Winnetou 3. Karl May

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Winnetou 3 - Karl May

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mich wirken, und ich hätte wetten mögen, daß sie aus lauter Yankees bestanden, denen das Leben eines ›Niggers‹, wenn er noch dazu nicht ihr eigener Diener ist, so viel wie eine taube Nuß gilt.

      Er musterte unsern kleinen Trupp, rief einige Worte zurück, und sofort saßen alle auf ihren Pferden und hatten die Waffen zur Hand.

      »Vorwärts, Bob; legitimiere uns!« gebot ich dem Neger.

      Er setzte sich in Dauerlauf, und wir folgten ihm in einem guten Schritte. Als Marshal seinen Diener erkannte, war aller Argwohn verschwunden; die Gesellschaft stieg wieder ab und erwartete uns in friedlicher Haltung. Wir hatten Bob nur einen geringen Vorsprung gelassen und vernahmen also seine Meldung, welche er dem Juwelier zurief.

      »Nicht schießen, Massa, nicht stechen; sehr gut‘ schön‘ Männer kommen; Massa Charley sein, der totschlagen bloß Indsmen und Spitzbub, aber laß leben Gentleman und Nigger!«

      »Charley, ist‘s möglich!« rief der Überraschte und fixierte mich einen Augenblick.

      Ich hatte mich in seiner Heimat etwas mehr gentlemanlike getragen, als es in der Savanne möglich ist; ein Gesicht mit einem nur kleinen Bärtchen erkennt man nach Monaten nicht sofort wieder, wenn es sich hinter einem verwilderten Vollbart verbirgt; und da er mich überdies in meinem gegenwärtigen Habitus noch nie gesehen hatte, so nahm ich es ihm gar nicht übel, daß er mich nicht schon von weitem erkannte. Jetzt aber war ich ihm vielleicht nur dreißig Pferdelängen nahe gekommen, und nun sah er, daß Bob ihn recht berichtet hatte. Im Nu war er bei mir und reichte mir die Hand vom Pferde herüber.

      »Charley, ist‘s wahr? Seid Ihr es wirklich? Ich denke, Ihr wolltet nach Fort Benton und den Schneebergen! Wie kommt Ihr herab nach dem Süden?«

      »War auch oben, Bernard, schien mir aber zu kalt und bin daher ein klein wenig heruntergerückt. Übrigens Gott zum Gruß hier in dem Estaccado! Wollt Ihr mich Euren Kameraden vorstellen?«

      »Natürlich! Charley, ich sage Euch, tausend Dollars sind mir nicht so lieb als Eure Gegenwart. Steigt ab, und tretet näher!«

      Er nannte den Männern meinen Namen und mir die ihrigen und stürmte dann mit tausend Fragen, die ich ihm so gut wie möglich beantwortete, auf mich ein. Die Andern waren lauter Yankees, fünf Voyageurs der Pelzkompagnie mit ganz vortrefflicher Ausrüstung und drei Personen, welche sich so mit Waffen behangen hatten, daß sie keine Westmänner sein konnten; jedenfalls waren es die Kaufleute, von denen Bob gesprochen hatte, die ich aber mehr für Abenteurer hielt, welche nach dem Westen gingen, um ihr Glück auf irgend eine ehrliche oder unehrliche Weise zu suchen. Der älteste der Voyageurs, der mir als Williams genannt wurde, war der Anführer der Truppe und schien mir ein ganz passabler ›Waschbär‹ zu sein, wie man sich im Westen auszudrücken pflegt. Er wandte sich, als die ersten, nicht viel bedeutenden Fragen Bernards beantwortet waren, an mich. Der kleine Sam schien keinen imponierenden Eindruck auf ihn zu machen.

      »Wir wissen jetzt so ungefähr, wer ihr seid und woher ihr kommt; nun laßt uns auch erfahren, wohin ihr wollt!«

      »Vielleicht nach dem Paso del Norte, vielleicht auch wo anders hin, Sir, je nachdem wir Beschäftigung bekommen.«

      Ich hielt es nicht für nötig, ihm mehr zu sagen, als er vorläufig zu wissen brauchte.

