Old Surehand I. Karl May
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Читать онлайн книгу Old Surehand I - Karl May страница 30
»Ich sehe ihn.«
»Und er sieht uns. Was wird er thun?«
Wir waren jetzt vielleicht sechzig Schritte von der Insel entfernt. Im Gebüsch derselben gab es eine breite Lücke, durch welche das Feuer zu sehen war. Im Scheine desselben erblickten wir einen Indianer, welcher am Ufer Wasser schöpfte und dabei unser »Dampfschiff« bemerkte. Er sah kurze Zeit zu uns herauf und kehrte dann zum Feuer zurück.
»Prächtiger Kerl!« flüsterte Old Wabble. »Will gar nichts von uns wissen.«
»Das kann uns ungeheuer lieb sein; aber warten wir es ab, ob ihm unser Schilf nicht doch noch auffällt.«
Es verging Minute um Minute; wir kamen der Insel immer näher, und der Wächter erschien nicht wieder. Noch vierzig, noch dreißig, noch zwanzig, endlich nur noch zehn Schritte! Wir glitten vorüber.
»Mr. Cutter, jetzt!« raunte ich dem Alten zu. »Ich tauche links und Ihr taucht rechts um die Insel herum, damit wir nicht zusammengeraten und uns hindern. Drüben steigen wir auf und sind im Rücken der Wächter. Aber bitte, gebt Euch alle Mühe! Habt Ihr die Arme noch in den Schlingen?«
»No.«
»Seid Ihr fertig?«
»Yes, es kann losgehen; th‘is clear.«
»Dann fort vom Floße!«
Ich machte mich los, tauchte tief hinab, schwamm um die Hälfte der Insel und kam drüben vorsichtig wieder empor; zwei Stöße brachten mich an das Ufer. Old Wabble war an dieser Stelle nicht zu sehen; er erstieg die Insel jedenfalls nicht weit von hier an einer andern; ich konnte mich nicht um ihn bekümmern, sondern mußte vor allen Dingen zu den beiden Wächtern. Mich auf die Erde legend, kroch ich durch die Büsche. Sie saßen an dem kleinen Feuer, welches nur durch fünf oder sechs dünne Holzstücke genährt wurde; der eine kehrte mir den Rücken, der andre die linke Seite zu. Etwas abseits von ihnen lag der Gefangene im Schatten eines überhängenden Strauches. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen; aber die Füße lagen im Lichte des Feuers; sie waren gefesselt. Nun schnell ans Werk!
Ich richtete mich auf und war mit zwei schnellen Sprüngen am Feuer; ein Hieb hüben und ein Hieb drüben an die Schläfen der Roten – sie sanken um. Ich bückte mich zu ihnen nieder; sie waren betäubt.
»Heavens, ein Weißer!« erklang da die Stimme des Gefangenen. »Kommt Ihr, um mich – — —«
»Ja,« unterbrach ich ihn. »Reden wir später; jetzt müssen wir handeln. Weg mit den Fesseln!«
Ich kniete zu ihm nieder, zog das Messer; hinter mir gab es ein Geräusch.
»Seid Ihr da, Mr. Cutter?« fragte ich, ohne mich umzusehen, denn wer konnte es anders sein als Old Wabble.
»Uff, uff, uff, uff!« antworteten statt seiner zwei mir fremde Stimmen.
Ich richtete mich blitzschnell auf und drehte mich um. Da standen zwei Indianer, wassertriefend und mich wie ein Gespenst anstarrend. Später sagte mir Old Surehand, daß die Wachen alle drei Stunden gewechselt worden waren. Diese Ablösung geschah schwimmend; daher jetzt die beiden triefenden Gestalten, welche grad in diesem für mich so außerordentlich ungünstigen Augenblicke kamen, um an die Stelle der zwei Betäubten zu treten. Meine Ueberraschung währte nur einen Augenblick; im zweiten hatte ich den mir am nächsten stehenden Roten mit der linken Hand bei der Kehle und schmetterte ihn mit der rechten Faust zu Boden. Dann wollte ich den andern packen, kam aber nicht dazu, denn er sprang mit einem schrillen Hilferufe von der Insel in das Wasser und schwamm, immer brüllend, dem Lager zu.
