Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht. André-M. Szesny

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Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht - André-M. Szesny

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mehrere Geldbußen gegen den Betroffenen festgesetzt, sind sie für die Gebührenberechnung zusammenzuzählen.[286] Bei mehreren Bußgeldadressaten wird von jedem eine Gebühr nach Maßgabe der gegen ihn festgesetzten Geldbuße erhoben.[287]

      220

      Der Kostentenor lautet im Bußgeldbescheid gegen einen Betroffenen:

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens, § 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO.

      221

      Der Kostentenor bei einer Nebenbeteiligten lautet:

Die Nebenbeteiligte trägt die Kosten des Verfahrens, § 105 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 472b Abs. 2, 465 Abs. 1 StPO.

      222

      Die Begründung des Bußgeldbescheids ist keine Pflichtangabe im Bußgeldbescheid (vgl. § 66 Abs. 3 OWiG). Da es sich bei den kapitalmarktrechtlichen Ordnungswidrigkeiten typischerweise um umfangreiche Sachverhalte handelt und zudem hohe Geldbußen verhängt werden, sollte der Bußgeldbescheid über die in § 66 Abs. 1 OWiG geforderten Pflichtangaben hinaus jedoch – nach den Pflichtangaben und vor der Rechtsmittelbelehrung – begründet werden.[288] Wird das Verfahren im Wege eines Settlements abgeschlossen, verzichtet die BaFin auf die Begründung.[289]

      223

      Praxishinweis

      Kann das Bußgeldverfahren im Rahmen eines Settlements abgeschlossen werden, wird in der Regel ein verkürzter Bußgeldbescheid erlassen. Das heißt, der Bußgeldbescheid besteht lediglich aus den Pflichtangaben gem. § 66 OWiG. Nach hier vertretener Auffassung ist es im Fall eines vorsätzlich begangenen Verstoßes dabei möglich, die Vorwerfbarkeitsform bei den gesetzlichen Merkmalen nicht anzugeben.[290] Auf die Begründung des Bußgeldbescheids wird in der Bußgeldpraxis der BaFin im Rahmen eines Settlements verzichtet.[291] Gleichwohl kann es sachgerecht sein, auch die einvernehmlich vereinbarten Bußgeldbescheide zumindest im Hinblick auf die Bußgeldhöhe zu begründen. Dies dient nicht nur dem fortdauernden Informationsbedürfnis des Bußgeldadressaten, sondern ist auch eine „Selbstkontrolle“ der Behörde, die im Rahmen einer Verständigung weiterhin verpflichtet ist, eine tat- und vorwerfbarkeitsangemessene Geldbuße zu verhängen.

      224

      Inhalt der Begründung des Bußgeldbescheids kann sein:

- Würdigung der Beweismittel (einschl. Ablehnungsgründe der im Vorverfahren gestellten Beweisanträge bzw. -anregungen des Betroffenen).
- Begründung des Ahndungsbedürfnisses im Einzelfall
- Darstellung der Bußgeldzumessung (Erwägungen wie z.B. Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung; Marktkapitalisierung; Nachtatverhalten; Besserungsmaßnahme; Delisting etc.)

      225

Begründung des Bußgeldbescheids
I. Zum Tatnachweis Der Betroffene hat sich wie folgt eingelassen […] Dem steht jedoch entgegen, dass […] Zu berücksichtigen war auch […] Der Vorsatzvorwurf folgt daraus, dass der Betroffene am TT.MM.JJJJ das Fax erhalten hat und den Inhalt gelesen haben wird (siehe Bl. X d.A.). Mithin kannte er […] Soweit der Verteidiger des Betroffenen mit Schriftsatz vom […] einwendet, dass […], ist dem nicht zu folgen. Denn […]
II. Zur Bemessung der Geldbuße […]

      226

      Weiter enthält der Bußgeldbescheid gem. § 66 Abs. 2 OWiG gesetzlich bestimmte Hinweise, die Zahlungsaufforderung und die Rechtsbehelfsbelehrung. Bei der Zahlungsaufforderung wird die Geldbuße mit den Gebühren und Auslagen summiert und als Gesamtsumme fällig gestellt. Bei Tatmehrheit müssen die Einzelgeldbußen gesondert ausgewiesen werden.

      227

      Sobald der Bußgeldbescheid behördenintern unterzeichnet und in den Geschäftsgang gegeben ist, ist er erlassen, §§ 33 Abs. 2 i.V.m. 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG. Der Bußgeldbescheid muss sodann zugestellt werden.

      228

      

      Das Zustellungserfordernis im Verfahren gegen den Betroffenen folgt aus §§ 50 Abs. 1 S. 2, 51 Abs. 2 OWiG. Bescheid- und Zustellungsadressat können wie im Fall des nicht verteidigten Betroffenen identisch sein. Ist der Betroffene (bzw. die Nebenbeteiligte) hingegen verteidigt, ist Zustellungsadressat i.d.R. der Verteidiger. Hat der Betroffene mehr als einen von höchstens drei Verteidigern, genügt die Zustellung an einen der Verteidiger unter Benachrichtigung des Betroffenen bzw. der Nebenbeteiligten.[292]

      229

       Vertiefung: Zustellung an den Verteidiger

- Rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht: Hat der Betroffene seinem Verteidiger – zusätzlich zur Vertretungsvollmacht – eine Zustellungsvollmacht rechtsgeschäftlich erteilt, kann die Zustellung des Bußgeldbescheids an den Verteidiger unproblematisch bewirkt werden.
- Gesetzliche Zustellungsermächtigung: Liegt den Akten lediglich eine Vertretungs- aber keine Zustellungsvollmacht bei, gilt der Verteidiger kraft Gesetzes gleichwohl als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Betroffenen in Empfang zu nehmen, § 51 Abs. 3 OWiG. Die Regelung enthält eine Fiktion, die eine wirksame Zustellung an den Verteidiger ermöglicht, obgleich dieser als solcher nicht rechtsgeschäftlicher Vertreter des Betroffenen, sondern nur dessen Beistand (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 137 StPO) ist.[293] Die Zustellung an den Verteidiger ist auch in dem Fall wirksam, wenn die zur Akte gelangte rechtsgeschäftliche Vollmacht keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Zustellungen enthält oder eine solche dort sogar ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.[294] - Beachte: Während beim Pflichtverteidiger die gesetzlich fingierte Zustellungsvollmacht lediglich den Bestellungsakt voraussetzt, muss sich beim Wahlverteidiger die allgemeine Verteidigervollmacht (bzw. eine Kopie oder ein Telefax) im Zeitpunkt der Zustellung[295] bei der Akte befinden. Nur dann ist er Empfangsberechtigter i.S.d. § 51 Abs. 3 S. 1 OWiG („Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, (…)“). Liegt die Verteidigervollmacht zu diesem Zeitpunkt nicht vor, greift die Fiktion nicht und die Zustellung an den

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