Satan und Ischariot II. Karl May

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Satan und Ischariot II - Karl May

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sehr interessant, wieder von ihm zu hören oder vielmehr zu lesen.

      Anders freilich war es mit Small Hunter, welcher sich in großer Gefahr befand, von seinem falschen Freunde betrogen zu werden. Er war der Sohn eines Deutschen, und ich hätte ihn wohl gern gewarnt. Aber dies zu tun, war unmöglich, denn ich befand mich jetzt im Innern von Nordmexiko, er aber in den Vereinigten Staaten, und ich wußte auch nicht den Ort, an welchem er sich aufhielt. Den Wohnsitz seines Vaters kannte ich ebensowenig. Dennoch steckte ich den Brief zu mir, um ihn für mich zu behalten, während ich die andern dem Juriskonsulto zum strafrechtlichen Gebrauche auszuantworten beabsichtigte.

      Eben hatte ich das Portefeuille geschlossen und in meine Tasche zurückgeschoben, als Melton, den ich vorher von dem Knebel wieder befreit hatte, mich rief. Ich ging zu ihm, um zu hören, was er von mir wolle. Er sah geradezu abstoßend aus; sein geschlagenes und zerkratztes Gesicht begann zu schwellen.

      »Sir, wohin habt Ihr den Indianerjungen geschickt?« fragte er. »Ich will es wissen! Ich muß auch wissen, was Ihr mit dem Häuptlinge so heimlich auszumachen hattet!«

      »Ihr tut ja genau so, als ob Ihr mich zwingen könntet, es zu sagen! Doch, warum soll ich es Euch verschweigen? Ihr werdet es ja so wie so sehr bald erfahren, daß Ihr Euch verrechnet habt, als Ihr glaubtet, Euch auf die Yumas verlassen zu können. Ich werde mit ihnen Frieden schließen.«

      »Sie werden sich hüten!«

      »Sie werden sich nicht hüten, denn die »listige Schlange« hat es mir freiwillig angeboten.«

      »Hat sie das? Der Kerl verlangt wohl, freigelassen zu werden? Und Ihr wollt ihm diesen Wunsch erfüllen?«

      »Ich werde so klug sein, nicht nur dies, sondern auch noch mehr zu tun.«

      »Er verlangt noch mehr?«

      »Ja. Judith zur Frau.«

      »In Henkers Namen! Sie sind einander zu gönnen. Er ist ein rothäutiger Schurke, der die hellsten Lügen gegen mich aussagen wird, und sie hat alle möglichen Feinheiten, die denjenigen, welcher das Glück hat, ihr Mann zu sein, verrückt machen können. Mag sie Indianerin werden! Habt aber doch die Gewogenheit, ihm zu sagen, daß sie nur durch Prügel zu kurieren ist! Verlangt er etwa noch mehr?«

      »Noch etwas, was gerade Euch interessieren wird. Ich soll Euch ihm ausliefern.«

      »Das werdet Ihr doch nicht tun, Mister!« rief er aus, indem er sich erschrocken halb aufrichtete, »dazu habt Ihr kein Recht!«

      »Ob ich es habe oder nicht, das ist mir sehr gleichgültig; ich nehme es mir.«

      »Unmöglich! Bedenkt, was Ihr tut, welche Verantwortung Ihr damit auf Euch ladet! Ihr habt doch sonst ein so zartes Gewissen, warum nicht auch?«

      »Weil ich an Euch auch nichts Zartes bemerkt habe. Selbst wenn ich mir Skrupel machen wollte, könnte ich es leicht so einrichten, daß ich mein Gewissen nicht zu beschweren brauche. Es ist ja gar nicht nötig, daß ich Euch ihm ausliefere.«

      »Gut, gut; das wollte ich wissen!« meinte er befriedigt.

