Briefe an Ludwig Tieck 3. Various

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Briefe an Ludwig Tieck 3 - Various

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wird jetzt nach 2 Jahren juristischer Studien noch zum Theologen; alle Remonstrationen waren vergebens; es ist bei ihm entschiedne Neigung.

      Max’n haben Sie gewiß schon durch die versprochnen Mährchen erfreut.

      Ich empfehle mich dem geneigten Andenken der Ihrigen und der Frau Gräfin. Möchten Sie mich bald, auch nur mit wenigen Zeilen erfreun.

Ihrtreu ergebnerK. Otfr. Müller.

      IV

Göttingen, 26. Nov. 1821.

      Obgleich es nichts Besonderes und Einzelnes ist, was ich Ihnen zu schreiben hätte, verehrter Freund: so ist es mir doch jetzt schon Bedürfniß geworden, mich von Zeit zu Zeit mit Gedanken und Gefühlen an Sie zu wenden. Mein Leben fließt ohne tiefe Bewegungen so leicht und heiter dahin, daß ich in dem beständigen Fluß der Dinge den Wechsel doch gar nicht merke; indeß kann ich doch von Zeit zu Zeit zurückschauen, und den zurückgelegten Weg überschauen. Eigentlich liebe ich nicht zu reflektiren, was ich gethan und was ich thun soll, sondern überlasse mich dem innern Triebe, den ich für den Leiter meines Daseins halte. Bei dieser sorglosen und harmlosen Art zu existiren bin ich nun freilich gar nicht geeignet, mein Streben und Leben so zu concentriren und zusammenzufassen, wie ich es gern möchte, daß es vor Ihnen erschiene; daher ich für die Unbedeutendheit meiner Briefe ein für allemal um Verzeihung bitte.

      Von Ihnen dringt nach unserm so ganz unpoetischen Göttingen nur bisweilen eine schwache Kunde, die ich stets mit Begierde auffasse. Waren Sie nicht kürzlich mit Ihrer lieben Familie in Stuttgardt? Um so mehr muß ich mich an Ihre Schriften halten, die jetzt wieder reichlicher zu fließen anfangen. Die 2 Bände Gedichte haben wir; den 3ten, den neuen Fr. Sternbald, die Novellen, das Werk über Shakespeare erwarten wir. Wie haben mich die tiefen, langen Töne der Sonnette an Alma bewegt. Aber über wen haben Sie die großen Worte gesprochen in dem Sonnett an einen jüngern Dichter? Ich frage jetzt alle Leute, welche etwas vom Zustande der Poesie wissen, was wir für Hoffnungen hegen dürfen für die Zukunft, und welches die neuen anwachsenden Dichter sind. Ich kenne nur ein Paar. Das biedre, warme Gemüth Uhlands liebe ich, und von der kühnen Kraft Rückerts erwarte ich noch etwas Großes. Aber ich bitte, führen Sie mich zu den mir unbekannten Schätzen. Sehr erfreut hat mich das Sonnett an A. W. Schlegel. Es ist doch empörend, wie undankbar Viele jetzt diesem so umfassenden Geiste begegnen, und wie wenig die Gegenwart seine unermüdete Thätigkeit lohnt. Unser Bouterweck hat aus Wuth gegen Schlegel einen Haß auf die gesammten Indier geworfen. – Ich schrieb einmal, daß der Sanscritamicus Fr. Bopp Sie in Dresden kennen zu lernen wünschte; er ist aber in seiner Reise stecken geblieben, da man ihn in Berlin zum Professor gemacht hat.

      Auch den von Ihnen herausgegebenen Nachlaß von Heinr. v. Kleist haben wir mit Eifer gelesen und die Libation dunkler Wehmuth wie Blutstropfen, auf sein Grab gesprengt. Daß sich nicht wenigstens ein Plan seines Guiscard erhalten hat! —

      Nächster Sommer ist mir zu einer Reise nach England und Frankreich verwilligt worden, die mir für den Augenblick wichtiger ist als die noch verschobne nach Italien. Es wird mich sehr freuen, wenn Sie mir irgend einen Auftrag geben wollen. Ich bleibe 3–4 Monate in London, gehe auch nach Oxford und Cambridge, dann über Paris und vielleicht durch Süddeutschland, was aber nur ein verschwiegner Wunsch ist.

      Mein Buch über die Dorier wird erst hernach erscheinen. Es ist etwas ins Große angelegt, und hält mich stets in der gespanntesten Thätigkeit. Ein Hauptcapitel ist darin Apollon. Ich habe den Gedanken durchgeführt, daß Apoll ursprünglich ein dualistischer Gott sei, ein reiner, starker, zorniger und zugleich helfender Gott, daher Todesgott bei Homer, wo der Tod eine ethische Bedeutung hat, und zugleich das reine Licht, was Spätere verleitete an die Sonne zu denken, der unsichtbar treffende Bogengott und der milde Heiler Päan, der Verderber und Retter, welcher straft und sühnt, daher die Mordsühne unter seiner Obhut steht. Daran knüpft sich dann eine alte Ethik, die die Ruhe und Festigkeit des Gemüthes im Gegensatz jeder trübenden und verwirrenden Leidenschaft als Ziel setzt, die einfache, strenge Harmonie. Diese zu bewirken und herzustellen hat eigentlich die alte apollinische Musik zum Zweck; auch die alten Orakel sind eigentlich nur Götterordnungen, θέμιστες, aussagend, was geschehen muß; diese verkündet Apollon den Menschenwillen zu beugen u. s. w. Denn viel lieber, und mit viel größerem Gewinn für mich spräche ich darüber mit Ihnen, und das möcht’ ich vor der Herausgabe auf jeden Fall. Auch bin ich durch meine Beschäftigungen sehr angeregt, Ihnen von der wunderbaren Vortrefflichkeit der alten Lyrik zu reden, die man erst jetzt recht erkennt.

