Scepter und Hammer. Karl May

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Scepter und Hammer - Karl May

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Er hatte keine Veranlassung zur Eile gehabt und war also von dem Diener, der ihm jetzt keine weitere Beachtung schenkte, eingeholt worden.

      »Der Lakai des Herzogs, der mich eingelassen hat,« murmelte er überrascht; »und in solcher Eile! Jedenfalls hat er Aufträge erhalten, welche die Folge meines Besuches sind. Ich muß ihn beobachten!«

      In vorsichtiger Distanz folgte er dem Diener bis an den Gasthof der ehrsamen Wittfrau und Kartoffelhändlerin Barbara Seidenmüller. Unter einer Thür an der gegenüberliegenden Straßenseite stehend bemerkte er zwei Fenster des ersten Stockes erleuchtet und konnte zwischen den Gardinen hindurch deutlich den kleinen Rentier erkennen, welcher den Auftrag des war.

      »Der Jesuit und der Polizist?« frug sich Max. »Da ist irgend eine Teufelei im Werke. Sie trennen sich. Der Kommissär geht nach dem Flusse und der Diener in der Richtung des Schlosses. Folge ich dem Einen oder dem Anderen? Ich kehre zum Herzoge zurück und wage es, durch den verborgenen Weg seine Bibliothek zu erreichen. Dort kann ich Alles hören und brauche, selbst wenn ich ertappt werden sollte, keine ernstliche Gefahr zu befürchten.«

      Max führte diesen Entschluß sofort aus. Sich des Fährmannes von Neuem bedienend gelangte er kurze Zeit nach dem Polizisten an das jenseitige Ufer, passirte das Palais an der hinteren Fronte desselben, versicherte sich, daß er unbeobachtet sei, und stieg dann in den Garten. Sich zu der Terrassentreppe schleichend stieg er durch das Fenster, welches er sofort wieder in die Öffnung befestigte, hinab und verfolgte langsam den Gang, mit dessen Einzelnheiten er noch vollständig vertraut war. Die nothwendige Vorsicht war Schuld, daß er nur langsam vorwärts kam; doch gelang es ihm, geräuschlos die Bibliothek zu erreichen, in welcher heute kein Licht brannte. Im Arbeitszimmer vernahm er Stimmen. Er näherte sich der PortiŠre und kam gerade noch zur rechten Zeit, um den sich verabschiedenden Penentrier zu bemerken.

      Dieser hatte sich schleunigst zum Herzoge begeben, welcher ihn mit Ungeduld erwartete.

      »Ich bin erstaunt, Excellenz,« begann er —

      »Schon gut!« fiel ihm der Herzog in die Rede. »Wir geriethen letzthin in einige kleine Differenzen, welche aber wohl nicht der Rede werth sind. Nehmen Sie Platz, mein lieber Pater. Ich habe in Betreff der Irrenanstalt mit Ihnen zu sprechen.«

      Die Brauen des Jesuiten zogen sich erwartungsvoll empor.

      »Gibt es vielleicht einen neuen Aspiranten, der so geistig angegriffen ist, daß er es verschmäht, auf unsere Intentionen einzugehen?«

      »Das nicht; vielmehr findet das gerade Gegentheil statt: die geistig Irren stehen im Begriffe, ihre Ketten zu zerbrechen, um uns damit zu fesseln.«

      »Ah!«

      »Es soll auf höchsteigene Veranlassung der Majestät eine Untersuchung gegen den Direktor und Oberarzt der Anstalt eingeleitet werden, weil —«

      »Jesus, Maria und Joseph, das müssen Excellenz unbedingt verhüten! Es würden da Thatsachen blosgelegt werden, welche unsere ebenso geistreiche wie geheimnißvolle Mechanik enthüllen müßten.«

      »Leider habe ich nicht die Macht dazu, diese Angelegenheit rückgängig zu machen. So schleunigst wie möglich die Spuren verwischen, das ist Alles, was wir thun können. Es hat bereits ein königlicher Kommissär die Anstalt revidirt und zwei Detinirte befreit, welche glücklicher Weise unsern Plänen nicht nahe gestanden haben. Morgen wird der Direktor sammt dem Oberarzte in Haft genommen.«

