Anna Karenina, 1. Band. Лев Николаевич Толстой
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„Ah, erlaubt, daß ich Euch bekannt mache,“ sagte er.
„Meine Amtsbrüder; Philipp Iwanitsch Nikitin – Michail Stanislawitsch Grinjewitsch“ – und fuhr hierauf fort, zu Lewin gewendet, „ein Landrichter, ein noch unverdorbener Mensch der Natur, ein Gymnast, der mit einer Hand fünf Pud aufhebt, der Vieh züchtet und jagt und mein Freund ist, Konstantin Dmitriewitsch Lewin, ein Bruder von Sergey Iwanowitsch Koznyscheff.“
„Sehr angenehm,“ antwortete der Alte.
„Ich habe wohl die Ehre, Ihren Herrn Bruder zu kennen, den Sergey Iwanowitsch,“ sagte Grinjewitsch, seine feine Hand mit den langen Nägeln Lewin reichend.
Dieser verzog das Gesicht, drückte ceremoniell die dargereichte Hand und wandte sich hierauf sogleich an Oblonskiy. Obwohl er eine hohe Achtung vor seinem in ganz Rußland bekannten einzigen Bruder, welcher Schriftsteller war, hegte, so vermochte er es doch nicht zu ertragen, wenn man sich an ihn nicht wie an Konstantin Lewin wandte, sondern an den Bruder des berühmten Koznyscheff.
„Nein, nein, ich bin kein Landrichter mehr; ich habe mit alledem gebrochen und werde zu keiner Bauernversammlung mehr fahren,“ sagte er, sich an Oblonskiy wendend.
„So schnell ist das gegangen!“ antwortete Oblonskiy lächelnd, „aber wie ist das geschehen, und weshalb?“
„Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir schon einmal erzählen,“ versetzte Lewin, begann aber dabei schon im Augenblick zu berichten.
„Mit kurzen Worten; ich habe mich überzeugt, daß es keinen Wirkungskreis für den Semstwo mehr giebt oder geben kann,“ sagte er in einem Tone, als habe ihn soeben jemand beleidigt. „Einerseits ist er eine Spielerei; man spielt Parlament, und ich bin weder jung genug hierzu noch hinlänglich bejahrt, um an Spielzeugen Gefallen zu finden, andrerseits“ – er gähnte – „ist er ein Mittel für die sogenannte Clique des betreffenden Landkreises, Geld zu verdienen. Früher gab es Vormundschaften, Gerichte, jetzt existiert das Semstwo, nicht unter der Flagge von Sportelschneiderei, sondern der des unverdienten Gehalts,“ sprach er so hitzig, als habe jemand von den Anwesenden seine Meinung schon bestritten.
„Aha, da bist du ja, wie ich sehe, wiederum in einem neuen Entwicklungsstadium, in dem des Konservatismus,“ sagte Stefan Arkadjewitsch. „Indessen, wir wollen doch später mehr hierüber sprechen.“
„Ja wohl. Später. Ich habe dich indessen einmal sehen müssen,“ antwortete Lewin, scheel auf die Hand Grinjewitschs blickend.
Stefan Arkadjewitsch lächelte kaum merklich.
„Sagtest du nicht auch einmal, daß du nie und nimmermehr einen modernen Anzug anlegen würdest?“ frug er, auf die Garderobe Lewins blickend, dessen Anzug augenscheinlich von einem französischen Tailleur gefertigt war. „Es ist schon so; ich sehe, daß hier eine neue Phase eingetreten ist.“
Lewin errötete plötzlich, doch er errötete nicht so, wie die erwachsenen Leute, also flüchtig, und ohne daß man selbst davon Notiz nimmt, sondern so wie Knaben erröten, welche fühlen, daß sie in ihrer Befangenheit lächerlich werden, und die infolge davon mehr und mehr Scham empfinden, röter und röter werden, und fast in Thränen ausbrechen.
