Scepter und Hammer. Karl May

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Scepter und Hammer - Karl May

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noch zwei Stunden.«

      »So laß uns aufbrechen, damit wir noch vor Nacht dort ankommen!«

      Sie bezahlten dem wieder eintretenden Wirthe das Genossene und verließen den Krug.

      Die Straße stieg immer höher zwischen den Bergen hinauf; die Gegend wurde wilder und wilder, und als nach anderthalb Stunden der Zigeuner in einen Seitenpfad einbog, schlugen die dunklen Zweige der Tannen und Föhren dicht über ihren Köpfen zusammen. Nach einer beschwerlichen Wanderung gelangten sie an eine mit üppigem Farrenkraut und Dorngestrüpp überwucherte Waldblöße, an deren Rande ein Häuschen stand, dem auf den ersten Blick ein mehr als hundertjähriges Alter anzusehen war.

      »Hier ists!« meinte Karavey, indem er über die Blöße hinweg gerade auf die Hütte zuhielt.

      »Eine ganz niederträchtige Kabine, Alter,« antwortete der Steuermann. »Man sollte meinen, diese Bude brauche kein einziges Segel aufzuhissen, um beim ersten Windstoße wrack zu gehen. Wer da drin wohnt, ist wahrlich nicht zu beneiden!«

      Bei der niedrigen Thüre angekommen, klopfte der Zigeuner. Nur auf ein mehrmaliges Klopfen ließen sich schlürfende Schritte vernehmen; es wurde von innen geöffnet, und die Spitze einer fürchterlichen Habichtsnase erschien in dem schmalen Spalt, der vorsichtiger Weise freigegeben wurde.

      »Wer ist draußen?« frug eine schnarrende Stimme.

      »Wer wohnt hier?« lautete die Gegenfrage des Zigeuners.

      »Tirban, der Waldhüter.«

      »Seid Ihr es selbst?«

      »Ja.«

      »So tretet hervor! Ich habe Euch nach Etwas zu fragen.«

      »Zu fragen? Das könnt Ihr auch so thun; Ihr werdet meine Antwort auch durch die Spalte hören.«

      »Dieses Haus ist die Lowenja der wandernden Gitani?«

      »Wie meint Ihr das?«

      »Ich frage, ob Ihr der Lowenji seid!«

      »Hm! Wer seid denn Ihr, und wie lautet Euer Name?«

      »Ich heiße Karavey.«

      »Karavey? Zarba‘s Bruder, der einst unser Vajda werden fürchtete?«

      »Ich bin es!«

      Jetzt wurde die Thür vollständig geöffnet, und es zeigte sich eine Gestalt, die man für noch älter als die Hütte hätte halten mögen. Sie war außerordentlich dürr und tief gebeugt; aber die kleinen, listigen Augen blitzten über die fürchterliche Nase hinweg in noch jugendlichem Feuer, und die Bewegung, mit welcher der Alte jetzt hervortrat und dem Angekommenen die skeletartige Hand entgegenstreckte, war schnell und energisch, wie man es bei diesem Alter sicher nicht erwartet hätte.

      »Sei mir willkommen, Herr, und Bhowannie segne Deinen Eingang in meine arme Hütte! Wer ist der Mann, der bei Dir ist?«

      »Ein Freund, der mir so viel gilt wie ich selber.«

      »So mag auch er willkommen sein. Tretet ein, und nehmt fürlieb mit dem, was ich Euch bieten kann!«

      Sie traten in den engen, niederen Raum, der außer einem armseligen Lager nichts enthielt als einen rohen Tisch und zwei eben solche Bänke.

      »Du nanntest den Namen meiner Schwester,« begann Karavey, als sie sich niedergelassen hatten. »Lebt sie noch?«

      Volke.«

      »Wo werde ich sie finden?«

      »In drei Tagen hier bei mir, wenn Du sie hier erwarten willst.«

      »Das dauert mir zu lang. Wo ist sie jetzt?«

      »In der Hauptstadt, wo Du sie erfragen kannst im Hause des Hofschmiedes Brandauer.«

      »Hat sie einen Mann aus unserem Volke?«

      »Nein.«

      »Oder – oder – Kinder?«

      »Nein – ich weiß es nicht.«

      »Sieh diesen Zettel! Mein Name steht darauf. Weißt Du, auf wessen Befehl?«

      Der Alte ergriff das Papier, warf einen Blick darauf und fuhr zurück.

      »Von wem hast Du diese Worte?«

      »Von zwei Fremden, die sie im Kruge verloren.«

      »Sie werden ihre Strafe erhalten. Wem am Abende die Ordre fehlt, der hat die ganze Strenge der Vajdzina zu erwarten.«

      »Wer ist jetzt die Vajdzina und über wen gebietet sie?«

      »Das – das wirst Du später erfahren,« antwortete Tirban mit einem sprechenden Blicke nach dem Steuermanne.

      »Du kannst meinem Freunde ganz dasselbe Vertrauen schenken wie mir. Also, auf wessen Befehl wurde mein Name als Parole gegeben?«

      »Auf den Befehl Deiner Schwester.«

      »Ah!«

      Er stieß nur diesen Ruf aus und saß dann eine ganze Weile schweigend und in Nachdenken versunken da. Dann erhob er sich.

      »Es ist gut, alter Tirban; ich weiß genug. Das Andere werde ich von Zarba selber hören, die ich in der Schmiede suchen gehe.«

      »So willst Du mich schon wieder verlassen, ohne mir zu erzählen von dem, was Du bisher erfahren hast?«

      »Ja ich gehe. Nun ich erfahren habe, daß sie noch lebt, habe ich keine Ruhe, bis ich sie sehen und sprechen kann. Was meine Erlebnisse betrifft, so – aber, wer ist der Mann, der da auf das Haus zuschreitet?«

      Sein Auge war durch das kleine, halb erblindete Fenster auf dann:

      »Ich kenne diese Menschen nicht und werde auch nicht öffnen. Er ist kein Mann unseres Volkes und soll Euch nicht hier bei mir sehen.«

      Der Fremde klopfte an die verschlossene Thür, ohne daß ihm von innen Antwort gegeben wurde. Als auch nach wiederholtem Klopfen Alles ruhig blieb, trat er zum Fenster und rief:

      »Tirpan, öffne! Zarpa pefiehlt es.«

      »Zarba? Es ist ein Bote von ihr. Ich muß ihn einlassen!« meinte der Waldhüter.

      Er verließ die Stube und brachte nach wenigen Augenblicken den Mann herein.

      »Du kommst von Zarba?« frug er ihn.

      »Ja, von Zarpa, die pei uns wohnt.«

      »Wo ist das?«

      »Ich pin Opergeselle pei dem Hofschmiedemeister Prandauer. Hier ist ein Zettel, den sie mit Pleistift geschriepen hat. Kein Mensch kann das verrückte Zeug lesen, sie aper hat gemeint, daß Du schon wissen wirst, was sie meint.«

      Der Alte nahm den unversiegelten Zettel, schlug ihn auseinander und warf einen Blick auf die seltsamen Charaktere, mit denen er beschrieben war. Während dieser Zeit hatte der Steuermann den Boten scharf fixirt; es war ihm sofort dessen harte Aussprache des B aufgefallen.

      »Du

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