Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer
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Kommerzienrat Hübener: Lodomez habe sich ihm mit der Offerte genähert, Herrn Otten die Erbschaftsansprüche abzukaufen. Er habe diese Offerte nicht abgelehnt, später aber die Verbandlungen abgebrochen, da Lodomez von ihm verlangte, er solle, um einen Druck auszuüben, einen anonymen Brief an Pflüg richten, daß man schlecht über ihn spreche.
Der aus der Haft vorgeführte Rentier Reuter bestätigte als Zeuge, daß Pflüg ihm eines Tages mitgeteilt habe, er hätte 200 M. für ein Börsenblatt und den »Unabhängigen« bezahlen müssen. Er habe dem ihm bekannten Grünewald darüber Vorstellungen gemacht, dieser habe den Empfang von Geld abgeleugnet. Später habe sich herausgestellt, daß v. Schleinitz der Geldempfänger gewesen sei. Agent Manfred Lewin: Er habe gesprächsweise von Moser und Grünewald gehört, daß sie die Broschüre für 30000 M. an Pflüg verkaufen möchten.
Buchdruckereibesitzer Erdmann: Er habe die Broschüre gegen Pflüg in 1000 Exemplaren für einen Preis von 110 Mark gedruckt. Er sei nur mit Sponholz in Verbindung getreten, der sich als Redakteur des »Unabhängigen« ausgegeben und einen Teil des Druckpreises bezahlt habe. Den Rest habe Pflüg in Lübeck auf Veranlassung des Kriminalkommissars Höft entrichtet.
Am zweiten Verhandlungstage wurde ein Aufruf verlesen, den die Redaktion des »Unabhängigen« an die Redaktionen aller Berliner Zeitungen gerichtet hatte. In diesem Aufruf wurden die Redaktionen ersucht, »im öffentlichen Interesse« das Publikum vor den Gründungen von August Sternberg, insbesondere der Vereinsbank, zu warnen. Alsdann wurden mehrere Artikel aus dem »Unabhängigen« unter der Überschrift: »Nette Geschäfte« verlesen. In diesen wurden die verschiedenen Gründungen Sternbergs in sehr drastischer Weise besprochen.
Angekl. Grünewald: Die Artikel seien nicht geschrieben worden, um von Sternberg Geld zu erpressen. Er habe allerdings von Sternberg 10000 M. bekommen. Dies sei jedoch geschehen, weil Sternberg gegen ihn ein Pamphlet habe drucken lassen und er die deshalb gegen Sternberg angestrengte Beleidigungsklage zurücknehmen sollte. Von den 10000 M. habe er je 500 M. an Moser und Sponholz für rückständiges Gehalt gegeben. Sternberg habe ihm zunächst 3000 Mark und alsdann monatlich 500 M. gegeben, im ganzen 10000 M.
Moser und Sponhalz gaben zu, einige Artikel gegen Sternberg geschrieben zu haben.
Direktor August Sternberg bekundete darauf als Zeuge: Die Vereinsbank wurde fast unaufhörlich im »Unabhängigen« angegriffen; die Angriffe haben uns allerdings geschadet. Ob wir den »Unabhängigen« unter Kreuzband zugeschickt erhielten, weiß ich nicht mehr, jedenfalls wurden wir aufgefordert, auf das Blatt zu abonnieren; wir lehnten das aber ab. Da wir sahen, daß es bloß auf eine Erpressung abgesehen war, wandten wir uns an die Staatsanwaltschaft. Wir erhielten jedoch einen ablehnenden Bescheid. Die alsdann von uns gegen Grünewald angestrengten Beleidigungsklagen machten nur geringe Fortschritte, deshalb war uns ein Ausgleich erwünscht. Eines Tages kam Moser zu uns ins Bureau; soweit ich mich erinnere, handelte es sich um eine Hypothekenangelegenheit. Hierbei kam das Gespräch auch auf den »Unabhängigen«. Ob Moser oder ich das Gespräch begonnen, weiß ich nicht mehr. Moser sagte mir: es wäre doch am besten, wenn ich auf einen Vergleich einginge. Ich zahlte darauf im ganzen etwa 5000 M. Ich bat aber Moser, da die Vereinsbank fast ein Jahr lang in jeder Nummer des »Unabhängigen« angegriffen wurde, die Angriffe nicht sofort einzustellen, sondern sie noch in einigen Nummern in maßvoller Weise fortzusetzen. Ich ersuchte Moser, diese Artikel mir vorher zu zeigen. Das geschah auch. Wir fürchteten, daß, wenn die Artikel, die stets mit den Worten schlossen: »Fortsetzung folgt«, plötzlich aufhörten, das Publikum vermuten könnte, daß wir uns abgefunden haben. Wir mußten uns zu dieser Demütigung entschließen, da wir doch nicht imstande waren, jedem einzelnen Leser des »Unabhängigen« die gegen uns gerichteten Angriffe zu widerlegen. Das Pamphlet war nicht auf unsere Veranlassung geschrieben; es wurde uns von dem Redakteur Wasinski vorgelegt. Wir haben lediglich zu den Druckkosten des Pamphlets beigetragen. Die 10000 Mark wurden als Schweigegelder gegeben; die Privatklagen Grünewalds hatten wir nicht zu scheuen.
