Aus meinem Leben. Zweiter Teil. Bebel August

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Aus meinem Leben.  Zweiter Teil - Bebel August

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Wer die Einigung eines Teils der sozialdemokratischen Arbeiter empfiehlt, ohne dabei mit aller Energie auf die Einigung der gesamten Partei zu wirken, welche ihr allein Macht und Einfluß verschaffen kann, wer durch Einigung eines Teiles in diesen Formen die Einigung aller Teile unmöglich macht, und wer dies tut mit rührenden, von Bruderliebe überfließenden Worten, der ist ein elender Heuchler; und wer dann diejenigen, welche sich den gestellten schmachvollen Bedingungen nicht fügen, sondern etwas Größeres, etwas Erhabeneres erstreben, als Gegner der Einigung überhaupt brandmarken will, ist ein Jesuit ohnegleichen.

      Die Einigung der gesamten sozialdemokratischen Arbeiter Deutschlands herbeizuführen, muß das Streben jedes ehrlichen Sozialdemokraten sein. Angesichts der immer mächtiger sich ausbreitenden Wogen der Bewegung, angesichts der Vorzeichen, welche in allen Kulturstaaten der Welt auf eine baldige mächtige Umgestaltung der politischen und sozialen Verhältnisse hindeuten, ist ein Verschleppen dieser Einigung Verrat.

      Diese Einigung kann aber nur das Werk sein des wirklich souveränen Volkes selbst, und Ihr, Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, werdet Euch nicht verschachern lassen nach der Laune einiger Führer wie eine Herde Schafe, sondern Ihr werdet wie Männer Eures eigenen Geschickes Schmiede sein!

      Wir haben eingesehen, daß eine Organisation, in welcher der Wille eines Einzelnen sich hinwegsetzen kann über alle Errungenschaften des Vereins, ja den Verein selber in jedem Augenblicke in Frage stellen, denselben jeden Augenblick auflösen und in anderer ihm passenderer Form wieder ins Leben rufen kann, in welcher dieser Einzelne die Pfennige der Arbeiter gebraucht, um elende Lumpen zu bestechen, daß eine solche Organisation keine Faser von demokratischem Geiste in sich hat. In einer solchen Organisation ferner zu wirken, wäre schmähliche Verschwendung unserer besten Kräfte; wir verzichten darauf!

      Geleitet von dem Gedanken, daß nur von der Partei selbst über ihre Organisation beschlossen werden kann, und ferner geleitet von dem Gedanken, die Einigung der sozialdemokratischen Arbeiter Deutschlands, auch was die Gewerkschaften betrifft, herbeizuführen, haben wir den Entschluß gefaßt, in kürzester Zeit einen allgemeinen Kongreß der gesamten sozialdemokratischen Arbeiter Deutschlands zu berufen, auf welchem der Grund einer wirklich demokratischen Organisation der Partei, im Anschluß an die internationale Bewegung, gelegt werden kann. Parteigenossen, wir rechnen auf Eure Unterstützung! Die sozialdemokratischen Arbeiter, welche nie anders als von einem künstlich erregten Haß gegeneinander erfüllt gewesen sind, werden sich zu einigen und sich eine Organisation zu geben wissen, welche den Geist ihrer Prinzipien mit der Zusammenfassung aller ihrer Kräfte vereint.

      Parteigenossen, Ihr werdet Euch nicht verblenden lassen von den heuchlerischen Redensarten von Leuten, denen die Einigung der Partei nie am Herzen gelegen hat; Ihr werdet Euch eine Behandlung nicht gefallen lassen, welche man nur ehrlosen oder gedankenlosen Menschen zu bieten wagen kann; Ihr werdet Euch als das zeigen, was Ihr seid – nicht als die willenlosen Sklaven eines launischen Herrschers —, sondern als das wirklich und wahrhaft souveräne Volk, das allein über die Gestaltung seiner Geschicke zu entscheiden hat. Wagt einmal im Interesse unserer Prinzipien, im Interesse der Demokratie und des Sozialismus eine kühne Tat! Laßt uns die Fahne, auf welcher die Einigung der gesamten Partei geschrieben steht, nicht vergebens erhoben haben! Einig nur sind die Arbeiter eine Macht! Zersplittert sind wir ewig das Gespött unserer Gegner, aber einheitlich und wahrhaft demokratisch organisiert sind wir unüberwindlich.

      Wenn Ihr uns zustimmt – und wir hoffen sehr, daß Ihr dies tun werdet —, so sendet Eure Zustimmung an einen der Unterzeichneten ein, damit wir gemeinsam die Einberufung des Kongreß betreiben können.

      Aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein werden wir – es ist uns schwer geworden, den Entschluß zu fassen – austreten. Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein war uns ans Herz gewachsen, aber im Interesse der Sache muß man das schwerste Opfer zu bringen verstehen; und anders ist keine Rettung!

