Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer
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Zur gleichen Information ist nach Abtretung der Darlehensforderung der neue Gläubiger verpflichtet, wenn nicht der alte Gläubiger weiterhin als Gläubiger auftreten soll (VI). Diese Vorschrift hätte sich der Gesetzgeber sparen können, wenn er die Abtretung von Verbraucherkrediten schlichtweg ausgeschlossen hätte. Aber soweit geht die Liebe zum Verbraucher dann doch nicht.
7. Der Widerruf des Verbrauchers
7.1 Das Widerrufsrecht des Verbrauchers und seine Ausnahmen
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Nach § 495 I darf der Verbraucher seine Vertragserklärung gemäß § 355 widerrufen und sich so vom Darlehensvertrag lösen. Der Widerruf ist seine schärfste Waffe. Die Einzelheiten regeln die §§ 355, 356b, 357a III, 358-361[72].
Nach § 495 II sind unwiderruflich:
- | Darlehensverträge, die einen wegen Zahlungsverzugs des Verbrauchers kündbaren Darlehensvertrag durch eine Rückzahlungsvereinbarung ergänzen oder ersetzen und dadurch einen Rechtsstreit vermeiden, wenn der Gesamtbetrag entsprechend Art. 247 § 3 EGBGB niedriger ist als die Restschuld. Gemeint ist die vertragliche Umschuldung, die eine Kündigung des Darlehensgebers vermeidet; |
- | notariell beurkundete Darlehensverträge, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus §§ 491a, 492 gewahrt seien; |
- | Überziehungskredite nach § 504 II oder § 505. |
7.2 Form und Frist des Widerrufs
Seinen Widerruf, der keiner Begründung bedarf, erklärt der Verbraucher nach § 355 I 2 dem Unternehmer. Die Bezeichnung als „Widerruf“ ist ratsam, erforderlich ist sie nicht, der Verbraucher muss nach § 355 I 3 aber deutlich zu verstehen geben, dass er sich vom Vertrag lösen wolle. Warum er widerrufe, muss er nach § 355 I 4 nicht begründen, denn das Gericht fragt nicht nach dem Motiv des Verbrauchers sondern respektiert dessen freien Willen[73]. Wirksam wird der Widerruf nach § 130 I 1 erst, wenn er dem Unternehmer zugeht, die Widerrufsfrist wird nach § 355 I 5 aber schon durch die rechtzeitige Absendung gewahrt.
Der Widerruf ist ein Gestaltungsrecht, mit dem der Verbraucher sich leicht vom Darlehensvertrag lösen kann, auch noch nach Kündigung und vertraglicher Aufhebung des Vertrags[74].
Der Widerruf ist befristet[75]. Nach § 355 II dauert die Widerrufsfrist 14 Tage ab Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Etwas anderes bestimmt § 356b: Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für ihn bestimmte Darlehensurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat (I). Wenn die dem Darlehensnehmer überlassene Urkunde die Pflichtangaben des § 492 II nicht enthält, beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn diese Angaben nach § 492 VI nachgeholt sind, und verlängert sich auf einen Monat (II 1,3). Im Falle des § 494 VII beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Darlehensnehmer nach einer Vertragsänderung eine Abschrift des geänderten Vertrags erhalten hat (III).
Und da nach Art. 247 § 6 II EGBGB die Belehrung über die Widerrufsfrist zum notwendigen Inhalt des Darlehensvertrags gehört, kann die Widerrufsfrist nicht beginnen, wenn der Darlehensnehmer unvollständig, unrichtig oder gar nicht darüber belehrt wird[76]. Jedoch genügt eine Belehrung, die dem Muster in der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 II EGBGB entspricht[77].
Ist der Beginn der Widerspruchsfrist streitig, trägt nach § 361 III der Unternehmer die Beweislast[78].
Schon in der Vergangenheit begann die Widerrufsfrist nicht, wenn der Darlehensnehmer nicht richtig oder nicht vollständig darüber belehrt worden ist, sodass er noch nach Jahren widerrufen konnte. Diesem „ewigen“ Widerrufsrecht setzt Art. 229 § 38 III EGBGB für Immobiliardarlehen, die zwischen dem 1.9.2002 und dem 10.6.2010 vereinbart wurden, abrupt ein Ende: Die Widerrufsrechte aus diesen Verträgen erloschen, wenn sie nicht schon wirksam ausgeübt worden sind, spätestens am 21.6.2016[79].
7.3 Die Rechtsfolgen des Widerrufs
Nach § 355 I 1 löst der rechtzeitige Widerruf des Verbrauchers die Bindung beider Vertragspartner an ihre Vertragserklärungen, als wären sie nie abgegeben worden[80], und nach § 355 III 1 sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugeben, kurz und gut: Der Widerruf verwandelt das vertragliche Darlehensverhältnis in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis[81].
Aus Art. 247 § 6 II EGBGB erfährt man, dass der Verbraucher das ausbezahlte Darlehen zurückzahlen und dessen Gebrauch vergüten soll, und § 357a III verpflichtet ihn, für die Zeit zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu zahlen (S. 1). Ist das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert, kann der Verbaucher nachweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger sei als der vereinbarte Sollzins, und schuldet dann nur den geringeren Betrag (S. 2, 3). Aufwendungen des Darlehensgebers muss der Verbraucher nur ersetzen, wenn der Darlehensgeber sie gegenüber einer öffentlichrechtlichen Stelle erbracht hat und nicht zurückfordern kann (S. 5).
Gewährt der Unternehmer in einem Vertrag mehreren Verbrauchern ein Darlehen, kann jeder Verbraucher sein Darlehen trotz § 351 S. 1 selbständig widerrufen, sodass nach § 139 im Zweifel das gesamte Vertragsverhältnis rückabzuwickeln ist[82].
8. Die verbundenen Verträge
8.1 Der Widerruf des Verbrauchers
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Der rechtzeitige Widerruf eines verbundenen Vertrags über eine Warenlieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers befreit den Verbraucher nach § 358 I auch von seiner Bindung an den Darlehensvertrag.
Umgekehrt befreit der rechtzeitige Widerruf des Darlehensvertrags den Verbraucher nach § 358 II auch von dem verbundenen Vertrag über eine Warenlieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers.
Die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags regelt lang und breit § 358 IV[83].
8.2 Die Verbindung eines anderen Verpflichtungsvertrags mit einem Verbraucherdarlehen
Ein Kauf-, Werk- oder sonstiger Verpflichtungsvertrag ist nach § 358 III dann mit einem Verbraucherdarlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen zumindest teilweise den anderen Vertrag finanzieren soll und die beiden Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden (S. 1). Diese Einheit ist „insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung finanziert oder der Darlehensgeber sich bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags des Unternehmers bedient“ (S. 2). Gemeint sind der finanzierte Abzahlungskauf und die sonstigen finanzierten Verträge[84],