Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов
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4. Sonderbehörden
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Sonderbehörden: Kammern
Erste, schon früh sachlich und personell vom Hofrat unabhängige Sonderbehörden mit funktional begrenztem speziellem Aufgabenbereich waren die sog. „Kammern“. Die fürstliche Kammer war mit der Verwaltung des fürstlichen Grundbesitzes und der Regalien betraut und machte die Besteuerungs- und sonstigen Abgabeneinzugsrechte des Fürsten geltend.[64] Wie die Regalien – bedeutsam waren hier vor allem das Forst- und Bergwerksregal – so gehörten auch die Domänen in die engere Sphäre unmittelbarer, verdichteter Herrschaft des Fürsten, die vom Einfluss der Stände freigehalten werden sollte. Demgemäß sollte in dieser Sphäre auch nicht der Rat zuständig sein. Vielmehr sollten hier die Entscheidungen dem Fürsten selbst vorbehalten bleiben.[65] Denn der Rat war eine auf das „Land“ bezogene und daher auch eng mit den Ständen verbundene Regierungsinstitution, dessen Kompetenz in einer dem fürstlichen „Haus“ zugeordneten Rechtssphäre enden musste. Aus den Kammern entwickelte sich eine eigene, neben den Institutionen der allgemeinen Verwaltung stehende staatliche Finanzverwaltung mit nachgeordneten Bediensteten vor Ort, vielfach „(Amts)kell(n)er“ genannt, die dann hauptsächlich für den Einzug, die Verrechnung und die Verwaltung der Steuern und Abgaben zuständig waren; „Kammersache“ war daher noch in der ganzen Frühen Neuzeit ein Synonym für „Finanzangelegenheit“.[66] In vielen Territorien – am konsequentesten wurde dies in Preußen vollzogen – ging die „Policey“, also die Zuständigkeit für die allgemeine Verwaltung, von den älteren „allgemeinen Verwaltungsbehörden“, dem Rat und den ihm nachgeordneten lokalen Amtsträgern, auf die „Kameralverwaltung“ über, sodass den Räten vielfach nur noch die Justizangelegenheiten verblieben.[67]
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Sonderbehörden für Kirchen- und Religionsangelegenheiten
Zwei weitere, im Laufe der Frühen Neuzeit entstehende Sonderbehörden dürfen nicht unerwähnt bleiben: Neue Ratsgremien für die Belange der Kirche bzw. der Religion und für das Kriegswesen. So entstand etwa im Herzogtum Bayern 1556 ein Geistlicher Rat, 1583 der Hofkriegsrat.[68] In den protestantischen Territorien waren es die Konsistorien, die als die obersten territorialen Kirchenbehörden für die nunmehr dem staatlichen Regiment unterfallenden geistlichen Angelegenheiten zuständig wurden.[69] Auch hier gab es in Gestalt der „Superintendenten“[70] oder der „Kircheninspektoren“[71] so etwas wie einen eigenen „Verwaltungsunterbau“. Die Ausgestaltung dieser neuen Einrichtungen war im Einzelnen je nach Territorium und Konfession unterschiedlich, ganz generell lässt sich jedoch sagen, dass es neben der Kameralverwaltung der Bereich von Kirche und Bildung war, wo sich die ersten Sonderbehörden von der allgemeinen Landesverwaltung abspalteten und ein signifikantes Wachstum des staatlichen Behördenapparates zu verzeichnen ist. Unverkennbar hat der Territorialstaat des 16. Jahrhunderts an diesem Punkt seine Kräfte in besonderer Weise angespannt.[72] Die Verschriftlichung und Bürokratisierung des Verwaltungshandelns[73] im 16. Jahrhundert ist gerade in der Kirchen- und Pfarreiorganisation besonders ausgeprägt zu beobachten:[74] Zur Verrichtung der Kasualien entstand damals so etwas wie eine registrierende Buchführung, in der die geistlich betreuten Gemeindeglieder verzeichnet wurden: Tauf-, Firmungs-, Trauungs- und Totenbücher wurden angelegt,[75] sodass die Pfarrangehörigen im Laufe ihres Lebens in der Regel mehrfach statistisch erfasst wurden.
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Sonderbehörden: Militärbehörden
Für die gleich nachfolgend behandelte Umorganisierung des Behördenwesens im Zeichen des Absolutismus sollten dann aber vor allem die neuen Militärbehörden wichtig werden, wie sie seit dem 17. Jahrhundert in denjenigen Territorien entstanden, die zum Aufbau eines stehenden Heeres in der Lage waren. Paradefall war hier wiederum Preußen, wo im 17. Jahrhundert unter dem Großen Kurfürsten mit der Kommissariatsverwaltung eine eigene Militärorganisations- und zugleich Steuereinzugsbehörde entstand, die dann im 18. Jahrhundert unter Friedrich Wilhelm I. mit der Kameralverwaltung verschmolzen und zugleich zu einer allgemeinen Verwaltungsbehörde ausgebaut wurde.
II. Die Umstellungen der Behördenorganisation im Laufe des 18. Jahrhunderts
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Neustrukturierung der Verwaltung
In den größeren Territorien des Reichs kam es seit dem Ende des 17. Jahrhunderts zu einer tiefgreifenden Umformung und Neustrukturierung des Behördengefüges durch Aufbau eines neuen Behördenzweiges, der dem überlieferten Institutionengerüst zur Seite gestellt wurde. Am konsequentesten geschah dies ohne Zweifel in Preußen, denn hier wurden die neuen Behörden dann auch mit dem Policeywesen betraut; sie übernahmen damit also im Wesentlichen auch die allgemeine Verwaltung.[76] In Preußen waren es die sog. Kriegs- und Domänenkammern, die dort zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter Friedrich Wilhelm I. auf der Basis der bereits vorhandenen Kameral- und Kommissariatsverwaltung aufgebaut worden waren.[77] Das Kommissariat war etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts zusammen mit den Anfängen eines stehenden Heeres als zivile Militärverwaltungsbehörde zur Beaufsichtigung, Besoldung, Verpflegung und Einquartierung der Soldaten geschaffen worden.[78] Typisch für die brandenburgische Verwaltungsgeschichte ist es nun, dass dort die älteren Funktionen der Kammern und der Kommissariate, also die Domänen-, Regalien-, Finanz- und Militärverwaltung allmählich mit dem Pflichtenkreis einer allgemeinen Verwaltungsbehörde verbunden wurden.[79] Friedrich Wilhelm I. fasste dann im Jahre 1723 Kammern und Kommissariate zusammen.[80] Aus dieser Verbindung erwuchs das Generaldirektorium – die neue oberste Regierungs- und Gesetzgebungsinstanz für alle Länder der preußischen Monarchie mit den Kriegs- und Domänenkammern als ihren nachgeordneten Provinzbehörden, die ihrerseits wieder über ein vergleichsweise breit ausgefächertes Arsenal lokal wirksamer Amtsträger verfügen konnten.[81] Die Kammern als allgemeine Verwaltungsbehörden – darin lag zugleich ein Programm: Die gesamte Verwaltung wurde hier in den Dienst der Vermehrung der Staatseinnahmen als oberstes Verwaltungsziel gestellt. Das in Österreich 1749 als reichsweite Spitzenbehörde installierte „Directorium in publicis et cameralibus“ stellt eine Parallele zum preußischen Generaldirektorium dar.
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