Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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wäre: Welche Chancen hätten an dem und dem Ort neuanzusiedelnde Gewerbezweige? Wo liegen noch unerschlossene oder nur extensiv genutzte Flächen, deren Nutzwert sich im Wege landeskultureller Maßnahmen steigern ließe? Gibt es irgendwo Plätze im Sprengel, wo man eventuell Kolonisten ansiedeln könnte?

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      Städtetabellen

      Neben solchen fortlaufenden, in kurzen Zeitabständen zu beschaffenden Informationen, die der Zentrale ein möglichst aktuelles Bild von der Situation der einzelnen Landesteile liefern sollten, hatten die Kammern jährlich auch spezielle Übersichten und Statistiken zu liefern, vor allem die sog. „Städtetabellen“, in denen für jede einzelne Stadt des jeweiligen Kammerbezirkes „detaillierte Nachrichten über alle städtischen Verhältnisse“ zu geben, vor allem aber der Gesamtjahresertrag der Akziseeinnahmen und die für Bürgermeister, Ratsherrn und Stadtbedienstete anfallenden Personalkosten im Einzelnen aufzuschlüsseln waren.[105] Dieser Aufstellung war das Akziseaufkommen der davor liegenden drei Jahre gegenüberzustellen und hier hatte dann auch die vom König geforderte Analyse der Kammern einzusetzen: Wie sind die Abweichungen, wie sind vor allem eventuelle Einbrüche bei den Akziseeingängen gegenüber den drei Etat-Vorjahren zu erklären? Sind sie auf nicht weiter zu beeinflussende, witterungsbedingte Missernten oder Viehseuchen und einen daraus folgenden Rückgang der Umsatzintensität beim städtischen Handel zurückzuführen oder liegen irgendwelche strukturellen Schwächen vor, die sich mit entsprechenden Verwaltungsmaßnahmen beseitigen ließen? Die Rechnungsführung über die Einnahmen wurde auf diese Weise zu einem Messinstrument, mit dessen Hilfe sich die strukturellen Mängel der Policey im Interesse einer zielgerichteten Gegensteuerung leichter lokalisieren ließen.

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      Planung

      Die Planungs- und Entwicklungsaufgaben: Leistungsfähige Textilmanufakturen und Peuplierung, also zwei klassische kameralistische Politikziele, waren die Entwicklungsaufgaben, auf die die Kammern ihren Instruktionen gemäß angesetzt wurden. Damit erscheint hier eine Tätigkeit in den Aufgabenkatalog aufgenommen, die gegenüber den bisher erwähnten Tätigkeitsformen eine ganz neuartige innere Grundstruktur aufweist: Dort ging es im Kern um Verhaltenskontrolle und Sanktionierung von normabweichendem Verhalten. Beim „Etablissement derer Manufakturen“ und ihrer stetigen „Augmentierung“ hingegen liegt das Ziel in der Hervorbringung noch gar nicht vorhandener ökonomischer Strukturen. Damit ist ein grundlegender Perspektivenwechsel verbunden: Neben die retrospektive Sicht, wie sie der sanktionierenden Tätigkeit eigen ist, tritt der sozusagen prospektivische Blick, der die ökonomischen Strukturen des Landes an einen vorerst nur in der planerischen Vision vorliegenden Zustand heranführen möchte.

