Der Letzte vom "Admiral". Franz Treller
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Читать онлайн книгу Der Letzte vom "Admiral" - Franz Treller страница 5
»Es wird so sein, wie du vermutest, und wir steuern auf den verrufensten Teil dieser ganzen Inselwelt zu.«
»Warum verrufen, Herr Obersteuermann?« fragte Henrik.
»Die Salomonsinseln werden von ebenso verräterischen wie mordlustigen Kannibalen bewohnt, und das Geschäft, das wir zu unternehmen haben, muß sehr lohnend sein, wenn der Kapitän es wagt, diese Inseln anzulaufen.«
Nach einer Weile sagte er: »Sprich nicht darüber vor der Mannschaft, Henrik, es würde die Leute unruhig machen; der Alte ist übrigens ein vorsichtiger Mann, der sich nicht leicht in Gefahr begibt.«
»Selbstverständlich werde ich kein Wort darüber verlieren«, versprach Henrik, »der Kapitän hat ganz sicherlich gewichtige Gründe, seine Absichten vorläufig geheim zu halten.«
Findling ging hinab, um dem Kapitän Meldung abzustatten, daß in Südost Land in Sicht sei.
Jansen vernahm dies ohne Überraschung. Er sah seinen Ersten Steuermann einen Augenblick forschend an und fragte dann: »Wo glauben Sie, daß wir uns befinden?«
»Ich bin geneigt, anzunehmen, daß wir in der Nähe der Salomonsgruppe stehen, Kapitän.«
Der Kapitän ließ einen leisen Pfiff hören und lachte dann behaglich.
»Stimmt, Findling, haben die Salomonen vor uns, seid ein Seemann durch und durch. Ist Marholm«, dies war der Zweite Steuermann, »auch Eurer Meinung?«
»Ich habe mit ihm darüber nicht gesprochen.«
Der Kapitän ging einigemal in der Kajüte auf und ab und sagte dann gutmütig: »Sie sind verdrießlich, Findling, daß ich Ihnen ein Geheimnis aus Länge und Breite mache; es ist nicht Mißtrauen von mir, auf mein Wort, aber die Reeder haben durch einen Amerikaner von dem Platz, den wir besuchen, Kenntnis erlangt und es mir zur Pflicht gemacht, die Ortsbestimmungen als Geheimnis zu bewahren. Kann nicht anders, Findling.«
»Ich freue mich, zu hören, Kapitän, daß das Mißtrauen nur bei den Eigentümern des Schiffes zu Hause ist und nicht bei Ihnen, außerdem bin ich nicht neugierig.«
»Ich denke ein großes Geschäft mit den braunen Burschen zu machen und bald wieder von hier abzukommen.«
»Die Eingeborenen hier stehen in üblem Ruf.«
»Weiß, weiß, ein böses Gesindel. War schon voriges Jahr hier – ich bin vorsichtig, Findling. Lassen Sie uns an Deck gehen und einmal Ausschau halten.«
Beide gingen hinauf.
Da das Schiff des schwachen Windes wegen von oben bis unten mit Leinwand bedeckt war, mußten beide zum Vorderkastell gehen, um nach vorn Ausguck halten zu können. Der Kapitän hatte sein Glas mitgenommen und sah nach dem fernen Land, welches schon deutlich als solches zu erkennen war.
»Alles richtig, Findling. Lassen Sie zwei Strich mehr nach Süden halten, daß wir im Lee der Insel vorbeigehen. Wünschte, wir hätten eine Mütze voll Wind.«
Nach Seemannsart überflog er durch sein Glas noch den Horizont, ehe er wieder achter ging.
»Donnerschlag!« entfuhr es ihm plötzlich und eifrig hielt er das Glas auf eine Stelle gerichtet. Dann reichte er es Findling und sagte: »Sehen Sie einmal da über die Rüsthölzer weg.«
Der Obersteuermann nahm das Glas und hatte es kaum an die Augen gebracht, als auch ihm ein Ausruf der Überraschung entfuhr: »Das ist ein Wrack, Kapitän.«
»Ja, und im Sinken begriffen.«
Durch das Glas zeigte sich den Männern in etwa zwei Meilen Entfernung ein wenig über die Meeresfläche sich erhebender Schiffsrumpf, den zwei Maststumpfen überragten.