      Vorwärts denn, Parteigenossen, auf der neuen Bahn in heiligem Kampfe für unsere große und erhabene Sache! Begeisterung und Ausdauer verbürgen den Sieg.

      Den 22. Juni 1869.

      I. Bremer in Magdeburg. Hoffmann in Neustadt-Magdeburg. W. Klees in Buckau bei Magdeburg. Th. Borck in Harburg. C. Müller, S. Spier und A. Viewieg in Wolfenbüttel. W. Bracke junior, H. Ehlers, E. Lüdecke und A. Schrader in Braunschweig. Friedrich Ellner in Frankfurt a.M.

      In derselben Nummer des „Demokratischen Wochenblatts“ vom 26. Juni, in der wir den vorstehenden Ausruf veröffentlichten, erschien auch eine Erklärung von uns an die Parteigenossen, in der die Beschuldigung Schweitzers, wir hätten die mit ihm getroffenen Abmachungen gebrochen, zurückgewiesen wurde. Alsdann unterzogen wir die Einigungskomödie der Mende-Hatzfeldt-Schweitzer einer scharfen Kritik. Wir erklärten: „Wir werden den Kampf aufnehmen und mit aller Kraft und Zuversicht ihn führen, Hand in Hand mit den klarblickenden Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins.“ Wir schlossen:

      „Es wird sich zeigen, ob die Korruption, die Gemeinheit, die Bestechlichkeit auf jener Seite, oder die Ehrlichkeit und die Reinheit der Absichten auf unserer den Sieg davonträgt.

      Unsere Losung sei: Nieder mit der Sektiererei! Nieder mit dem Personenkultus! Nieder mit den Jesuiten, die unser Prinzip in Worten anerkennen, in Handlungen es verraten! Hoch lebe die Sozialdemokratie, hoch die Internationale Arbeiterassoziation!“

      Daß wir in dieser Erklärung und später wiederholt die Ehrlichkeit unserer Absichten gegen die unehrlichen Schweitzers ins Feld führten, brachte nachher der neu gegründeten Partei von der Gegenseite den Spitznamen „Die Ehrlichen“ ein.

      Auf meinen Antrag beschloß der Vorortsvorstand einstimmig, sich dem Aufruf von Bracke und Genossen zur Einberufung eines allgemeinen deutschen sozialdemokratischen Arbeiterkongresses anzuschließen und die Vorstände der Arbeitervereine aufzufordern, ein gleiches zu tun. Ein am 28. Juni von mir hinausgesandtes Zirkular verlangte Antwort bis spätestens den 1. Juli mittags, eventuell telegraphisch. Auch schrieb ich an Joh. Phil. Becker in Genf, der Zentralrat der deutschen Sektion der Internationale möge ebenfalls eine zustimmende Erklärung zu dem Einigungswerk einsenden. Ich hoffte, diesesmal gelinge uns ein Hauptschlag. Am 26. Juni hatten auch Geib, Praast und Ockelmann-Hamburg ihren Austritt aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein erklärt und sich Bracke und Genossen angeschlossen.

      Der „Sozialdemokrat“ beobachtete jetzt die Taktik, ständig zu verkünden, unser Anhang bestehe nicht aus Arbeitern, sondern aus Literaten, Schulmeistern und sonstigen Bourgeois.

      Schweitzer suchte weiter mit dem Geschick, das er besaß, die Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins an der von ihm systematisch gepflegten schwachen Seite zu fassen. In einem Artikel schrieb er mit Bezug auf die Opposition:

      „Ein einziger Punkt entscheidet alles. Seid ihr Demokraten oder nicht?

      Ihr behauptet: Ja? Wißt ihr oder wißt ihr nicht, daß der Demokrat sich der Mehrheit zu fügen hat – doppelt zu fügen hat, wenn diese Mehrheit an Einstimmigkeit grenzt? Nun denn! Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein-beide bisherigen Vereine – habe nahezu einstimmig mit Ja gestimmt. Unterwerft ihr euch jetzt dem Volkswillen? O nein! In eurer Eitelkeit, ihr ‚Demokraten‘, erklärt ihr das Volk für eine Herde Schafe und eure Meinung für unfehlbar. Geht doch, ihr aufgeblasenen Heuchler, die ihr euch weiser dünkt als das ganze Volk und als Ferdinand Lassalle!

      Weiser als Ferdinand Lassalle, euer riesenhafter Lehrer und Meister – ja ja. Denn der Stein des Anstoßes liegt euch darin, daß die Lassallesche Organisation in ihrem ganzen Umfang wieder hergestellt wurde …“

      Das Spiel mit der Lassalleschen Organisation ging spaltenlang und fast Nummer um Nummer weiter.

      Auf der anderen Seite brachte das „Demokratische Wochenblatt“ Nummer für Nummer Erklärungen gegen Schweitzer

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