Auf Antrag des Staatsanwalts wurde folgende Briefkastennotiz verlesen: »X.X. Sie fragen an, warum wir uns mit Sternberg sowenig beschäftigen? Wir erklären Ihnen, daß wir fünfzehn Privatklagen von August Sternberg in der Schwebe haben. Wir könnten daher nicht objektiv genug schreiben und ziehen es vor, eine abwartende Haltung einzunehmen. Wenn Sie uns aber die Kosten der Privatklagen bezahlen wollen, so stehen wir ganz zur Verfügung.«
Angekl. Grünewald gab auf Befragen des Vorsitzenden zu, daß er zusammen mit Sponholz den »Briefkasten« redigiert habe.
Redakteur Wasinski bekundete als Zeuge, daß er die zwei ersten Artikel gegen Sternberg im »Unabhängigen« geschrieben habe.
Es folgte der Anklagepunkt bezüglich Mochmann, Fischer und Seelig.
Die Angeklagten bestritten, in diesem Falle eine strafbare Handlung begangen zu haben.
Der alsdann als Zeuge vernommene Kaufmann Mochmann bekundete: Ich bin mit Grünewald in Dresden bekannt geworden. Grünewald ersuchte mich, auf den »Unabhängigen« zu abonnieren. Ich tat dies auch. Eines Tages kam ein Bote mit der Meldung: Herr Grünewald wünsche mich in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen. Ich begab mich sogleich zu Grünewald. Dieser sagte mir: Herr Mochmann, es ist eine Anzahl arger Beschuldigungen gegen Sie eingelaufen. Ich bedauere, daß dies Sie gerade betrifft, es läßt sich aber daran nichts ändern. Ich sagte zu Grünewald, das ist ja alles Schwindel, bester Herr Grünewald. Das ist vorläufig gleichgültig, erwiderte Grünewald. Ich werde Ihnen sofort authentische Widerlegungen bringen, versetzte ich. Das kann mir alles nichts nützen, erwiderte Grünewald. Die Sachen kosten mich Geld, viel Geld und ohne weiteres kann ich sie nicht fallen lassen. Seelig und Fischer sind ja ebenfalls arg beschuldigt; vielleicht veranlassen Sie Seelig, mir das Material abzukaufen. Bis fünf Uhr nachmittags kostet es sechstausend Mark, am folgenden Tage 10000 Mark, dann 15000 Mark, dann 20000 Mark. Eventuell werde ich die bereits geschriebenen Artikel nur unterdrücken, wenn mir die ganze Zeitung abgekauft wird. Ich ging zu Seelig. Dieser sagte jedoch: Ich gebe nicht einen Heller, und wenn die Leute schreiben, ich habe silberne Löffel gestohlen. Ich dachte auch so, sagte aber zu Grünewald: Seelig wolle das Blatt kaufen; ich wollte damit die Sache hinhalten. Da wir aber nicht bezahlten, erschienen zahlreiche Schmähartikel gegen Seelig, Fischer und mich.
Kaufmann Jaroczynski: Dr. Vogelsang sagte mir eines Tages, ich sei im »Unabhängigen« angegriffen, ich solle die Exemplare aufkaufen. Ich kaufte eine sehr große Anzahl, am nächsten Dienstag erschien aber eine neue Auflage. Am folgenden Tage kam mein Sohn, der damals Sekundaner des Askanischen Gymnasiums war, aus der Schule und sagte: »Papa, ich muß von diesem Gymnasium weg; meine Mitschüler verhöhnen mich, da du im ›Unabhängigen‹ gestanden hast.« Ich suchte den Knaben zu beruhigen; dieser wiederholte aber am folgenden Tage seine Klagen, denen ich schließlich Gehör gab. Ich meldete meinen Sohn an einem anderen Gymnasium an. Da die Angriffe nicht aufhörten, wurde mir geraten, mich an Moser zu wenden. Dieser sagte, ich solle zu Grünewald gehen, aber Bitten sei bei Grünewald vollständig nutzlos. Grünewald kennt weder Mitleid noch Erbarmen, sondern nur Geld. Ich erwiderte: Ich habe sehr viel Geld an der Börse verloren, ich bin augenblicklich außerstande, etwas zu geben. Moser versetzte: Veranlassen Sie doch Seelig, der in dem Artikel auch angegriffen ist, etwas zu bezahlen. Ich begab mich zu Seelig. Es gelang mir schließlich, Seelig zu bewegen, mit Grünewald eine Zusammenkunft anzubahnen. Die Zusammenkunft fand in der Wohnung des Moser statt.
Bankier Seelig bestätigte diese Bekundungen und äußerte: Als ich zu Moser kam, war Grünewald bereits anwesend. Grünewald begann die Unterhaltung, indem er erzählte: Er habe Beziehungen zum königlichen Hofe und zur Staatsanwaltschaft. Letzterer müsse er alle Artikel vor dem Erscheinen vorlegen. Ich habe von alledem selbstverständlich kein Wort geglaubt. Ich habe mich aber zur Zahlung