Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2. Karl May

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Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2 - Karl May

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sehr gut kennengelernt.«

      Josefa biß sich erzürnt auf die Lippe, denn sie verstand den Doppelsinn dieser Worte nur zu gut, dennoch sagte sie in ihrem freundlichsten Ton:

      »Wollte Gott, Sie hätten unseren guten Grafen Emanuel retten können, Señor.« – »Ja, ich gäbe vieles, sehr vieles darum, Señorita.« – »Woran starb er? Ich glaube an einem unglücklichen Fall?« – »Ja, dieser Fall war allerdings ein sehr unglückseliger.«

      Auch in diesen Worten lag ein Doppelsinn, den Cortejo und seine Tochter gar wohl verstanden.

      »So haben Sie doch auch Gräfin Rosa kennengelernt?« forschte Josefa eifrig weiter. – »Gewiß. Sie ist jetzt meine Frau.«

      Sternau war überzeugt, daß beiden dies bereits bekannt sei, trotzdem sie sich den Anschein der allerhöchsten Überraschung gaben.

      »Was Sie sagen, Señor!« rief nämlich Cortejo, und Josefa fragte: »Ist das denn möglich?« – »Oh, der Liebe ist alles möglich, Señorita«, lächelte Sternau. »Man mag in Spanien allerdings etwas strenger auf die Abgeschlossenheit des Standes halten als in meinem Vaterland. Wir aber sind in letzterem vermählt worden.« – »So hat Condesa Rosa ihr Vaterland verlassen?« – »Ja.« – »Und Graf Alfonzo gab dies zu?« – »Er hat es nicht gehindert«, antwortete Sternau gleichgültig. »Sie kennen Graf Alfonzo auch?« – »Natürlich! Er war ja seit seiner frühesten Jugend bei uns in Mexiko.« – »Ja, wirklich, ich dachte nicht daran.« – »Es wurde uns geschrieben, daß Condesa Rosa gefährlich erkrankt sei.« – »Sie ist vollständig geheilt, Señorita. Aber entschuldigen Sie! Dort winkt mir Lord Lindsay. Er wird gewiß die Absicht haben, mich jemand vorzustellen.«

      Sternau erhob sich, um sich zu entfernen, und die beiden standen gleichfalls auf.

      »Das ist ein wunderbarer und sehr lieber Zufall, einen Señor hier zu treffen, der Rodriganda kennt«, sagte Cortejo dabei. »Würden Sie uns gestatten, Sie einmal bei uns zu sehen?« – »Ich stehe mit Vergnügen zu Gebote.« – »Oder Sie einmal bei Lord Lindsay zu besuchen?« fügte Josefa bei. »Ich bin glücklicherweise mit Miß Amy sehr eng befreundet.« – »Es soll mir ein Vergnügen sein, Sie bei mir zu sehen!«

      Sternau verbeugte sich und entfernte sich. Vater und Tochter aber warteten, bis er ihren Augen entschwunden war, und dann sagte Josefa:

      »Caramba, er war es!« – »Ja, er war es!« murmelte auch Cortejo. – »Hast du ihn genau betrachtet?« – »Sehr genau.« – »Nun?« – »Er ist ein Gegner, den man nicht unterschätzen darf.«

      Josefa blickte ihren Vater fast verächtlich von der Seite an und antwortete:

      »Den man nicht unterschätzen darf? Du sprichst eigentümlich. Ich sage dir, das ist ein Gegner, der allerdings vielleicht hundert Männern gewachsen ist, ob aber einem Weib, das soll und wird sich zeigen. Diese Gestalt, diese Stirn, dieses Auge! Jetzt begreife ich Rosa, daß sie ihn liebt! Wie ruhig er sprach! Und doch kennt er uns, doch weiß er alles, doch ist er in irgendeiner feindseligen Absicht nach Mexiko gekommen. Nun, er muß untergehen, es geht nicht anders, wenngleich er mir auch leid tut und ein Feind ist, für den man schwärmen könnte.« – »Du schwärmst ja bereits! Wie konntest du sagen, daß wir ihn besuchen wollen.« – »Glaubst du wirklich, daß er zu uns kommt? Wenn wir ihn ausforschen wollen, so müssen wir zu ihm.« – »Er wird zu uns kommen. Er sieht ganz aus wie ein Mann, dem es ein Kleines ist, in die Höhle des Löwen zu gehen. Wenn ich nur wüßte, was er in Mexiko will.« – »Wir werden es erfahren, denn wir werden ihn bereits morgen besuchen.« – »Bist du toll? Nachdem die Engländerin dich in dieser Weise abgefertigt hat?« – »Daran denke ich nicht, wenn es sich um eine solche wichtige Angelegenheit handelt.« – »Ich begleite dich nicht!« – »So gehe ich allein«, sagte sie trotzig. – »Ich glaube fast, daß du dies tun würdest.« – »Ich tue es sicher. Aber ich weiß, daß du mitgehst. Wir müssen ihn aushorchen, wir müssen alles erfahren, alles, um zu wissen, mit welcher Waffe er anzugreifen ist.«