      »Und was ist eure Beschäftigung?«

      »Uns ein wenig in der Welt umzusehen.«

      »Lack-a-day, das ist eine Arbeit, bei der man keine Langweile hat, trotzdem man sich dabei nicht anzustrengen braucht. Da müßt Ihr jawohl ein sehr wohlhabender, wo nicht gar ein reicher Mann sein; man sieht das auch Euren blanken Waffen an!«

      Mit dieser Vermutung befand er sich allerdings auf dem Glatteise, denn ich besaß eben nur diese Waffen und nebenbei einige Kleinigkeiten, die ich daheim gelassen hatte. Auch gefiel mir die Frage nicht, und noch weniger der lauernde Blick und der halb spöttische, halb hastige Ton, mit dem sie ausgesprochen wurde. Der Mann war sehr unvorsichtig und flößte mir trotz seines wohlbeschaffenen Äußern kein Vertrauen ein; ich beschloß, ihn scharf aufs Korn zu nehmen, und antwortete daher weder bejahend noch verneinend:

      »Ob arm, ob wohlhabend, das ist in dem Estaccado so ziemlich gleich, sollte ich meinen.«

      »Da habt Ihr Recht, Sir. Noch vor einer halben Stunde waren wir alle am Verschmachten, und nur ein reines Mirakel hat uns gerettet, ein Wunder, wie es hier noch niemals vorgekommen ist.«

      »Welches?«

      »Der Regen natürlich. Oder kommt ihr vielleicht aus einer Richtung, in welcher er euch nicht treffen konnte?«

      »Er hat uns getroffen, denn wir haben ihn ja erst fertig gemacht.«

      »Fertig gemacht? Was wollt Ihr damit sagen, Sir?«

      »Daß wir ebenso verschmachtet waren, wie Ihr, und erkannten, daß wir nur dann Rettung finden konnten, wenn wir Wolken, Blitz und Donner machten.«

      »Hört, Master Schlabbermaul, ich will nicht hoffen, daß Ihr uns für Leute haltet, denen man einen Bären für einen Wipp-poor-will geben kann, sonst würde es nach wenigen Augenblicken mit Eurer Haut sehr schlecht beschaffen sein. Ihr wart gewiß einmal da drüben in Utah am großen Salzsee und gehört zu den ›Heiligen der letzten Tage‹, die auch so ähnliche Wunder tun wie Ihr.«

      »Allerdings war ich einmal drüben, habe es jetzt aber nicht mit den letzten Tagen, sondern zunächst mit dem heutigen Tage und mit Euch zu tun. Werdet Ihr uns beiden erlauben, uns Euch anzuschließen?«

      »Warum nicht? Besonders da Ihr mit Master Marshal bekannt seid. Wie kommt es denn, daß Ihr Euch zu zweien in den Llano Estaccado wagt?«

      Ich folgte meinem Mißtrauen, indem ich mich leichtsinnig und unerfahren stellte:

      »Was gibt es da zu wagen? Der Weg ist abgesteckt; man geht also hinein und kommt glücklich wieder heraus.«

      »Good lack, seid Ihr rasch fertig! Habt Ihr einmal von den Stakemen etwas gehört?«

      »Was sind das für Leute?«

      »Da hat man es! Ich will nicht von ihnen reden, denn man soll den Teufel nicht an die Wand malen; aber das sage ich Euch: wer zu zweien sich in den Estaccado wagt, der muß ein Kerl sein wie Old Firehand, Old Shatterhand, oder so klug und schlau wie Sans-ear, der alte Indsmentöter. Habt Ihr vielleicht einmal von einem dieser Leute gehört?«

      »Möglich, habe es aber wohl wieder aus der Acht gelassen. Wie lange werden wir noch reiten, ehe wir aus dem Estaccado herauskommen?«

      »Zwei Tage.«

      »Natürlich sind wir auf der rechten Straße?«

      »Warum sollten wir es nicht sein?«

      »Weil es mir vorkam, als ob die Pfähle plötzlich nach Südost statt nach Südwest gingen.«

      »Das kann wohl Euch so vorkommen, nicht aber einem alten, erfahrenen Voyageur, wie ich bin. Ich kenne den Estaccado wie meinen Kugelbeutel.«

      Mein Verdacht wurde größer. War er wirklich so erfahren, so mußte er sicher wissen, daß er aus der Richtung geraten war. Ich beschloß, ihn noch etwas näher anzulaufen.

      »Wie kommt es, daß die Kompagnie Euch so tief nach dem Süden schickt? Es scheint mir, daß es mehr Pelzwerk im Norden gibt als hier.«

      »Was Ihr weise und klug seid!

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