Polizeigesetz für Baden-Württemberg. Reiner Belz

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Polizeigesetz  für Baden-Württemberg - Reiner Belz Polizeirecht kommentiert

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§ 160 Abs. 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft Straftaten zu erforschen. Zu diesem Zweck kann sie Ermittlungen selbst vornehmen oder durch den Polizeivollzugsdienst vornehmen lassen (§ 161 StPO). Regelmäßig wird der Polizeivollzugsdienst jedoch aufgrund eigener Initiative zur Erforschung von Straftaten tätig – Recht des ersten Zugriffs (§ 163 Abs. 1 StPO). Die §§ 161 und 163 Abs. 1 StPO sind lediglich Aufgabenzuweisungsnormen. Welche konkreten Maßnahmen dem Polizeivollzugsdienst im Ermittlungsverfahren zustehen, ergibt sich ausschließlich aus den Befugnisnormen der StPO, d. h., ein Rückgriff auf die Generalklausel des Polizeigesetzes oder auf andere seiner Befugnisnormen ist – selbst bei Regelungslücken in der StPO – ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der Vorschriften zum unmittelbaren Zwang: weil die StPO über die Art und Weise seiner Anwendung keine Aussage enthält, ist es zum Zwecke einer rechtsstaatlichen Begrenzung dieses Mittels gerechtfertigt, die §§ 64 ff. entsprechend heranzuziehen.

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      Präventive und repressive polizeiliche Tätigkeit voneinander abzugrenzen ist nicht immer ganz einfach, da sie sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild häufig gleichen.

       Beispiele: Die Durchsuchung einer Wohnung ist sowohl nach § 36 Abs. 2 PolG wie auch nach § 102 StPO zulässig.

      Einfache körperliche Gewalt (unmittelbarer Zwang) kann der Verhütung einer Straftat, aber auch der Strafverfolgung dienen.

      Entscheidend ist, wo das Schwergewicht der polizeilichen Tätigkeit nach ihrer objektiven Zweckrichtung liegt. Das ist für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen, wobei im Ergebnis nur das eine oder andere Recht angewendet werden kann (BVerwG, NJW 1975, 893; VGH BW, VBlBW 1984, 245, 247; 1989, 16, 17; 2005, 63 f.). Eine korrekte Zuordnung zum jeweiligen Rechtsgebiet ist deshalb notwendig, weil die Rechtmäßigkeitsanforderungen unterschiedlich ausgestaltet sind. Außerdem werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO), solche zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten jedoch von den ordentlichen Gerichten (§ 23 GVG) überprüft, da der Polizeivollzugsdienst hier als Justizbehörde im funktionellen Sinn angesehen wird.

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      Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sind grundsätzlich die Verwaltungsbehörden zuständig (§§ 35, 36 OWiG i. V. m. §§ 1 ff. OWiZuVO). Der Polizeivollzugsdienst wird für diese entweder auf Ersuchen tätig (§ 46 Abs. 1, 2 OWiG; § 161 StPO) oder er handelt aus eigener Initiative nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 53 OWiG). Er hat hierbei grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie im Strafverfahren (vgl. jedoch § 46 Abs. 2 bis 5 OWiG). Sofern dies ausdrücklich bestimmt ist, können auch Polizeibehörden und der Polizeivollzugsdienst zuständige Verfolgungsbehörde sein (§ 36 OWiG). In Baden-Württemberg finden sich entsprechende Bestimmungen nur für Polizeibehörden (z. B. § 2 ff. OWiZuVO).

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      Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die zuständige Verwaltungsbehörde den Betroffenen verwarnen und ein Verwarnungsgeld erheben (§ 55 OWiG). Diese Befugnis steht auch den Beamten des Polizeivollzugsdienstes gem. § 57 Abs. 2 OWiG zu.

