Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Verteidigung von Ausländern - Jens Schmidt страница 35

Автор:
Жанр:
Издательство:
Verteidigung von Ausländern - Jens Schmidt Praxis der Strafverteidigung

Скачать книгу

[12]

      Vgl. Rn. 80, 90, 96 ff., 118.

      Inhaltsverzeichnis

       I. Besonderheiten im sog. Kernstrafrecht

       II. Straftaten nach dem Aufenthalts-, FreizügG/EU und Asylgesetz

       III. Ordnungswidrigkeiten nach dem Aufenthalts-, Asyl- und FreizügG/EU

      123

      

      Effektive Strafverteidigung setzt die Kenntnis des materiellen (Straf-)Rechts voraus; obwohl dies eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint, werden die insoweit gegebenen Verteidigungschancen vielfach vernachlässigt. Fehlerhafte Anklageschriften und/oder Urteile stellen keine Seltenheit dar, so dass im Bereich des materiellen Rechts oftmals beachtliche Erfolge erzielt werden können. Dies gilt in besonderem Maße für die Verteidigung von Ausländern, da hier zahlreiche materiell-rechtliche Besonderheiten zu beachten sind.

      Teil 2 Materielles Ausländerstrafrecht › I. Besonderheiten im sog. Kernstrafrecht

      124

      Die Gründe normabweichenden Verhaltens sind vielfältig; im Bereich der Ausländerkriminalität beruhen diese nicht selten auf abweichenden Wertvorstellungen. Inkriminiertes Verhalten wird von Ausländern oft als weniger strafwürdig oder gar straflos eingestuft, so dass entsprechende Anschauungen bei der Auslegung einzelner Straftatbestände – z.B. den Mordmerkmalen – von erheblicher Bedeutung sein können. Neben herkunftsgeprägten Vorstellungen gilt es auch weitere Besonderheiten zu beachten, die ihre (un-)mittelbare Ursache in der Ausländereigenschaft des Täters finden können.

      Teil 2 Materielles AusländerstrafrechtI. Besonderheiten im sog. Kernstrafrecht › 1. Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuchs

1. Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuchs a) Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- und Strafaufhebungsgründe

      125

      „Wer sich in einer konkreten Situation durch seine Glaubensüberzeugung zu einem Tun oder Unterlassen bestimmen lässt, kann mit den in der Gesellschaft herrschenden sittlichen Anschauungen in Konflikt geraten. Verwirklicht er durch dieses Verhalten nach herkömmlicher Auslegung einen Straftatbestand, so ist im Lichte des Art. 4 Abs. 1 GG zu fragen, ob unter den besonderen Umständen des Falles eine Bestrafung den Sinn staatlichen Strafens überhaupt noch erfüllen würde. Ein solcher Täter lehnt sich nicht aus mangelnder Rechtsgesinnung gegen die staatliche Rechtsordnung auf; das durch die Strafdrohung geschützte Rechtsgut will er auch wahren. Er sieht sich aber in eine Grenzsituation gestellt, in der die allgemeine Rechtsordnung mit dem persönlichen Glaubensgebot in Widerstreit tritt und fühlt die Verpflichtung, hier dem höheren Gebot des Glauben zu folgen. Ist diese Entscheidung auch objektiv nach den in der Gesellschaft allgemein herrschenden Wertvorstellungen zu missbilligen, so ist sie doch nicht mehr in dem Maße vorwerfbar, dass es gerechtfertigt wäre, mit der schärfsten der Gesellschaft zu Gebote stehenden Waffe, dem Strafrecht, gegen den Täter vorzugehen. Kriminalstrafe ist – unabhängig von ihrer Höhe – bei solchen Fallgestaltungen unter keinem Aspekt (…) eine adäquate Sanktion.“

      Hinweis

      Zudem kann es ratsam sein, einen Antrag auf Einholung eines ethnologischen Sachverständigengutachtens zu stellen, um die im Heimatland des Beschuldigten geltenden Sitten, Gebräuche und Moralvorstellungen zu ermitteln (vgl. Rn. 501).

      Anmerkungen

       [1]

      Vgl. LG Köln StV 2012, 603 ff. = MedR 2012, 680 ff. m. Anm. Kreß; Herzberg MedR 2012, 169, 173 ; Putzke MedR 2012, 621, 624; Brocke/Weidling StraFo 2012, 450, 455 f.; siehe auch Jerouschek NStZ 2008, 313 ff.; Rixen NJW 2013, 257 ff.; Bartsch Anmerkung zu LG Köln, StV 2012, 604, 607/608; zur Frage eines möglichen Verstosses gegen Art. 3 Abs. 3 GG aufgrund der abweichenden Regelungen zur Beschneidung von Jungen und Mädchen vgl. Hilgendorf StV 2014, 555, 560 ff.; Renzikowski NJW 2014, 2539, 2540/2541.

       [2]

      BVerfGE 32, 98; vgl. aber auch BVerfGE 23, 127, 132.

       [3]

      Vgl. Schönke-Schröder-Lenckner/Sternberg-Lieben StGB, Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 118 m.w.N.

       [4]

      Vgl. AG Balingen NJW 1982, 1006 ff., dass das sog. „Schächten“ von Tieren als gerechtfertigt ansah; vgl. insoweit auch § 4a TierSchG; BVerfG JZ 2002, 500 ff.; BVerfG NJW 2002, 1485; VGH Kassel NVwZ 2004, 893; sowie Kästner JZ 2002, 491 ff; Oebbecke NVwZ 2002, 302 f.; Caspar/Köpernik Religöses DVBl 2009, 361 ff.; vgl. auch BVerwG NVwZ 2007, 461 f., wonach dies auch nach Einführung des Tierschutzes als Staatsziel (Art. 20a GG) unverändert fortgilt.

Скачать книгу