Der Zauberberg. Volume 1. Томас Манн
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Neckerei. Viatikum. Unterbrochene Heiterkeit
"Sehr netter Mann", sagte Hans Castorp, als sie nach freund-schaftlicher Begrüßung mit dem hinkenden Concierge, der in seiner Loge Briefe ordnete, durch das Portal hinaus ins Freie tra-ten. Das Portal war an der Südostflanke des weißgetünchten Gebäudes gelegen, dessen mittlerer Teil die beiden Flügel um ein Stockwerk überragte und von einem kurzen, mit schiefer-farbenem Eisenblech gedeckten Uhrturm gekrönt war. Man be-rührte den eingezäunten Garten nicht, wenn man das Haus hier verließ, sondern war gleich im Freien, angesichts schräger Bergwiesen, die von vereinzelten, mäßig hohen Fichten und auf den Boden geduckten Krummholzkiefern bestanden waren. Der Weg, den sie einschlugen – eigentlich war es der einzige, der in Betracht kam, außer der zu Tale abfallenden Fahrstraße – , leitete sie leicht ansteigend nach links an der Rückseite des Sanato-riums vorbei, der Küchen – und Wirtschaftsseite, wo eiserne Abfalltonnen an den Gittern der Kellertreppen standen, lief noch ein gutes Stück in derselben Richtung fort, beschrieb dann ein scharfes Knie und führte steiler nach rechts hin den dünn be-waldeten Hang hinan. Es war ein harter, rötlich gefärbter, noch etwas feuchter Weg, an dessen Saume zuweilen Steinblöcke la-gen. Die Vettern sahen sich keineswegs allein auf der Promenade. Gäste, die gleich nach ihnen ihr Frühstück beendet, folgten ihnen auf dem Fuße, und ganze Gruppen, auf dem Rückweg, kamen ihnen mit den stapfenden Tritten absteigender Leute entgegen.
"Sehr netter Mann!" wiederholte Hans Castorp. "So eine flotte Redeweise hat er, es machte mir Spaß, ihm zuzuhören. 'Quecksilberzigarre' für 'Thermometer' ist doch ausgezeichnet, ich habe es gleich verstanden … Aber ich zünde mir nun eine richtige an", sagte er stehenbleibend, "ich halte es nicht mehr aus! Seit gestern mittag habe ich nichts Ordentliches mehr ge-raucht … Entschuldige mal!" Und er entnahm seinem automo-billedernen und mit silbernem Monogramm geschmückten Etui ein Exemplar von Maria Mancini, ein schönes Exemplar der obersten Lage, an einer Seite abgeplattet, wie er es besonders liebte, kupierte die Spitze mit einem kleinen, eckig schneiden-den Instrument, das er an der Uhrkette trug, ließ seinen Ta-schenzündapparat aufflammen und setzte die ziemlich lange, vorne stumpfe Zigarre mit einigen hingebungsvoll paffenden Zügen in Brand. "So!" sagte er. "Nun können wir meinethalben den Lustwandel fortsetzen. Du rauchst natürlich nicht vor lauter Biereifer."
"Ich rauche ja nie", antwortete Joachim. "Warum sollt' ich denn gerade hier rauchen?"
"Das verstehe ich nicht!" sagte Hans Castorp. "Ich verstehe es nicht, wie jemand nicht rauchen kann, – er bringt sich doch, so-zusagen, um des Lebens bestes Teil und jedenfalls um ein ganz eminentes Vergnügen! Wenn ich aufwache, so freue ich mich, daß ich tagsüber werde rauchen dürfen, und wenn ich esse, so freue ich mich wieder darauf, ja ich kann sagen, daß ich eigentlich bloß esse, um rauchen zu können, wenn ich damit natürlich auch etwas übertreibe. Aber ein Tag ohne Tabak, das wäre für mich der Gipfel der Schalheit, ein vollständig öder und reizloser Tag, und wenn ich mir morgens sagen müßte: heut gibt's nichts zu rauchen, – ich glaube, ich fände den Mut gar nicht, aufzuste-hen, wahrhaftig, ich bliebe liegen. Siehst du: da hat man eine gut brennende Zigarre – selbstverständlich darf sie nicht Ne-benluft haben oder schlecht ziehen, das ist im höchsten Grade ärgerlich – ich meine: hat man eine gute Zigarre, dann ist man eigentlich geborgen, es kann einem buchstäblich nichts ge-schehn. Es ist genau, wie wenn man an der See liegt, dann liegt man eben an der See, nicht wahr, und braucht nichts weiter, we-der Arbeit noch Unterhaltung … Gott sei Dank raucht man ja in der ganzen Welt, es ist nirgendwo unbekannt, soviel ich weiß, wohin man auch etwa verschlagen werden sollte. Selbst die Polarforscher statten sich reichlich mit Rauchvorrat aus für ihre Strapazen, und das hat mich immer sympathisch berührt, wenn ich es las. Denn es kann einem sehr schlecht gehen, – nehmen wir mal an, es ginge mir miserabel; aber solange ich noch meine Zigarre hätte, hielte ich's aus, das weiß ich, sie brächte mich drüber weg."
"Immerhin ist es etwas schlapp", sagte Joachim, "daß du so daran hängst. Behrens hat ganz recht. Du bist ein Zivilist – er meinte es ja wohl mehr als Lob, aber du bist ein heilloser Zivilist, das ist die Sache. Übrigens bist du ja gesund und kannst tun, was du willst", sagte er, und seine Augen wurden müde.
"Ja, gesund bis auf die Anämie", sagte Hans Castorp. "Reich-lich geradezu war es ja, wie er es mir so sagte, daß ich grün aus-sehe. Aber es stimmt, es ist mir selber aufgefallen, daß ich im Vergleich mit euch hier oben förmlich grün bin, zu Hause habe ich es nicht so bemerkt. Und dann ist es ja auch wieder nett von ihm, daß er mir so ohne weiteres Ratschläge gibt, ganz sine pe-cunia, wie er sich ausdrückt. Ich will mir gern vornehmen, es zu machen, wie er sagt, und mich ganz nach deiner Lebensweise richten, – was sollt' ich denn sonst auch wohl tun bei euch hier oben, und es kann ja nicht schaden, wenn ich in Gottes Namen Eiweiß ansetze, obgleich es etwas widerlich klingt, das mußt du mir zugeben."
Joachim hüstelte ein paarmal im Gehen, – die Steigung schien ihn doch anzustrengen. Als er zum drittenmal ansetzte, blieb er mit gerunzelten Brauen stehen. "Geh nur voran", sagte er. Hans Castorp beeilte sich, weiterzugehen und sah sich nicht um. Dann verlangsamte er seinen Schritt und blieb schließlich fast stehen, da ihm war, als müsse er einen bedeutenden Vor-sprung vor Joachim gewonnen haben. Aber er sah sich nicht um.
Ein Trupp von Gästen beiderlei Geschlechtes kam ihm entge-gen, – er hatte sie droben auf halber Höhe des Hanges den ebe-nen Weg entlang kommen sehen, jetzt stapften sie abwärts, ge-rade auf ihn zu und ließen ihre verschiedenartigen Stimmen er-tönen. Es waren