Waldröschen IX. Erkämpftes Glück. Teil 2. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Waldröschen IX. Erkämpftes Glück. Teil 2 - Karl May страница 11
»Warum antwortetest du nicht?« fragte Cortejo. – »Weil ich weiter nichts weiß.« – »So! Und das andere wußtest du so rasch.« – »O Señor, es kommt sehr viel auf den Frager an, ob man etwas schnell vergißt oder nicht.«
Bei diesen Worten drehte der Mann sich um und schritt zur Tür hinaus.
Cortejo blickte Landola an.
»Was war das?«
Landola zuckte anstatt der Antwort mit den Achseln.
»Ich wette meinen Kopf, daß er es wußte und es doch nicht sagte.« – »Ihr seid selbst schuld.« – »Ich? Inwiefern?« – »So eine weitfahrende Teerjacke pflegt kein Dummhut zu sein.« – »Was hat dies mit meiner Frage zu tun?« – »Sehr viel. Ihr wart zu unvorsichtig.« – »Nicht daß ich wüßte!« – »Und doch. Ihr wart ja förmlich erpicht, etwas über Rodriganda zu hören. Ihr habt den Kerl mit den Augen fast verschlungen.« – »Unsinn!« – »Ich habe Euch beobachtet, es ist so.« – »Ich weiß nichts davon.« – »Wenn Ihr Euch nicht anders beherrschen könnt, so ist es besser, Ihr überlaßt das Fragen mir. Sonst verratet Ihr Euch.« – »Das geht nicht. Aber wenn es wirklich so ist, wie Ihr sagt, so werde ich mich auch in acht nehmen.« – »Das rate ich Euch sehr an. Ihr habt ja gehört, wie die Sachen stehen. Oder nicht?« – »Hm. Dieser Kapitän hat den Grafen befreit.« – »Und nach Indien gebracht. Hier ist mir nur eins unklar.« – »Was?« – »Hier hat der Graf diesen Dampfer gekauft. Der kostet Geld.« – »Allerdings«, meinte Cortejo. »Woher hat er dasselbe?« – »In der Sklaverei erarbeitet jedenfalls nicht.« – »Vielleicht dem Sultan gestohlen?« – »Dem Sultan gestohlen und doch entkommen! Das klingt unwahrscheinlich.« – »Wir werden es erfahren.« – »Mit diesem Dampfer sind sie nach Australien gefahren, um die anderen zu holen. Wen habe ich unter diesen anderen zu verstehen?« – »Doch Sternau und die Seinen.« – »Das denke ich auch.« – »Aber wie konnte der Graf in diesem abgeschlossenen Harrar etwas von Sternau erfahren.« – »Zumal ich Sternau auf eine Insel gesetzt habe, die kein Mensch kannte. Das ist wahrlich unbegreiflich.« – »Wir werden auch das erfahren.« – »Aber ich muß bitten, sehr vorsichtig zu sein. Ihr habt dem Kapitän bereits gesagt, daß Ihr Sachwalter des Grafen Rodriganda seid. Wie wollt Ihr Euch aus dem Loch helfen, in das Ihr aus eigener Schuld gefallen?« – »Das wird nicht schwer sein.« – »Wieso?« – »Ich kann doch das Vertrauen des Grafen Alfonzo besitzen, ohne gerade ein Feind der anderen zu sein!« – »Es wird sich empfehlen lassen, wenn wir den alten Grafen Emanuel gekannt haben.« – »Gut, dieser Gedanke reicht hin. Ich hoffe, daß wir von den Plänen Sternaus so viel erfahren, als für uns nötig ist, rasch zum Ziel zu kommen.«
Als der Kessel den nötigen Dampf besaß, nahm der Dampfer die Anker auf und wandte sich der See zu. Der Kapitän stand auf der Kommandobrücke, bis man offenes Meer hatte und die Fahrt frei war, dann stieg er herab, um die Führung dem Steuermann zu überlassen.
