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Moment überlegte er, ob er nicht vielleicht doch lieber in den Küchenschrank ziehen sollte. Der hatte wenigstens Türen. Andererseits würden dort die Mäuse an seinen Sachen nagen und das wäre fast genauso schlimm wie Chris. Also beschloss er, dass er mit einem Vorhang, ein paar Regalen, einer Leselampe und einer Matratze die Nische zu einer Art Zimmer machen konnte.

      „Da“, sagte er und zeigte auf die Nische.

      „Da drüben?“, rief seine Mutter.

      Chris lachte bellend. Oliver sah ihn wütend an. Dad schüttelte den Kopf.

      „Merkwürdiger Junge“, sagte er gleichgültig, ohne jemanden direkt anzusprechen. Dann seufzte er übertrieben laut, als wäre jede Mühe an diesem Kind vergebens. „Aber wenn er unbedingt in der Ecke schlafen will, soll er doch in der Ecke schlafen. Ich weiß nicht mehr, was ich noch mit ihm machen soll.“

      „Schön“, sagte seine Mutter entnervt, „lassen wir ihn. Er wird wirklich jeden Tag merkwürdiger.“

      Damit wandten sich alle drei von ihm ab und gingen in die Küche. Chris grinste ihn noch einmal über die Schulter an und flüsterte, „Freak“.

      Oliver atmete tief durch. Er ging zu seiner Nische und stellte den Koffer neben seinen Füßen ab. Es gab dort nichts, wo er seine Kleidung hineinräumen konnte; kein Regal, keine Schubladen. Und es gab auch kaum Platz für ein Bett – wenn seine Eltern ihm überhaupt eines besorgen würden. Aber Oliver würde schon zurechtkommen. Er würde sich ein Regal aus Brettern bauen und irgendwie einen Vorhang als Raumteiler aufhängen. Dann konnte er noch eine Schublade unter das Bett schieben, das er hoffentlich bekam, um dort seine Erfindungen zu lagern.

      Und wenn er das Positive an der Situation sehen wollte, worum er sich stets bemühte, dann hatte er wenigstens ein großes Fenster, das ihm viel Licht bot und aus dem man nachts die Sterne beobachten konnte.

      Auch jetzt legte er die Ellbogen auf das Fensterbrett und blickte hinaus in den grauen Oktobernachmittag. Der Wind wehte in den Baumkronen und pustete eine leere Plastiktüte über die Straße. Am gegenüberliegenden Straßenrand stand ein verbeultes Auto neben einer verrosteten Waschmaschine. Es war offensichtlich ein armes Viertel. Vielleicht das ärmste, in dem sie je gewohnt hatten, überlegte Oliver.

      Bei jedem Windstoß knackten und knarrten die Fenster und ein kalter Luftzug ließ Oliver frösteln. Für Oktober hatte hier in New Jersey schon spürbar abgekühlt. Vorhin im Radio hatten sie sogar eine Sturmwarnung gegeben. Doch Oliver fürchtete sich nicht. Er liebte es, wenn es draußen stürmte. Besonders, wenn es blitzte und donnerte.

      Der Geruch von frisch gekochtem Essen machte sich von der Küche her breit. Er drehte sich weg vom Fenster und schlich um die Ecke in die Küche. Mom stand am Herd und rührte in einem großen Kochtopf.

      „Was gibt es zum Abendessen?“, fragte er.

      „Fleisch mit Kartoffeln und Erbsen“, sagte sie.

      Olivers Magen knurrte voller Vorfreude. In seiner Familie gab es immer schlichte Mahlzeiten, aber das machte Oliver nichts aus. Er mochte es schlicht.

      „Jungs, Hände waschen“, sagte Dad, der bereits am Tisch saß.

      Aus dem Augenwinkel konnte Oliver seinen Bruder boshaft grinsen sehen. Damit war ihm klar, dass dieser sich schon die nächste Gemeinheit für ihn ausgedacht hatte. Das letzte, was Oliver jetzt wollte, war Chris im Badezimmer in die Arme zu laufen, aber Dad sah ihn auffordernd an.

