Das blutige Blockhaus. Charles Sealsfield

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Das blutige Blockhaus - Charles  Sealsfield

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an zu dunkeln. Die Gentlemen und Damen waren kaum mehr voneinander zu unterscheiden, wie sie ihre Zimmer verließen. Der Gäste waren mehr, als Howard gedacht. Die Damen erreichten die schöne Zahl der Musen, der Herren war ein volles Dutzend.

      Als sie in den hell erleuchteten Salon eintraten, warfen Eingeführte und Einführende sich forschende Blicke zu, die kurz auf den Gesichtern, den Kleidern hafteten und dann in ein zufriedenes Lächeln übergingen. Es war etwas naiv Drolliges in diesem wechselseitigen Mustern, das herausfinden wollte, wer das Vis-à-vis und ob es auch comme il faut wäre. Die Blicke der Kreolen waren neugieriger, verrieten aber mehr Feingefühl, obwohl ein leichter Anflug von Arglist auch wieder nicht zu verkennen war. Die Blicke der Nordamerikaner waren starrer, bohrender. Auch die Haltung der Franzosen war natürlicher, ungekünstelter, freier. Die gute Gesellschaft war das Element, in dem sie sich von Jugend auf bewegt. Die Nordamerikaner dagegen, besonders Mistreß Houston, standen so gespreizt da, als ob sie die ganze Würde ihrer Geldaristokratie zu repräsentieren hätten.

      Sie musterte die Kreolen oder Franzosen mit zweifelhaften Blicken, die erst in ein süßes Lächeln auftauten, als sie die klassischen Namen Comte de Vignerolles, Baron de Lassalle, de Monteville und so weiter hörte, Namen, die sich an sehr bedeutende Häuser am Red River und in den Attacapas Fruchtbarer Landstrich im Süden Louisianas, der in allen Richtungen von Flüssen, Bayous (sumpfigen Ausläufern) und Seen durchschnitten ist. knüpften, an Häuser, deren Gründer ihre Geschäfte so wohl verstanden, daß sie die gute Gesellschaft par excellence bildeten.

      Soll ich die Wahrheit gestehen — dachte Howard — würde ich zwischen guter Gesellschaft zu wählen haben, ich würde lieber die der Kreolen nehmen als die unserer Geldaristokraten in New York, Boston oder Baltimore, die beinahe durchgängig nur Provinzial-Nachdrücke der Londoner Ausgaben sind und durch ihre Nachäfferei nur anekeln. Die Kreolen hingegen bildeten eine wahrhaft gute Gesellschaft, der man es ansah, daß sie noch aus jener alten Zeit herdatierte, wo der Adel noch keine Rivalin an der Geldaristokratie hatte.

      Während sein Freund Richard sich in seiner kühlen Art noch zurückhielt, hatte Doughby bereits mit den meisten Bündnisverträge geschlossen, die Hände der Herren wie der Damen mit Kentucky-Anmut erfaßt.

      »And how d‘ye do, my dear Mister Comte?« fragte er den Grafen Vignerolles.

      »Very well, my dear Mister Doughby!« erwiderte der Graf.

      Howard grinste. Käme der gute Doughby in die Tuilerien zu König Charles X., er würde seine Hand gleich ungeniert erfassen und ihn ebenso unbekümmert fragen: »How d‘ye do, my dear Mister Charles dix?«

      Nur schade, daß die aufgehenden Flügeltüren des Speisesaals diese nette Unterhaltung verkürzten, aber was kam, war noch fesselnder, obwohl Doughby stutzig schien. Es war recht possierlich zu bemerken, wie naiv er auf einmal dreinschaute, sich so auf einmal alleinstehend, von aller Welt verlassen zu finden. Der gute Doughby war noch Neuling in diesem Punkt, hatte keine Ahnung von den angenehmen Empfindungen, die der Anblick eines wohlangerichteten Speisesaals, einer in die Augen blinkenden Tafel erregen. Wie wohltuend die Gesamtheit gastronomischer Vorrichtungen auf Herz und Sinne wirkt, wie der Vorgeschmack auf allen Gesichtern ein so unvergleichlich wohlwollendes Lächeln hervorzaubert!

      Bei einigen äußerte sich auch bereits die Wirkung dieses Anblicks durch ein unwillkürliches leises Schnalzen der Lippen und der Zunge. Das war der Fall mit Howards Nachbarn, dem Chevalier d‘Ecars, den Doughby mit einem Satyrslächeln beäugte. Aber Doughby war in diesem Punkt ein Barbar, der weder von Lucullus noch von Apicius gehört hatte.

      Howard hingegen liebte eine wohlbestellte Tafel mit appetitlich weißem Tischzeug, hübschem Eßgeschirr. Um Silber fragte er nicht viel, Sèvresporzellan tat es auch; und das ließ sich hier schauen. Die Aufsätze waren geschmackvoll, die Kühlwannen mit den Flaschen verrieten viel »savoir vivre«, die ganze Anrichtung viel Takt. Feine Servietten auf den Gedecken, zwei Suppennäpfe an beiden Enden nebst einigen bedeckten Schüsseln. In der Mitte ein Aufsatz und hinter den Sesseln ein halbes Dutzend sauber gekleideter Diener.