Da trat Peters zu ihm, legte die Hand an den Hut und sagte:
»Kapt‘n!« – »Was willst du, mein Junge?« fragte Wagner, der gewohnt war, mit seinem Seevolk in der leutseligsten Weise zu verkehren. – »Die Passagiere.« – »Na, was ist mit ihnen?« – »Hm! Fürchterlich neugierig!« – »So, so! Was wollten sie wissen?« – »Alles vom Schiff.« – »Tut ja nichts.« – »Und vom Grafen Rodriganda.« – »Auch das tut nichts, mein Sohn.« – »War mir aber doch auffällig. Der eine fragte, und der andere sperrte das Maul wie ein Walfisch auf.« – »Das ist leicht erklärlich. Sie kennen beide den Grafen Rodriganda.« – »Ach so!« – »Hast du sonst noch etwas?« – »Nein.« – »So schicke sie einmal zu mir und sage dem Koch, daß sie in meiner Kajüte mit mir essen werden.«
Peters ging. Sobald ihn aber der Kapitän nicht mehr zu sehen vermochte, brummte er zwischen den Zähnen:
»Also sie kennen den Grafen. Gefallen mir aber doch nicht. Sie sehen beide gerade so aus, als wenn ein Seeräuberschiff die Kanonenluken maskiert, um für einen Kauffahrer angesehen zu werden. Kann auf keinen Fall schaden, wenn ich ein wachsames Auge auf sie habe.« Der gute Peter gehörte zu jenen Leuten, die sich unmöglich verstellen können, dafür aber auch ein instinktives Gefühl für jede Falschheit besitzen. Als er in die Kajüte trat, meinte er in einem Ton, der zwar höflich sein sollte, aber fast wie ein Befehl klang:
»Zum Käpt‘n, Señores! Aber schnell!« – »Wo ist er?« fragte Landola. – »In seiner Kajüte.« – »Gut! Werden gehen!« – »Wird gut sein, die Legitimationen mitzunehmen.«
Mit diesem Wink stieg Peters wieder davon. Dann aber stellte er sich abseits, um die beiden zu beobachten. Ein anderer Matrose kam und fragte:
»Was gibt‘s hier, Peters? Stehst doch da wie die Katze vor dem Rattenloch.« – »Ist‘s auch!« lautete die kurze Antwort. – »Lauerst wirklich auf eine Ratte?« – »Ja, auf zwei.« – »Ah! Die Landratten?« – »Hast‘s erraten. Paß auf!« – »Was denn?« – »Wirst‘s sehen und hören.«
Die beiden Männer waren beim Schein der Decklaternen deutlich zu erkennen. Landola schritt voran, und Cortejo folgte ihm.
»Siehst du es?« fragte Peters seinen Kameraden. – »Was?« – »Daß der eine ein Seemann ist?« – »Ah! Weshalb?« – »Habe es ihm am Auge angesehen. Ein Seemann hat ein anderes Auge als eine Landratte. War bei Ihnen, um sie zum Kapt‘n zu bestellen. Zwei Landratten hätten gefragt, wo die Kajüte ist.« – »Vielleicht sind sie bereits viel gefahren.« – »Tut nichts. Auf unserem Deck waren sie noch nicht. Nur ein erfahrener Seewolf findet auf einem fremden Privatdampfer und im Dunkel des Abends die Kapitänskajüte.« – »Warum aber beobachtest du das?« – »Weiß es selbst nicht. Kann die Kerle nicht leiden.«
5. Kapitel
Landola hatte nicht geahnt, daß der gute Peters einen solchen instinktiven Scharfsinn besitzen könne, sonst hätte er sich anders benommen.
Als sie in die Kajüte traten, saß Wagner bei einem Glas Wein. Er empfing sie mit freundlicher Miene und sagte:
»Noch einmal willkommen an Bord, Señores! Lassen Sie uns zunächst die unliebsamen Formalitäten erledigen. Ich habe es Ihnen nicht eigens sagen lassen, aber ich denke, daß Sie Ihre Papiere bei sich haben.« – »Wir haben daran gedacht, Señor Capitano«, meinte Cortejo, indem er die beiden Pässe hervorzog.
Wagner nahm sie, ging sie durch und gab sie wieder zurück.
»Eigentlich bin ich angehalten, die Legitimationen unter Verschluß zu nehmen«, sagte er. »Aber ich glaube, heute nicht so penibel sein zu brauchen. Hier nehmen Sie und setzen Sie sich nieder!«
Die beiden Männer nahmen mit einer Verbeugung Platz. Es entspann sich ein Gespräch, das, wie es zwischen Leuten, die sich zum ersten Male sehen, herzugehen pflegt, zunächst einen langsamen Gang hatte, dann aber, als der Koch das Abendmahl schickte und der Wein seine erheiternde Wirkung ausübte, animierter wurde.
Sowohl Cortejo als auch Landola sehnten den Augenblick herbei, da der Kapitän das Gespräch auf Rodriganda bringen werde. Er kam lange nicht, aber endlich doch.
»Sie sagten, als ich Sie empfing, Don Antonio, daß Sie der Sachwalter des Grafen Rodriganda seien«, begann Wagner. »Habe ich so recht verstanden?« – »Sie haben richtig verstanden, Señor«, antwortete der Gefragte. – »Sie kennen also die Familie des Grafen Rodriganda?« – »Sehr gut.« – »Ich habe Veranlassung, einiges Interesse an dieser Familie zu nehmen. Können Sie mir sagen, aus welchen Gliedern dieselbe jetzt besteht?« – »Ich gebe Ihnen mit großem Vergnügen Auskunft. Es sind heute leider nur noch zwei Glieder