Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2. Karl May
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Sternau wurde unterbrochen, denn die Tür öffnete sich, und Mariano trat herein. Als er einen Fremden erblickte, wollte er wieder zurücktreten, aber Sternau erhob sich schnell und winkte ihm, herbeizukommen.
»Treten Sie näher, mein Freund«, sagte er. »Sie stören uns nicht.«
Er wandte sich darauf zu dem Lord und erklärte ihm:
»Dieser Herr ist mein Freund Mariano.« Und sich zu dem letzteren wendend, sagte er »Und hier sehen Sie Lord Lindsay, den Vater der Dame, die zu begleiten wir die Ehre und das Vergnügen hatten.«
Als Mariano den Namen des Vaters seiner Geliebten hörte, errötete er, aber er kämpfte die in ihm aufsteigende Verlegenheit schnell nieder und verbeugte sich mit edlem Anstand vor dem Lord.
»Soeben haben wir von Ihnen gesprochen«, sagte dieser aufrichtig. »Ich wünschte Sie infolgedessen zu sehen, und Ihr Erscheinen erspart es mir, mich bei Ihnen melden zu lassen. Sie sind während der Rückreise meiner Tochter ein treuer Beschützer gewesen. Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank entgegen.«
Er reichte dem jungen Mann die Hand. Dieser ergriff sie und erwiderte: »O Mylord, mein Schutz hätte Miß Amy wohl von keiner Gefahr befreien können. Ich bin Patient, und als solcher war es mir unmöglich, der tapfere Ritter einer Dame zu sein.«
Sein müdes Auge hatte sich belebt, und über seine bleichen Züge flog eine leichte Röte. Man sah es ihm an, welch ein schöner Mann er in den Tagen seiner Kraft und Gesundheit gewesen sein müsse. Hatten die Auseinandersetzungen Sternaus dazu beigetragen, die Bedenken des Lords abzuschwächen, so war es jetzt das leidende Aussehen Marianos, welches das Mitgefühl des Engländers erweckte. Er behielt die abgemagerte Hand des Armen in der seinigen und sagte mild und freundlich:
»Sie bedürfen sehr dringend der Pflege und Erholung. Werden Sie diese hier im Hotel bei fremden Leuten finden?« – »Ich hoffe es, Mylord.« – »Ja, Sie hoffen es, aber diese Hoffnung wird eine vergebliche sein. Ein mexikanisches Gasthaus ist kein Aufenthalt für einen Kranken. Ich bitte Sie daher, mit meiner Wohnung vorliebzunehmen.«
Mariano blickte schnell auf. Es leuchtete ein Blitz des Glücks aus seinen Augen.
»Mylord«, erwiderte er, »ich bin ein armer, ausgestoßener Mann; ich darf es nicht wagen, von Ihrer Güte Gebrauch zu machen.« – »Tun Sie das immerhin, mein Freund. Herr Sternau hat mir von Ihrem Schicksal einiges mitgeteilt, und das veranlaßt mich gerade erst recht, Ihnen zu beweisen, daß Sie zwar arm, aber doch nicht ausgestoßen sind. Wollen Sie?«
Mariano blickte überlegend nach Sternau hin. Dann sagte er: »Ich möchte mich nicht gern von meinem Freund trennen, Mylord.«
Der Engländer antwortete mit einem Lächeln:
»Was das betrifft, so versteht es sich ja von selbst, daß Herr Sternau mit Ihnen kommt. Auch Herr Helmers, der bei Ihnen ist, wird sich vielleicht bereit finden lassen, das Hotel mit meiner Wohnung zu vertauschen. Nicht?«
Diese Frage war an Sternau gerichtet. Dieser trat erfreut zu dem Lord heran, streckte ihm die Hände entgegen und erwiderte mit einem Leuchten seiner treuen Augen:
»Mylord, das ist mehr als Gastlichkeit. Gott vergelte es Ihnen! Wir kommen!«
»Aber so bald wie möglich, meine Herren! Ich verlasse Sie jetzt, um Ihnen einen Wagen zu senden. Adieu!«
Dann ging der Lord, und Sternau begleitete ihn bis vor die Tür. Als letzterer sein Zimmer wieder betrat, fand er Mariano auf dem Sofa sitzend und mit Tränen in den Augen.