      »Ich lasse Euch also laufen,« fuhr ich fort. »Im nächsten Augenblicke aber wird der Häuptling Euch beim Schopf haben.«

      »Wieso? Er ist doch Euer Gefangener! Wollt Ihr ihn etwa auch freilassen?«

      »Ja.«

      »Das geht nicht; das dürft Ihr auf keinen Fall, wenigstens nicht so schnell, nicht jetzt! Er darf erst los, wenn ich mich in Sicherheit befinde!«

      »Mäßigt Euch, Sir! Ihr habt hier nichts zu be- befehlen. Bedenkt, in welcher Lage Ihr Euch befindet. Warum sollte ich Euch freilassen und ihn nicht? Ich soll Euch freilassen, der Ihr ihm und uns ans Leben gegangen seid, und ihn festhalten, der uns nichts getan hat? Lächerlich!«

      »Für mich ist es gar nicht lächerlich, denn wenn er mit mir zugleich freikäme, würde er die Freiheit sofort dazu benutzen, sich an mir zu rächen.«

      »Dazu hat er allen Grund und alles Recht, während ich nicht den mindesten Grund oder das geringste Recht besitze, Euch gegen ihn in Schutz zu nehmen.«

      »So mag ich nicht frei sein, sondern verlange, daß Ihr mich dem Gericht ausliefert. Es ist ein Verbrechen von Euch, mich festzunehmen und mit Euch herumzuschleppen; aber ich will das gern dulden und nichts dazu sagen.«

      »Wenn Ihr so sehr überzeugt seid, daß es ein Verbrechen ist, so werde ich mich hüten, eine so schlimme Tat zu begehen, und Euch lieber loslassen.«

      »Aber vor dem Indianer?«

      »Nein, nach ihm. Bald werden die hervorragendsten seiner Krieger erscheinen, um mit mir zu beraten. Sind sie zum Frieden geneigt, so rauchen wir das Kalumet, und ich gebe ihn frei.«

      »So laßt mich jetzt los, damit ich gehen kann!«

      »Wie kann ich das tun, da ich noch gar nicht weiß, ob ich mit den Yumas einig werde! Und gerade Eure Auslieferung ist die Hauptbedingung, auf welche sie dringen werden. Gebt Euch also keine weitere Mühe! Ich werde mich zwar nicht persönlich an Euch vergreifen, aber doch dafür sorgen, daß die Vergeltung ihre starken Hände an Euch legt.«

      »So seid Ihr nicht mehr ein Mensch, sondern ein

      Teufel zu nennen! Ihr solltet und könntet Euch mit dem begnügen, was Ihr schon an uns getan habt!«

      »An uns, sagt Ihr? Wen meint Ihr da?«

      »Meinen Bruder, den Ihr ins Elend gebracht habt. Ihr habt ihn damals nach Fort Edward geschleppt!«

      »Ach, jenen Spieler, welcher in Fort Uintah einen Offizier und zwei Soldaten erschoß? Der ist Euer Bruder? Das hättet Ihr lieber verschweigen sollen, denn eine solche Verwandtschaft kann unmöglich ein Grund sein, mich zur Nachsicht zu stimmen.«

      »So nehmt die Sache doch einmal anders; dann kann sie Euch gar wohl veranlassen, bedenklich zu werden. Mein Bruder ist damals entkommen; ist das nicht auch bei mir möglich? Ihr waret damals auch überzeugt, daß man ihn festhalten werde; ebenso kann es jetzt und hier ganz anders kommen, als ihr erwartet. Denkt daran, daß mein Bruder schon nur um seinetwillen den grimmigsten Haß gegen Euch haben muß! Wenn er erfährt, wie Ihr Euch nun auch gegen mich verhaltet, so wird er nicht eher ruhen, als bis er sich und mich gerächt hat.«

      »Ich fürchte seine Rache nicht; er ist verschwunden und verschollen.«

      »Scheinbar! Er ist noch immer hier.«

      »Wo?«

      »Das habe ich Euch natürlich nicht zu sagen. Wo er sich befindet, weiß zwischen den Eskimos und den Feuerländern kein Mensch, als nur ich allein.«

      »Noch zwei andere wissen es.«

      »Wer wären diese?«

      »Ich und Euer Neffe Jonathan.«

      »Jon – —« er brachte nur die erste Silbe dieses Namens hervor, stierte mir eine ganze, lange Minute in das Gesicht und fuhr dann stockend fort:

      »Wer hat – — Euch gesagt – — daß ich – — einen – — Neffen habe?«

      »Das ist gleichgültig; aber Ihr erseht daraus, daß es mit meiner Allwissenheit denn doch wohl besser steht, als Ihr dachtet. Eine Familie, wie die Eurige ist,

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