Da war keine Zeit zu verlieren. Ich sprang zu Old Surehand und schnitt die Arm- und Fußfesseln durch. Er war außerdem noch mit zwei Riemen an zwei in die Erde gerammte Pfähle gebunden; auch die durchschnitt ich.
»Könnt Ihr Euch bewegen, Sir?« fragte ich, indem er aufstand. »Sagt es, schnell, schnell!«
Ich sah diesen Mann jetzt zum ersten Male, hatte aber keine Zeit, ihn zu betrachten. Er streckte seine mächtigen Glieder, bückte sich, um einem der Betäubten das Messer zu nehmen, und antwortete so ruhig, als ob nun für ihn gar nichts zu fürchten sei:
»Ich kann alles, was Ihr wollt, Sir.«
»Auch schwimmen?«
»Ja. Wohin?«
»Da, grad hinüber werden wir von Weißen erwartet.«
»So kommt! Es ist hohe Zeit. In weniger als einer Minute haben wir die Roten hier.«
Er hatte recht. Die alarmirten Comantschen vollführten einen wahren Teufelslärm. Das war ein geradezu ohrenzerreißendes Schreien, Heulen, Rufen und Brüllen! Wir konnten sie nicht sehen; aber wir hörten am klatschenden Aufspritzen des Wassers, daß sie sich in den See stürzten, um nach der Insel zu schwimmen. Wir mußten fort. Wo aber war Old Wabble?
»Mr. Cutter, Mr. Cutter!« überbrüllte ich beinahe den Höllenlärm. »Mr. Cutter, seid Ihr hier?«
Old Surehand war an das Ufer gesprungen, um nach dem Lager hinüberzublicken. Er drehte sich zu mir um und fragte, nicht mehr ruhig, sondern hastig:
»Mr. Cutter? Solltet Ihr Old Wabble meinen?«
»Ja. Er schwamm mit nach der Insel, um Euch zu retten, ist aber nicht zu sehen.«
»Sind noch mehr Weiße da?«
»Nein.«
»So denkt nicht an ihn! Ich kenne den Alten; der hat seine eigene Art und Weise.«
»Aber er ist verloren!«
»Denkt das nicht, Sir! Den bringt kein Satan um; er befindet sich in größerer Sicherheit als wir. Laßt ihn, und kommt fort! Die Roten sind alle, alle im Wasser; die ersten sind beinahe da. Vorwärts, schnell, schnell!«
Er ergriff meinen Arm und zog mich fort. Vom Rande der Insel aus konnte ich mir seine Eile erklären. Das Wasser zwischen ihr und dem Lagerplatze wimmelte förmlich von roten Köpfen, deren Mäuler brüllend offen standen. Einer der Schwimmer, der allen voran war, hatte nur noch zehn oder zwölf Stöße zu thun, um die Insel zu erreichen. Ich durfte nicht an Old Wabble, sondern ich mußte an mich selbst und Old Surehand denken.
»Ja, fort ins Wasser,« antwortete ich darum. »Folgt mir, so schnell Ihr könnt!«
Wir sprangen hinein und griffen langsam aber kräftig aus, wie ein guter Schwimmer thut, der nicht ermüden will. Das Geheul der Indianer verdoppelte sich, es war ganz entsetzlich. Sie hatten uns gesehen und strengten sich an, uns einzuholen.
Um mich hatte ich keine Sorge; mich erwischte gewiß keiner; aber Old Surehand! So ein Westmann wie er, schwamm gewiß vortrefflich; aber die Gefangenschaft hatte ihn angegriffen, und wie indianische Fesseln die Hände und Füße für größere Anstrengungen untauglich machen, das wußte ich am besten. Indem ich neben ihm herschwamm, beobachtete ich ihn. Er schwamm kaltblütig und mit jenem Doppelstoße, der die Arbeit gleichmäßig auf Arme und Beine verteilt. Das beruhigte mich anfänglich. Bald aber bemerkte ich, daß seine Bewegungen an Stetigkeit verloren.
»Greift es Euch an, Sir?« fragte ich.
»Nein,« antwortete er; »aber ich habe kein Gefühl in den Händen und Füßen; sie sind wie taub.«
»Daran