»Lassen Sie draufzuhalten, Findling.«
Findling gab dem Mann am Steuer den Befehl und ging wieder nach vorn. Der Kurs brauchte zu diesem Zweck nur wenig geändert zu werden und ein umlegen war nicht nötig, da sie den Wind fast von hinten hatten. Langsam kamen sie dem Wrack näher, welches sich auf der langen, regelmäßigen Dünung des Ozeans schwerfällig hob und senkte. Dann und wann wurden die Gläser dorthin gerichtet. Ein lebendiges Wesen wurde an Deck nicht wahrgenommen, dessen Lage über Wasser sich übrigens in der Zeit, welche sie zum Ansegeln brauchten, nicht im geringsten zu verändern schien. Als sie auf einige hundert Faden nahe gekommen waren, ließ der Kapitän das Großsegel backlegen, die Jolle aussetzen und forderte Findling auf, hinzurudern, um sich, wenn möglich, über den Namen des Schiffes Gewißheit zu verschaffen. Drei Matrosen, Henrik und Findling gingen in das rasch ausgeschwenkte und niedergelassene Boot, das unter kräftigen Schlägen schnell auf das Wrack zutrieb. Findling war ein zu erfahrener Seemann, um sich ohne weiteres in die Nähe eines Schiffsrumpfes zu wagen, der jeden Augenblick in die Tiefe gehen konnte. Er ließ daher sein Boot in einiger Entfernung langsam einen Kreis um das Wrack beschreiben und betrachtete aufmerksam das Deck und vor allem den Spiegel des Schiffes, der aber bereits zu tief im Wasser lag, um dessen Namen noch erkennen zu lassen. Da er die Überzeugung gewann, daß das Wrack durch eine bestimmte, augenblicklich nicht erkennbare Ursache mit seinem Deck noch über Wasser gehalten werde und sein Sinken zunächst nicht zu befürchten sei, ließ er an Bord rudern und stieg, das Bollwerk war weggerissen, an Deck des fremden Fahrzeuges. Die Wellen hatten ihr grausiges Zerstörungswerk vollbracht, zerrissene Wanten und Stage, welche mit einem Ende noch am Rumpf fest waren, lagen umher oder spielten im Wasser neben dem Schiff. Die Masten waren zur Hälfte gebrochen und nur ihre zersplitterten Enden ragten noch empor. Stengen und Rahen waren mit Segel- und Tauwerk weggespült, das Vollwerk nur an einigen Stellen noch erhalten. Alle Luken aber waren fest geschlossen. Ein Stück der eisernen Kombüse stand noch mittschiffs und in seinem Schutz lag der Rest eines gleichfalls eisernen wohlbefestigten Herdes. Findling ging, trübe gestimmt durch den Anblick einer Zerstörung, der den Untergang der Besatzung ankündigte, langsam darauf zu, sich überall umschauend, ob er nicht irgendwo den Namen des Fahrzeuges auf einem der Schiffsteile entdecken könnte. Als sein Blick in den schmalen Raum zwischen dem Rest der Kombüsenwand und dem Herd fiel, traf er auf einen regungslos daliegenden jungen Menschen, dessen Kopf auf der Balkeneinfassung der Schiffsküche ruhte. Er glaubte im ersten Augenblick, einen Leichnam vor sich zu sehen, trat aber doch näher, um sich zu überzeugen. Es war ein nur mangelhaft bekleideter schlanker Körper, auf den sein Auge fiel. Das Gesicht konnte er nicht erblicken, da es auf dem als Unterlage benutzten Arm ruhte. Er beugte sich nieder, um die Hand zu erfassen, und freudig zuckte er zusammen, als er sie berührte; sie war warm, der Strom des Lebens pulsierte noch.
»Henrik!« rief er. Sofort sprang dieser an Deck und stand neben ihm. Er erschrak nicht wenig, als er den Körper vor sich sah, doch rasch sagte Findling: »Er lebt noch, Junge, wunderbar genug«, und auch Henrik fühlte sein Herz freudig pochen.
Der Steuermann faßte den herabhängenden Arm und schüttelte ihn. Da hob sich das Gesicht, welches auf dem andern Arm ruhte, matt empor, und beide sahen in ein bleiches, verstörtes Antlitz, blaue Augen starrten sie wie die eines Schlaftrunkenen an und: »Nanu?« tönte es wie verwundert zu den beiden Männern empor.
»Gott sei Dank!« sagte Henrik, der noch nicht ganz überzeugt gewesen war, einen Lebenden vor sich zu haben, bei diesem Ausruf.
»Sind Sie der einzige hier an Bord?«
Der Gefragte sah sich um, als ob er seine Gedanken sammeln müsse und entgegnete dann im unverkennbaren Dialekt des Berliners: »Ick jloobe wohl – sie haben mir alleene uff die Entenpfütze jondeln lassen.«
Findling