      Noch muß ich wohl über mein äußeres Fortkommen in der Welt etwas sagen. Die Göttinger Regel mit dem allmäligen Zuwachs der Zuhörerzahl trifft an mir ein; ich habe jetzt in einer Stunde 50, in der anderen 40, was mir immer lieb ist, da man hier den Werth eines Professors, wie in Statistiken, nach diesen Zahlen bestimmt. Der Jurist Eichhorn wiegt 250–30 °Centner; aber es sind auch unter den 1400 Studenten hier die Hälfte Juristen. – Meine auswärtigen Verhältnisse stehn gut; insonderheit hat Creuzer einen mir sehr ehrenvollen Waffenstillstand mit mir geschlossen, wozu wohl besonders der wüthende Angriff des alten Voß mitgewirkt hat, des Fanatikers für die Nüchternheit.

      Ich denke doch, daß dieser Brief Sie zu Dresden, und hoffe, daß er Sie in gutem Wohlsein trifft. Ich empfehle mich wie immer Ihrer werthen Familie, deren Andenken ich mit treuer Anhänglichkeit pflege. Auch meinen Bruder darf ich Ihnen empfehlen.

      Mit inniger Ergebenheit

der IhrigeK. Otfried Müller.

      V

Göttingen, den 10. Juli 23.Mein verehrtester Freund!

      Ich denke eben mit sehr freudiger Erinnerung an die Zeit, da Sie meinen damals noch sehr geringen Autoren-Muth durch den gütigen Antheil belebten, mit dem Sie die einzelnen Bogen meines Buches, die Sie sich geben ließen, gelesen zu haben versicherten. Meine damalige Empfindung ist mir jetzt sehr gegenwärtig, wo ich Ihnen wieder ein Mittelding zwischen Buch und Manuskript, eine Anzahl Bogen ohne Titel, Vorrede u. s. w. zusende, die erst dazu kommen sollen, wenn ich in diesem Herbste den dazugehörigen zweiten Theil vollendet haben werde. Doch bilden sie so schon ein Ganzes, wenigstens ein Halbes, und namentlich ist das zweite Buch darin für sich abgeschlossen; und am Ende war, was Sie damals lasen, ja noch vielmehr ein bloßer Anfang oder auch das nicht einmal. Ich eile aber so es Ihnen zu schicken, weil ich mich sehr sehne zu erfahren, ob die Richtung meiner Arbeiten, die damals noch mir selbst sehr dunkel und fast unbewußt war, jetzt mit einiger Schärfe und Präcision ausgesprochen Ihnen auch noch zusagt. – Doch ich muß Ihnen wenigstens den fehlenden Titel auch schreiben. Es ist eine Fortsetzung der sogenannten Geschichten Hellenischer Stämme, und hat den Volksstamm der Dorier zum Gegenstande, wovon das vor Ihnen liegende die erste Abtheilung ist, die die äußere Geschichte bis zum Peloponnesischen Kriege, und dann Religion und Mythus in sich begreift; die zweite behandelt den Staat, und das Privat-Leben, die Bildung und Kunst des Volkes.

      Diese denke ich Ihnen mitzubringen, wenn ich auf den Spätherbst wieder – wonach meine ganze Seele verlangt, – nach Dresden komme, denn wenn ich auch bis in den Oktober hinein durch den Druck meines Buches, den ich abwarten muß, hier festgehalten werden sollte: so will ich doch auch dann noch an 14 Tage in der lieben Stadt zubringen, wenn Sie da sind. Diese 14 Tage leuchten mir wie ein Stern vor den Augen, wenn ich über der Strapaze meines mühseeligen Buches schier ermatten möchte. Sie glauben nicht wie ich mich darauf freue.

      Die Geißel der Dramatiker, die Sie in der Abendzeitung schwingen, ist mir eine recht erfreuliche Erscheinung gewesen. Ich lechze recht nach ordentlicher, gediegner Critik in jedem Fache, und sie ist jetzt recht selten. In meinem wollte ich lieber einen Terrorismus haben als diese wüste Anarchie; ich wollte mich mit Freuden unterordnen und leiten lassen, wenn Einer geboren zu leiten und zu herrschen aufstände. Jetzt ist man frei wie der Vogel im Walde, aber auch vogelfrei für den Anfall jedes Unverständigen.

      Ich

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