      Während beide so von Sternau sprachen, wurde dieser von dem Lord gefragt:

      »Nun, wie finden Sie das Paar?« – »Habicht und Eule, nur daß hier die Eule mehr Courage und Energie besitzt als der Habicht.« – »Sie halten also beide für dessen fähig, wessen wir sie beschuldigen?« – »Ganz gewiß. Diese Gebrüder Cortejo sind einander vollständig ebenbürtig. Aber, Mylord, verderben wir uns diesen Abend nicht mit dem Gespräch über solche Menschen. Es ist genug, daß man sie sieht.« – »Wurden Sie nicht eingeladen?« – »Ja.« – »Und werden Sie gehen?« – »Jedenfalls, wenn sie nicht etwa vorher mich aufsuchen.« – »Sie sind des Teufels! Haben Sie etwa davon ein Wort fallenlassen?« – »Nicht ich, sondern die Dame. Sie behauptet, mit Miß Amy sehr befreundet zu sein.«

      Der Lord zuckte die Schultern und wandte sich ab. Auch Sternau gab sich während des ganzen Abends Mühe, nicht mehr in die Nähe Cortejos und Josefas zu kommen, aber noch während der Nacht träumte es ihm von Eulen und Ungeziefer, mit denen er zu ringen hatte.

      6. Kapitel

      Bereits am anderen Morgen öffnete der Diener die Tür und meldete Señor und Señorita Cortejo. Sternau wollte seinen Ohren nicht trauen, mußte ihnen aber endlich doch Glauben schenken, als seine Augen ihm die Wahrheit des Gehörten bestätigten: Cortejo trat mit seiner Tochter ein.

      »Verzeihen Sie, Señor Sternau«, sagte er, »daß wir Sie so bald aufsuchen. Josefa hatte so große Sehnsucht, etwas aus ihrer Heimat zu hören. Wir haben sehr lange Zeit keine Nachricht von dort erhalten, und so machen wir von ihrer freundlichen Erlaubnis Gebrauch.«

      Sternau bemeisterte seinen Ärger und bewillkommnete sie mit möglichster Höflichkeit. Das Examen, das er zu erwarten hatte, begann sofort, nachdem sie Platz genommen hatten.

      »Sie sind in Verakruz gelandet?« fragte Cortejo. – »Ja, Señor.« – »Mit welcher Gelegenheit?« – »Per Dampf, antwortete Sternau kurz. – »Ich nehme an, daß Sie an Lord Lindsay empfohlen waren?« – »Ich lernte Miß Amy in Rodriganda kennen.« – »Ah«, sagte Josefa überrascht, »sie ist eine Freundin von Condesa Rosa gewesen?« – »Gewiß.« – »War das Leben in Rodriganda ein gesellschaftlich bewegtes, Señor?« – »Ich habe das strikte Gegenteil gefunden.« – »Das glaube ich nicht. Sie sagen, Miß Amy sei zugegen gewesen, und in einem Brief an uns wurde ein französischer Offizier erwähnt. Ich glaube aus diesem Grund, daß man nicht einsam gelebt hat«

      Sternau merkte sehr wohl, daß er jetzt über Mariano ausgefragt werden solle.

      »Ja, es war fast einsam«, sagte er kalt. – »Aber diesen Offizier lernten Sie auch kennen?« – »Ja.« – »Können Sie sich seines Namens erinnern?« – »Er nannte sich Alfred de Lautreville.« – »Und war er lange in Rodriganda?« – »Einige Tage.« – »Dann kehrte er nach Frankreich zurück?« – »Hm! Er reiste ab, ohne uns das Ziel zu nennen, Señorita.«

      Josefa sah, daß Sternau so nicht zu fassen war. Er sagte ihr zwar keine direkte Unwahrheit, aber er gab ihr auch die gewünschte Auskunft nicht. Sie stand eben im Begriff, eine neue Frage zu formulieren, als Helmers eintrat. Dies war Sternau sehr lieb. Er konnte sich somit auf kurze Zeit entfernen, da Helmers als Seemann genug Spanisch gelernt hatte, um sich leidlich verständlich machen zu können. Er stellte daher den Seemann vor und entfernte sich unter einem schnell gesuchten Vorwand.

      Dann eilte er zu dem Lord, bei dem er Amy und Mariano fand.

      »Was bringen Sie?« fragte ersterer. »Sie treten ja in einer ganz besonderen Eile ein.« – »Ich bringe Ihnen die Bestätigung meiner gestrigen Mutmaßung; Cortejo ist da.« – »Unmöglich! Bei Ihnen?« – »Ja, er und seine Tochter.«

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