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      Zu den sonstigen Aufgaben der Polizei gehört auch die Pflicht, Amtshilfe zu leisten. Darunter versteht man die Vornahme von Handlungen rechtlicher oder tatsächlicher Art durch die Polizei zur Unterstützung einer Amtshandlung der ersuchenden Behörde.

      Beispiele: Eine Polizeidienststelle überlässt dem ersuchenden Straßenbauamt, das eine Straßenführung verbessern will, ihre Unfalldiagramme zur Einsicht. Die Ausländerbehörde erteilt der Sozialbehörde Auskünfte über einen sozialhilfeberechtigten Ausländer.

      Die Verpflichtung, Amtshilfe zu leisten, besteht allgemein aufgrund Art. 35 GG, Art. 35 Abs. 3 VerfBW und für die gefahrenabwehrende Tätigkeit der Polizei (also nicht bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, vgl. §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) aufgrund der §§ 4–8 LVwVfG oder aufgrund spezieller Rechtsvorschriften. Werden anlässlich der Amtshilfe personenbezogene Daten übermittelt (Informationshilfe) sind vor allem die Vorschriften über die Datenübermittlung (§§ 59 ff.) zu beachten. Amtshilfe für die Nachrichtendienste (Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst) ist insofern eingeschränkt, als die Polizei nicht um solche Maßnahmen ersucht werden darf, zu denen diese selbst nicht befugt ist (§ 5 Abs. 3 LVSG, § 8 Abs. 3 BVerfSchG; § 2 Abs. 3 BNDG, § 4 Abs. 2 MADG).

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      Die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme, für die die Polizei Amtshilfe leistet, trägt die ersuchende Behörde. Dagegen ist die Polizei für die Rechtmäßigkeit der Durchführung der Amtshilfe verantwortlich (§ 7 Abs. 2 LVwVfG), wobei jede Stelle das für sie geltende Recht anwendet (§ 7 Abs. 1 LVwVfG). Dementsprechend gilt für den Rechtsschutz: Begehrt der Bürger die Aufhebung von Maßnahmen der ersuchenden Behörde, muss er seine Rechtsbehelfe gegen diese richten. Rügt er Art und Weise der Durchführung der Amtshilfe, ist der jeweilige Träger der Polizei Klagegegner.

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      Keine Amtshilfe liegt vor, wenn Behörden innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 LVwVfG). Dazu zählen z. B. Amtshandlungen einer nachgeordneten für eine übergeordnete Polizeidienststelle bzw. Polizeibehörde wie auch solche von Polizeidienststellen für allgemeine Polizeibehörden (vgl. § 119).

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      Amtshilfe liegt auch dann nicht vor, wenn die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG). Hierzu gehört vor allem die Vollzugshilfe des Polizeivollzugsdienstes aufgrund allgemeiner (§ 105 Abs. 5) oder besonderer Vorschriften (z. B. § 7 LVwVG, § 44 Abs. 2–4 WPflG, § 23 a ZDG, §§ 287 Abs. 3, 288 AO, §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO, §§ 892 a i. V. m. 758 Abs. 3 und 759 ZPO, § 26 Abs. 2 LKJHG), aber auch das Handeln bei Gefahr im Verzug (z. B. §§ 2 Abs. 1, 112, 113 Abs. 2), zumal in diesen letztgenannten Fällen auch nicht auf Ersuchen gehandelt wird.

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      Über die Verpflichtung zur Amtshilfe hinaus geht die gegenseitige Unterstützungspflicht aller Polizeidienststellen (§ 8 Abs. 1 DVO PolG), weil sie kein Ersuchen voraussetzt. Vielmehr haben sich die Polizeidienststellen von sich aus von allen Wahrnehmungen zu unterrichten.

       63

      Zur großen Zahl anderer sonstiger Aufgaben vgl. die Erläuterungen zur Zuständigkeit der Kreis- und Ortspolizeibehörden (§ 111, RN 8) und zur Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes (§ 105, RN 4 ff.).

      

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