      Man nahm Platz. Howard saß zwischen seiner Frau und Genièvre Vignerolles, einem allerliebsten Mädchen. Es gab eine Austernsuppe, die Monteville in Entzücken brachte. Es entstand eine kurze Debatte um Suppen, die aber mittendrin abgebrochen wurde, denn die Deckel wurden von den Schüsseln gehoben, und damit nahm der Ideengang eine neue Richtung.

      »Weißt du, lieber Menou, daß sich der neueste gastronomische Grundsatz gegen das Bedecken der Fische wendet?« bemerkte der Graf de Vignerolles.

      Seine fein aristokratischen Züge, der schöne schneeweiße Kopf mit der geistreichen Stirn, leicht gerunzelt, die zarte Gesichtsfarbe mit den lichtblauen, funkelnden Augen hatten Howard schon beim ersten Zusammentreffen ungemein angesprochen.

      »Es kommt darauf an, welche Gattung von Fischen es ist«, versetzte Menou mit dem Gesicht eines Kathedermannes. »Zum Beispiel Soles Seezunge oder frischer Stockfisch, das gebe ich dir zu, aber unsere Sturgeons Stör und Turbots Steinbutt vertragen es nicht.«

      Die Fischunterhaltung wurde durch das Anstoßen der Madeiragläser unterbrochen, worauf eine kurze erwartungsvolle Pause eintrat. Der Übergang zu regerer Tätigkeit wurde durch zwei neue Erscheinungen bewirkt: Green Turtle- und Ringeltauben-Pasteten.

      »Bon!« sagte d‘Ecars.

      »Delicieux!« bemerkte Lassalle.

      Howard versuchte die Schildkrötenpastete. Sonst liebte er sie nicht sehr, denn das Fleisch erhielt erst durch Gewürze seinen Geschmack, und er haßte alles, was Gewürze enthielt. Doch dann kam das wahre Ding, die zweite Tracht, und mit dieser als Einleitung: Canvas-back duck — Wasserenten! Keine europäische Kaisertafel kann ein Gericht so zart, so duftend, so schmelzend aufweisen! Das Fleisch zergeht buchstäblich auf der Zunge, das Fett träufelt über die Lippen, es ist ein wahrer Hochgenuß!

      Tiefe Stille herrschte während der sechs Minuten dieses Schmauses, und Howard hing seinen Gedanken nach.

      Die allerliebsten Tierchen waren in der letzten Nacht im Ocasse-See gefangen worden und daher ganz frisch, was sie auch unbedingt sein müssen. Denn zwei Tage alt haben sie allen Geschmack verloren. Die Seen Louisianas, so höllische Dünste und Dämpfe sie ausatmeten, wimmelten von Fischen und waren ganz bedeckt mit allen Arten von Wasservögeln. Eine Jagd auf dem See bei Natchitoches war der Mühe wert. Der Horizont glich einer dichten Wolke von Wildenten, Gänsen und fliegendem Getier, unter die man nur blindlings hineinzuschießen brauchte, ohne zu zielen. Solch eine Jagd war eine wahre Schlacht, die zwei oder drei Stunden dauerte, und auf der einen Seite von ein paar hundert Schützen geliefert, auf der anderen von Hunderttausenden von Wasservögeln ausgehalten wurde. Erst wenn die Jäger müde und matt waren, nicht mehr laden noch schießen konnten, sammelten sie die Beute, von der in der Regel auf den Mann mehrere hundert Tiere kamen.

      Überhaupt, sann Howard, so wenig man uns im Sommer um unsere Tafeln zu beneiden Ursache hat, so reich, üppig werden sie im Herbst. Der liebe Gott weiß, was seinen Louisianern guttut, und daß vieles Essen im Sommer sie mit Extrapost in sein Himmelreich bringen müßte. Deshalb spart er sich und uns die Freude auf den Herbst und Winter. Aber dieser Herbst und Winter! Das sind ganz andere Herbste und Winter als bei euch im Norden! Ganze Armeen von Zug- und Wasservögeln kommen nun von dort herabgezogen. Unsere Schaltiere, den Sommer hindurch ungenießbar, erlangen ihre Reife. Unser Louisiana ist doch, nehmt es, wie ihr wollt, eine ganz gute ... die beste Welt! Was sind zum Beispiel eure wilden Truthühner im Norden gegen diesen Riesen, wie er da vor uns in seinem Fett schwimmt? Von zwanzig ausgewachsenen Hähnen, die ihr schießt, zerplatzen unzweifelhaft achtzehn im Fallen. Dieser jedoch ist gefangen, denn diese treuherzigen, aber dummen Tiere werden auf unseren Pflanzungen zu Dutzenden in Fallen gelockt, in die sie den Weg — so eng er ist — hinein, aber nicht wieder heraus finden. Ihr Fleisch

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