Im Lande des Mahdi III. Karl May

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Im Lande des Mahdi III - Karl May

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freibitten, und ich muß dir aufrichtig sagen, daß ich den Mokkadem, sobald wir ihn haben, an dem selben Baume aufhängen lassen werde. Ist dir das nicht recht, so mag Ben Nil uns nach der neuen Seribah führen, und du bleibst hier, damit dein zartes Gewissen dir später keine Vorwürfe machen kann.«

      »Mein Gewissen ist ebenso kräftig wie das deinige. Laß tausend Menschen hängen, ich sehe ruhig zu, wenn sie es verdient haben. Wenn aber ich es bin, an dem sie sich versündigten, so halte ich es für meine Pflicht, wenigstens ein gutes Wort für sie einzulegen. Fruchtet das nichts, so habe ich eben meine Schuldigkeit gethan und brauche mir nichts vorzuwerfen.«

      »So bist du einverstanden, daß ich den Mokkadem auch hängen lasse, und wirst mitgehen?«

      »Ja.«

      »Das ist mir sehr lieb, denn du bist ein besserer Führer und Berater, als Ben Nil es sein würde. Ich muß dich sogar schon jetzt um deinen Rat bitten. Denkst du, daß wir die Schufte ergreifen werden?«

      »Ich bin überzeugt davon.«

      »Und ich befürchte, daß sie entflohen sein werden. Sie können sich doch denken, daß du zurückkommst!«

      »Wenn sie dies denken, so glauben sie doch jedenfalls nicht, daß ich so bald komme. Ich habe dafür gesorgt, daß sie sich heute noch sicher fühlen. Sie glauben, du seist anderthalbe Tagereise von hier entfernt. Ich muß, da man uns die Waffen abgenommen hat, auf deine Ankunft warten, ehe ich etwas gegen sie unternehmen kann. Ich bin ihnen entflohen, jedenfalls weit fort, um von ihnen nicht gefunden zu werden. Das ist ihre Ansicht, und darum werden sie sich auf ihrer neu angelegten Seribah so sicher fühlen, als ob heute gar nichts geschehen wäre.«

      »Wenn du dich nicht irrst, so sind wir allerdings sicher, ihrer habhaft zu werden. Wann brechen wir auf?«

      »Möglichst bald. Ich bin schon jetzt bereit dazu. Wir haben zwei Boote und brauchen uns nur eins noch von den Bot zu borgen, so fassen sie mehr Leute, als wir brauchen, um diese wenigen Gegner zu überwältigen.«

      »Da müssen wir aber einen anderen Weg nehmen, daß sie unser Kommen nicht bemerken.«

      »Natürlich! Sie wissen, daß wir in westlicher Richtung geflohen sind, und werden also, falls sie überhaupt aufpassen, ihre Aufmerksamkeit nach dieser Gegend wenden. Wir müssen von Osten kommen. Um dies zu können, rudern wir im Schatten der Bäume immer nahe am diesseitigen Ufer hin, bis wir über die jenseits liegende neue Seribah hinaus sind. Dann fahren wir quer über den Maijeh, landen, lassen die Boote zurück und schleichen uns zu Fuße zu ihnen hin.«

      »Können wir uns nicht verirren?«

      »Nein. Der Mond geht bald auf. Dann ist der dunkle Wald am jenseitigen Ufer leicht von der Savanne zu unterscheiden, an deren Rande die Seribah liegt. Nimm außer mir und Ben Nil zwanzig Mann mit. Das genügt.«

      »Ich denke auch, daß wir nicht mehr brauchen. Die Waffen, welcher du bedarfst, kannst du von jedem zurückbleibenden Askari erhalten. Laß dir sie geben!«

      »Ich mag keine. Ich hole mir die meinigen. Nähme ich jetzt andere mit, so müßte ich sie zurücktragen.«

      »Aber wenn es zum Kampfe kommt und du bist unbewaffnet, so kann es dir leicht schlimm ergehen!«

      »Schlimm? Pah! Ich fürchte nichts.«

      »So will ich mit dem Häuptling wegen des Bootes sprechen.«

      Der Anführer der Bor war nicht nur bereit, uns eines seiner Boote zu leihen, sondern er bat uns, ihn mitzunehmen, was ihm auch gern gestattet wurde. Ich stieg mit dem Emir und Ben Nil in das kleine Boot, welches wir am Nachmittag gehabt hatten, um voranzurudern, während die Asaker in den beiden größeren Fahrzeugen folgen sollten.