»Was ist Ihnen?« fragte er besorgt. – »Nichts, mein Freund«, antwortete der Spanier. »Es sind Tränen des Glücks. Ich hatte eine solche Bangigkeit, wie der Lord Amys Eröffnung aufnehmen werde.« – »Nun, Sie sehen, daß er Ihnen wenigstens nicht zürnt, mein Lieber.« – »Ja, und das habe ich Ihnen zu verdanken. Ich ahnte ja, daß er zu Ihnen kam, um sich nach mir zu erkundigen. Zürnen Sie mir ob meiner Tränen nicht. Ein Kranker gibt sich sowohl dem Schmerz als auch der Freude leichter hin als ein Gesunder. Und Freude habe ich, nein, noch mehr: Ich fühle mich entzückt und selig darüber, daß dieser Mann mir nicht zürnt, daß er so lieb und mild zu mir gesprochen hat.«
Nach einiger Zeit fuhr eine glänzende Equipage vor, um Sternau, Mariano und Helmers nach dem Palast des Lords zu bringen. Dieser war einer der prächtigsten Palazzis der Stadt und hatte eine Menge der herrlichsten Zimmer. Die drei Gäste erhielten Wohnungen, mit denen ein König hätte zufrieden sein können, und die Bedienung war bemüht, jeden ihrer Wünsche auf das beste und schnellste zu erfüllen.
Mariano konnte nicht ausreiten, und der brave Helmers war kein Pferdebändiger; er hatte während seines Lebens kaum zehnmal auf einem Pferd gesessen, aber der Doktor Sternau mußte bereits am nächsten Tag mit dem Lord auf die Alameda reiten, und dort erregte er nicht geringes Aufsehen.
Der Lord hatte ihm das beste Pferd seines Marstalls anvertraut. Seine hohe, imposante Gestalt zog die Augen aller auf sich, und als er sich, von so vielen Blicken geradezu dazu aufgefordert nun auch als Reiter kühn und gewandt zeigte, da lächelte Lindsay sehr zufrieden und sagte zu ihm:
»Ich mache Effekt mit Ihnen. Sehen Sie das Fächerspiel der Damen, Herr Sternau?« – »Ich habe meine Dame, Mylord«, antwortete Sternau ernst – »Oh, man nimmt es hier nicht so genau!« – »Desto genauer nehme ich es!« – »So beabsichtigen Sie nicht, einen dieser Mexikaner eifersüchtig zu machen?« – »Ich verzichte darauf.« – »Nun, wollen sehen, ob Sie wirklich so hieb- und stichfest sind. Jetzt aber wollen wir die Gelegenheit benützen. Ich werde Sie einigen dieser eleganten Reiter und Reiterinnen vorstellen.«
Dies geschah, und es war den Mexikanern anzusehen, daß sie sich wunderten, daß ein deutscher Arzt eine so noble Haltung besitzen könne. Als die beiden heimkehrten, brachten sie eine ganze Menge Einladungen mit, und in Zeit von nur einigen Tagen sprachen alle Damen der Aristokratie mit Vorliebe von dem ritterlichen Deutschen, der alle Mexikaner tief in den Schatten stellte.
3. Kapitel
Um diese Zeit war es, als Josefa Cortejo in ihrem Zimmer auf der Hängematte lag. Sie rauchte eine jener Zigaretten, die die Mexikanerinnen so außerordentlich lieben, und hatte ein Buch in der Hand, in dem sie aber nicht las. Ihre Eulenaugen ruhten nicht auf den Buchstaben, sondern sie blickte wie abwesend in die weite Ferne. Sie dachte an Graf Alfonzo, den Geliebten, der ihr vor seiner Abreise die Ehe versprochen hatte, ohne sie doch zu lieben. Sie dachte ferner der schönen, feurigen Spanierinnen und wie leicht es sei, daß er eine finden könne, die imstande sei, ihn zu fesseln. Da trat ihr Vater ein, mit Falten auf der Stirn und einem Brief in der Hand. »Hast zu Zeit?« fragte er. – »Für Wichtiges immer«, antwortete sie. – »Es ist wichtig.« – »Für dich?« – »Auch für dich! Die Post ist angekommen, und unter den übrigen Sachen finde ich einen Brief meines Bruders.«
Im Nu sprang Josefa aus der Hängematte und streckte die Hand nach dem Brief aus.
»Gib her! Wie steht es drüben?« – »Hm! Schlecht und gut! Alfonzo ist in Paris und auch in Deutschland gewesen.« – »Ah! Was wollte er dort?« – »Dieses schlimmen Doktor Sternaus wegen. Dieser Mensch ist doch nur unseres Unheils wegen nach Spanien gekommen. Er ist unser ärgster Feind und schlimmster Gegner.«