Old Surehand I. Karl May
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»Das ist mir lieb, ungeheuer lieb!«
»Ich setze dabei aber voraus, daß Ihr wirklich ein so guter Schwimmer seid, wie Ihr gesagt habt!«
»Wie ein Fisch, sage ich Euch, wie ein Fisch; th‘is clear. Es soll also bei diesem Streiche geschwommen werden?«
»Ja, da wir auf die Insel müssen.«
»Richtig; Kähne giebt es nicht!«
»Ein Kahn oder Boot wäre gar nicht zu brauchen; man würde uns sehen. Also, Ihr getraut Euch, vom jenseitigen Ufer aus quer über den See nach der Insel zu schwimmen, und auch wieder zurück?«
»Welche Frage! Ich sage Euch, ich schwimme von hier nach dem Monde, wenn genug Wasser dazwischen ist!«
»Well! Dann ist die Sache sehr einfach! Wir schwimmen nach der Insel, machen die zwei Wächter unschädlich, befreien Old Surehand von seinen Fesseln und schwimmen mit ihm zurück.«
»Wie – — – was – — – wie – — —?«
Er blieb stehen, faßte mich am Arme und fuhr fort:
»Das geht ja bei Euch so schnell wie das Semmelbacken, Mr. Shatterhand!«
»Bei Euch ging es vorhin ja auch nur so eins – — – zwei – — drei – — – fertig!«
»Ja, das war etwas ganz andres! Ich wollte ihn zu Lande befreien, nicht aber zu Wasser. Hier müssen wir vor allen Dingen wissen: Kann Old Surehand auch schwimmen?«
»Das wißt Ihr doch wohl am besten; Ihr kennt ihn ja!«
»Habe ihn aber noch nicht im Wasser gesehen.«
»So? Ist auch nicht nötig, denn ein Westmann wie Old Surehand ist ganz gewiß ein guter Schwimmer.«
»Aber er ist gefesselt; das giebt Blutstockungen. Wird er seiner Arme und Beine so mächtig sein, daß er sogleich mit uns über den See schwimmen kann?«
»Ich denke es, denn man sagt ja, daß er ein überaus kräftiger Mann sei.«
»Das ist er; ja, das ist er. Also, abgemacht: er kann sofort mit uns schwimmen. Aber die Sterne, die Sterne!«
»Was ist‘s mit denen?«
»Bemerkt Ihr denn nicht, daß sie immer heller werden?«
»Freilich.«
»Nun, die spiegeln sich mit dem ganzen Himmel im Wasser wieder; das ist schlimm!«
»Ihr wolltet ja soeben noch nach dem Monde schwimmen. Der irritiert Euch wohl nicht so sehr wie die Sterne?«
»Ich glaube gar, Ihr wollt Witze machen! Jedenfalls aber wißt Ihr recht gut, was ich meine. Die Sternbilder im Wasser werden uns verraten.«
»Wem?«
»Den Wächtern auf der Insel.«
»Das glaube ich nicht.«
»Doch! Ueberlegt Euch nur: Das Wasser des Sees mit den Sternen liegt ruhig vor ihnen; bei jeder Bewegung entstehen Wellen, und die Sterne wabbeln hin und her, auf und nieder. Wenn wir angeschwommen kommen, giebt das eine solche Erschütterung und Revolution des ganzen im Wasser strahlenden Firmamentes, daß die Wächter unbedingt aufmerksam auf uns werden müssen.«
»Was schadet das?«
Wir waren weiter gegangen; jetzt blieb er wieder stehen, hielt mich an und fragte:
»Wa – — – wie – — – was? Was das schadet? Und das fragt ein Old Shatterhand? Eine solche Frage könnte mich nur von einem Greenhorn nicht wundern. Was das schadet! Die Kerls werden natürlich sofort um Hilfe brüllen; dann werfen sich sämtliche Comantschen in das Wasser, und es giebt eine Jagd, bei der wir verloren sind. Wenn wir noch so fein schwimmen, viele Hunde sind doch des Hasen Tod.«
»Sie werden wohl nicht um Hilfe rufen,« antwortete ich, indem ich ihn zum Weitergehen nötigte.
»Natürlich werden sie es! Sie sehen doch, daß zwei Menschen, zwei Weiße, kommen! Und wenn sie wirklich nicht schreien sollten, so schicken sie uns doch gewiß einige Kugeln in die Köpfe!«
»Auch das thun sie nicht!«
»Aber, Sir, ich begreife Euch nicht!«
»Sie werden uns gar nicht sehen.«
»Nicht – — – wie – — – was? Nicht sehen, wenn das ganze Firmament im Wasser krabbelt und wabbelt?«
»Nein, denn wir werden uns maskieren.«
»Maskieren? Das wird ja immer toller! Wie wollen wir uns maskieren? Etwa Ihr als Domino und ich als Harlekin? Ich danke für solchen Karneval!«
»Versteht mich doch richtig, Mr. Cutter! Unter maskieren verstehe ich so viel wie verstecken.«
»Auch gut! Wohin wollt Ihr Euch denn im Wasser stecken?«
»Hinter Schilf.«
»Das giebts auf dem See nicht, sondern nur am Ufer.«
»Wir nehmen welches mit.«
»Unsinn! Kein Roter wird sich dadurch irre machen lassen.«
»Ich kann Euch das Gegenteil beweisen.«
»Wieso?«
»Ich habe vorhin so eine Maskerade getrieben, weil ich meinen Zweck auf keine andre Weise erreichen konnte.«
»Wirklich?«
»Ja.«
Ich erzählte es ihm; als ich fertig war, meinte er:
»Hm, es ist doch nicht ganz so dumm, wie ich dachte! Aber ein einzelner Schilfbusch, das mag gehen, aber zwei? Wir bringen es doch wohl kaum fertig, ganz gleich zu schwimmen; die beiden Büsche würden also bald zusammen, und bald auseinander geraten. Das muß auffallen und Verdacht erwecken.«
»Allerdings; aber wir werden eben nicht zwei Büsche oder Bündel nehmen, sondern uns eine Schilfinsel herstellen, unter der wir stecken.«
»Nicht übel!«
»Erst schwimmen wir schnell, sobald wir aber in Sicht gelangen, kommt unsre Schilfinsel langsam, sehr langsam angetrieben.«
»Aber unsre hellen Körper! Um neben einander schwimmen zu können, brauchen wir wenigstens sieben Ellen Platz; dürfen wir das Schilffloß so groß machen? Die Wächter werden uns sehen, weil unsre Haut hell ist.«
»Wir behalten die Kleider an.«
»Hm!« brummte er.
»Meint Ihr, daß Euch dies das Schwimmen erschweren wird, Mr. Cutter?«
»Gar nicht, ganz und gar nicht! Es fragt sich nur, wenn sonst auch alles glückt, ob die Wächter unser Schilf an ihrer Insel landen lassen werden.«
»Es soll