      Noch war der Mond nicht aufgegangen, als unsere Fahrt begann, doch leuchteten die Sterne hell genug, um uns in das Wasser ragende Wurzeln und andere derartige Hindernisse vermeiden zu lassen. Wir folgten genau dem Ufer, welches an dieser Seite einige größere Buchten hatte. Dadurch wurde unsere Fahrt verlangsamt, was mir aber gar nicht unlieb war, da ich, um dann später nicht zu irren, auf den Mond zu warten hatte.

      Als er aufging, sahen wir ihn tief am Horizonte stehen, denn es gab da drüben keine Bäume, die ihn verdeckten. Daran erkannte ich, daß wir uns schon parallel mit der baumlosen Prairie befanden, an deren anderm Rande die Seribah lag.

      Jetzt legten wir uns kräftiger in die Ruder als bisher. Der Mond stieg langsam höher, verschwand aber doch nach einiger Zeit hinter einer dunkeln Wand, welche ihn uns unsichtbar machte. Das war der Wald, welcher drüben wieder begann. Wir waren also an der Savanne vorüber, ruderten noch eine kleine Strecke weiter und hielten dann quer über den Maijeh hinüber.

      Am jenseitigen Ufer angekommen, stiegen wir aus und banden die Boote fest. Es galt zunächst zu erfahren, ob unsere Annäherung bemerkt worden sei. Wir verhielten uns zu diesem Zwecke vollständig laut- und bewegungslos, um zu lauschen, aber es war nichts zu hören. Dann suchte ich, während die anderen noch immer still halten blieben, die Umgebung ab. Die Bäume standen nicht dicht, und der Mond schien zwischen den Kronen hindurch, sodaß ich ganz leidlich sehen konnte. Es war kein Mensch in der Nähe. Also konnte nun der kurze Marsch beginnen. Wir befanden uns nicht mehr als sechshundert Schritte hinter der Seribah.

      Ich ging voran, vielleicht zwanzig Schritte von den andern entfernt, welche hinter mir eine lange Einzelreihe zu bilden hatten. Noch hatte ich den Rand des Waldes nicht erreicht, als ich den Schein eines Feuers vor mir sah und laute Stimmen hörte. Ich ließ meine Asaker halten und schlich allein weiter, um genau zu rekognoszieren. Was ich sah, gab mir die Gewißheit, daß wir die Feinde überwältigen würden, ohne daß wir einen Tropfen Blutes zu vergießen brauchten.

      Wie bereits früher gesagt, standen die Tokuls der jungen Seribah am Waldesrande unter den ersten Bäumen. Zwischen zweien von ihnen hatte man das Feuer angebrannt, jedenfalls um die Stechfliegen zu vertreiben. An demselben saß der Mokkadem mit seinen Asakern, von denen kein einziger fehlte. Man hatte es also nicht für nötig gefunden, eine Wache auszustellen; man hielt sich für vollständig sicher. Das ging für mich auch daraus hervor, daß ich kein Gewehr sah. Man hatte die Flinten in den Tokuls liegen lassen. Das freute mich um unsert- und auch um der Gegner willen, denn wenn auch der Mokkadem nicht zu retten war, so hoffte ich doch, daß, falls kein Blut vergossen wurde, der Reis Effendina die andern begnadigen würde.

      Ich kehrte zurück und holte unsere Leute herbei. Sie konnten die Feinde deutlich sehen, denn das Feuer brannte so, daß der Schatten einer Hütte die Stelle, an welcher wir hielten, verdunkelte. Ich wollte dem Reis Effendina meine Ansicht über das, was nun zu geschehen habe, mitteilen, da nahm er mich beim Arme und sagte:

      »Komm‘ hier zur Seite, sonst wirst du getroffen!«

      Er zog mich bei diesen Worten fort. Ich folgte ihm ahnungslos und fragte:

      »Getroffen? Die Kerle können doch gar nicht zum Schusse kommen. Wir fallen plötzlich über sie her und – «

      »Effendi,« unterbrach mich Ben Nil, welcher uns nachgehuscht war, »ich muß dir sagen, daß die Feinde erschossen werden sollen, außer dem Mokkadem. Als du vorhin vorangingst, hat der Reis Effendina befohlen, daß – —«

      »Schweig‘!« fiel ihm dieser zornig in die Rede. Dann deutete er nach dem Feuer hin und rief, ehe ich es zu verhindern vermochte, seinen Leuten laut zu: »Jetzt gebt Feuer! Schnell!«

      Zwanzig Gewehre erhoben sich, und zwanzig Schüsse krachten. Alle, die noch soeben ahnungslos am Feuer saßen, brachen zusammen, nur einen ausgenommen, nämlich den Mokkadem, welcher aufsprang und entsetzt nach

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