      »Wer ist der Verräther?«

      »Ich weiß es noch nicht, habe aber alle Hoffnung, ihn baldigst ermitteln zu können. Die beiden Beamten müssen fliehen!«

      »Oder sterben!«

      »Sie nicht; es ist nicht unbedingt nöthig. Sie sind mir ergeben und können mir noch nützen. Ich verlange andere Opfer.«

      »Welche?«

      Der Herzog nahm ein Papier vom Schreibtische und überreichte es dem Pater.

      »Hier ein kleines Verzeichniß derjenigen Irren, welche unter einer anderen Behandlung vielleicht versucht sein würden, verständig zu sprechen und unsere Absichten in Gefahr zu bringen. Sie bekommen Gift.«

      »So viele Leichen an einem Tage! Das würde auffallen.«

      »So gebe man ihnen verschiedene Gifte oder verschiedene Dosen, doch so, daß binnen drei Tagen der Letzte stumm ist.«

      »Das ist etwas mehr acceptabel.«

      »Wollen Sie mein Bote sein?«

      »Wie immer. Angelegenheiten von so zarter Natur dürfen keinem untergeordneten Wesen anvertraut werden. Wohin beabsichtigen Sie die beiden Beamten zu dirigiren?«

      »Zunächst über die Grenze nach Süderland. Ich habe, während ich Sie erwartete, eine Marschroute und andere Weisungen schriftlich niedergelegt und auch die nöthigen Summen beigefügt. Die Flüchtlinge werden nicht die Bahn benutzen, sondern die Reise in das Gebirge per Privatwagen zurücklegen. Drüben sind sie an entlassen.«

      »Ich fliege, Excellenz; doch hoffe ich, daß meine stete Bereitwilligkeit, auf Ihre Intentionen einzugehen, später den Erfolg hat, der mir versprochen worden ist!«

      »Sie haben mein Wort. Die Gesellschaft Jesu fördert mich bei der Erreichung meiner Ziele; sobald ich dazu die Macht in den Händen habe, werde ich ihr eine öffentliche Heimath in Norland gewähren.«

      »Ich danke, Excellenz, und stelle mich zu jeder Zeit zur vollständigen Verfügung.«

      Diese letzten Worte waren es blos, welche Max gehört hatte, als er die PortiŠre um ein Lückchen öffnete. Dann entfernte sich der Pater.

      Kaum hatte er das Zimmer verlassen, so trat der Polizeikommissarius ein und blieb in respektvoller Haltung an der Thür stehen.

      »Herr Kommissär —«

      »Excellenz!«

      »Ich kenne Sie als einen unserer tüchtigsten Beamten —«

      Der Polizist verneigte sich so tief wie möglich.

      »Und habe mir vorgenommen, Sie bei der nächsten Vakanz mit der Stelle eines Polizeirathes zu bedenken.«

      »Excellenz —!«

      »Schon gut! Ich weiß, wie Ergebenheit zu behandeln ist, und will Ihnen eine Gelegenheit bieten, mir Ihre Anhänglichkeit auf das Glänzendste zu beweisen. Außer Ihrer baldigen Beförderung stehen Ihnen diese fünfhundert Thaler als Extragratifikation zur Verfügung.«

      »Ich höre, Excellenz!«

      »Sie haben vorgestern einen Menschen arretirt, welcher des Mordes verdächtig ist?«

      »Allerdings.«

      »Er heißt Helbig?«

      »So ist es. Er hat bereits dreimal wegen Körperverletzung das Zuchthaus frequentirt.«

      »Halten Sie ihn für schuldig?«

      »Ich halte ihn des Mordes fähig; ob er in dem vorliegenden Falle schuldig ist, muß die Untersuchung beweisen.«

      »Er ist noch nicht in das Gerichtsamtsgefängniß abgeliefert, sondern befindet sich noch in den Händen der Polizei.«

      »Ich

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