So seltsam war es, dieses verständige, männliche Antlitz in solch einem knabenhaften Zustande zu sehen, daß selbst Oblonskiy abstand, es länger noch anzublicken.
„Aber wo wollen wir uns sehen? Ich muß dich ja so dringend sprechen,“ fuhr Lewin fort.
Oblonskiy schien nachzudenken.
„Machen wir es so: Wir fahren zu Gurin frühstücken und dort können wir uns unterhalten; bis drei Uhr stehe ich zu deiner Verfügung.“
„Nein,“ antwortete Lewin sinnend, „ich muß noch weiter fahren.“
„Gut; dann speisen wir Mittag zusammen.“
„Speisen? Ich will ja gar nichts Besonderes von dir, nur zwei Worte mit dir sprechen, dich etwas fragen; dann können wir uns meinethalben unterhalten.“
„Nun, so sag mir diese zwei Worte und nach dem Mittagessen können wir weiter reden.“
„Die zwei Worte sind diese,“ sagte Lewin, „jedoch – sie haben nichts Besonderes.“ —
Sein Gesicht nahm plötzlich einen zornigen Ausdruck an, welcher von dem Bestreben, seine innere Gepreßtheit zu unterdrücken herrührte.
„Was machen die Schtscherbazkiy? Steht es noch immer bei ihnen wie früher?“ frug er.
Stefan Arkadjewitsch, welcher längst wußte, daß Lewin in seine Schwägerin Kity verliebt war, lächelte fast unmerklich, seine Augen blitzten aber heiter auf.
„Du sagtest mir zwar zwei Worte, ich aber bin nicht imstande, dir mit ebenso viel Worten nur zu antworten, denn – entschuldige auf einen Augenblick“ —
Ein Sekretär trat mit Akten ein und näherte sich Oblonskiy mit freundlicher Ehrerbietung und einem gewissen, allen Sekretären gemeinsamen bescheidenen Selbstbewußtsein, welches hier hervorging aus dem Gefühl der Überlegenheit über seinen Vorgesetzten in der Kenntnis der Amtsgeschäfte. Der Sekretär begann mit fragendem Ausdruck eine Angelegenheit auseinanderzusetzen.
Stefan Arkadjewitsch legte ohne den Sekretär zu Ende zu hören, freundlich seine Hand auf den Arm desselben.
„Nein, nein, Ihr müßt schon so thun, wie ich gesagt habe,“ antwortete er ihm, seine Weisung durch ein Lächeln abschwächend und kurz auseinandersetzend, wie er die Sache auffasse. Er nahm die Akten weg und sagte: „So also macht Ihr es gefälligst wohl, Zacharias Nikitin!“
Verwirrt entfernte sich der Sekretär.
Lewin hatte sich während der Zeit der Beratung mit demselben vollständig wieder von seiner Verlegenheit befreit; er stand jetzt, beide Arme auf einen Stuhl gestützt und auf seinem Gesicht zeigte sich eine ironische Aufmerksamkeit.
„Ich verstehe nicht, verstehe nicht,“ sprach er.
„Was verstehst du nicht?“ frug Oblonskiy, mit sonnigem Lächeln eine Zigarette hervorholend. Er erwartete von Lewin wieder eine seltsame Deduktion.
„Ich verstehe nicht, was Ihr da thut,“ sagte Lewin, die Achseln zuckend. „Wie kannst du das vollen Ernstes thun?“
„Wovon sprichst du denn?“
„Nun, davon, daß – Ihr nichts thut!“
„So denkst du wohl, aber wir sind von Geschäften überhäuft.“
„Von papiernen. Mag sein, du hast eine besondere Anlage dazu,“ bemerkte Lewin.
„Denkst du, daß ich etwa Mangel daran litte?“
„Ist nicht ganz unmöglich,“ antwortete Lewin. Aber nichtsdestoweniger liebe ich deine Erhabenheit hier und bin stolz, daß ich einen so großen Mann zum