StGB wird verwiesen.
Vgl. exemplarisch Beulke, NStZ 1990, 278 mwN.