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      Leistungsverwaltung

      In den Dienstinstruktionen der Kammern werden ansatzweise auch Elemente der Leistungsverwaltung[106] sichtbar, die vor allem in dem staatlichen Bemühen zu Tage tritt, den Zuzug niederlassungswilliger Handwerker und Arbeiter der Textilbranche zu fördern: Die Kammern waren gehalten, solchen Leuten sog. Handgelder auszuzahlen, die den Anreiz der ohnehin gewährten Abgaben- und Steuernachlässe verstärken sollten. Die Kammern sollten auch dafür sorgen, dass den neuen Handwerkern vorschussweise die erforderlichen Rohstoffe zur Textil-Produktion zur Verfügung gestellt werden, damit ihnen der Produktionsstart gelingt. Dieser Rückgriff auf das Instrument leistender Verwaltung entsprach ganz den policeywissenschaftlichen Grundsätzen dieser Zeit, die immer wieder betonten, dass der Fürst sich vorrangig anderer Mittel als der nachträglichen Sanktionierung normabweichenden Verhaltens bedienen müsse, wolle er die hochgesteckten Ziele der kameralistischen Politiklehre erreichen.[107] Denn allein mit der Durchsetzung der normativen Ordnung durch deren Sanktionierung war aus solcher Sicht die angestrebte Weiterentwicklung der ökonomischen Strukturen des Landes nicht zu erreichen, weil die bloße Normtreue der Untertanen noch kein ökonomisches Wachstum erzeugt. Wichtig war hier vielmehr die Ermunterung der Untertanen zum wirtschaftspolitisch erwünschten Verhalten; Ermunterung durch Subventionen und eine richtige Steuerpolitik ebenso wie durch eine aktive staatliche Strukturpolitik in Form von Landeskulturmaßnahmen, Gewerbe- und Manufakturansiedelung und Infrastrukturausbau. „Verwaltung“ erschöpfte sich hier also nicht mehr im Verbieten und Gebieten, im Aufspüren und Strafen, sondern bedient sich daneben weiterer Handlungsformen. Diese Vervielfältigung der Handlungsinstrumente korrespondiert mit dem anspruchsvoller gewordenen kameralistischen Politikziel, das sich nicht mehr damit begnügte, menschliches Fehlverhalten zu korrigieren, sondern Wirtschaftswachstum erzeugen wollte; Verwaltung versteht sich hier in hohem Maße als Wirtschaftsführung der „großen Ökonomie des Staates“, wie es die Kameralistik ausgedrückt hat.[108]

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      Beamtenausbildung: Kameralwissenschaften

      Das veränderte Verwaltungsverständnis hat sich naheliegenderweise auch auf die Ausrichtung der Beamtenausbildung ausgewirkt: Das Curriculum wird nun angereichert mit den sog. Kameralwissenschaften, bestehend aus den Teilgebieten der Politischen Ökonomie, einer Vorform der späteren Volkswirtschaftslehre, der Policeywissenschaft, einer stark ökonomisch unterfütterten Verwaltungslehre, und schließlich der Finanzwissenschaft.[109] Hinzu kamen policeyliche Gesetzeskunde und die sog. „Statistik“, die „Staatenkunde“. Die herkömmliche Juristenausbildung mit ihrer eindeutigen Bevorzugung des Gemeinen Rechts schien nun zur Vorbereitung auf den praktischen Verwaltungsdienst gänzlich unzureichend. Denn in der traditionellen Juristenausbildung spielten die Normen der Policey keine oder allenfalls eine marginale Rolle. Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Vorschriften der Policey, vor allem deren Sammlung und ordnende Darstellung, nicht als Teilgebiet der Jurisprudenz, sondern der Polizeiwissenschaft[110] und dies war keine rechtliche Disziplin, sondern eine Teildisziplin der Kameralwissenschaften.[111] Da es bei den Kameralwissenschaften zuvorderst um praktisches, anwendungsorientiertes Fachwissen ging, wurde dieses zunächst nur außerhalb der Universitäten vermittelt, etwa am „Collegium Illustre“ in Tübingen oder an der Kurpfälzischen „Akademie“ zu Lautern.[112] Seit 1727 waren die Kameralwissenschaften aber auch an den Universitäten präsent. Führend waren hier die preußischen Universitäten Halle und Frankfurt/Oder – gewiss nicht zufällig, waren doch die Kameralwissenschaften in der preußischen Verwaltung spätestens seit Friedrich Wilhelm I., dem „großen Wirt“ (Ökonom), von besonderer Bedeutung.[113]

D. Das Policeyrecht: Eine frühe Form des Verwaltungsrechts?

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      Begriff des Verwaltungsrechts

      Das Wort „Verwaltungsrecht“ taucht bekanntlich erst im 19. Jahrhundert auf: Seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts begann es sich in den Titeln und Überschriften der staatsrechtlichen Literatur zu verbreiten, etwa in dem bekannten Lehrbuch Robert von Mohls über das „Württembergische Staatsrecht“ von 1831. Hier findet sich das Verwaltungsrecht dem neuen Teilgebiet des „Konstitutionsrechts“ gegenübergestellt. „Konstitutionsrecht“ und „Verwaltungsrecht“ machen nunmehr zusammen die beiden Teilgebiete des Staatsrechts aus; „in den 40er- und 50er-Jahren ist die Unterscheidung längst Gegenstand des allgemeinen Sprachgebrauchs“.[114]

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      „Policeyrecht“

      Älter ist der Begriff des „Policeyrechts“, aber auch dieser reicht nur bis etwa in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, ist also

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