      „Muss ich dir immer alles zweimal sagen?“, beschwerte er sich.

      Es gab kein Zurück. Oliver ging aus der Küche, dicht gefolgt von seinem großen Bruder. Er rannte die Treppen hinauf so schnell er konnte, in der Hoffnung das Badezimmer wieder verlassen zu können, bevor sein Bruder ihn eingeholt hatte.

      Aber Chris war ihm dicht auf den Fersen. Sowie sie außer Hörweite der Eltern waren, packte er Oliver am Pullover und drückte ihn gegen die Wand.

      „Jetzt pass mal gut auf, du Würstchen“, begann er. „Ich habe heute Abend einen Bärenhunger.“

      „Na und?“

      „Ich brauche eine doppelte Portion – deine Portion! Du wirst Mom und Dad sagen, dass du nichts essen willst.“

      Oliver schüttelte den Kopf. „Ich habe dir schon das Zimmer überlassen!“, protestierte er. „Lass mich wenigstens meine Kartoffeln essen!“

      Chris lachte. „Vergiss es. Morgen müssen wir in eine neue Schule und ich brauche Kraft, um andere Würstchen wie dich auseinandernehmen zu können.“

      Bei dem Wort Schule erfasste Oliver eine Woge der Beklommenheit. Er hatte in seinem Leben schon oft auf neue Schulen gehen müssen – und jedes Mal wurde es ein bisschen schlimmer. Es gab immer einen Typen wie Chris, der seine Angst riechen konnte und ihn fertig machte, egal was er tat. Verbündete hatte er nie. Oliver hatte die Hoffnung auf Freunde schon längst aufgegeben. Nach ein paar Monaten würden sie ohnehin wieder umziehen.

      Chris verzog sein Gesicht. „Weißt du was, Oliver? Heute will ich nicht so sein. Ich gönne dir doch etwas.“ Schon machte sich sein gehässiges Grinsen wieder breit. „Du darfst meine Faust fressen!“

      Damit holte er aus. Oliver duckte sich und rannte los. Er stürzte vor Chris, dessen Schlag er nur knapp entkommen war, die Treppen hinunter.

      „Komm zurück, du armseliges Würstchen!“, rief Chris.

      Doch Oliver konnte schnell rennen und war bereits im Wohnzimmer angekommen. Sein Vater sah ihn vorwurfsvoll an.

      „Müsst ihr schon wieder streiten?“, seufzte er. Oliver war von seinem Sprint noch außer Atem, als Chris neben ihn schlitterte. „Worum geht es denn jetzt schon wieder?“

      „Nichts“, sagte Chris rasch.

      Plötzlich spürte Oliver ein Stechen in seiner Hüfte. Chris bohrte die Fingernägel in seine Haut und sah triumphierend auf ihn hinab. Oliver wusste, was er zu tun hatte.

      Hoffnungslos holte er Luft. „Ich habe nur gerade gesagt, dass ich heute gar keinen Hunger habe.“

      Dad sah ihn prüfend an. „Deine Mutter steht seit einer Stunde am Herd und jetzt sagst du, dass du nichts essen willst?“

      Auch sie drehte sich überrascht zu ihm um. „Isst du auf einmal kein Fleisch mehr? Oder sind die Kartoffeln das Problem?“

      Chris‘ Nägel bohrten sich noch etwas tiefer in Olivers Hüfte.

      „Es tut mir Leid, Mom“, sagte er leise. „Ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du für uns kochst, aber ich habe keinen Hunger.“

      „Was soll ich nur mit dem Jungen machen?“, rief seine Mutter. „Erst die Faxen mit dem Zimmer, jetzt das. Meine Nerven halten das nicht mehr aus.“

      „Ich esse gerne seine Portion“, sagte Chris zuckersüß. „Ich will doch nicht, dass du dir umsonst die Mühe gemacht hast, Mom.“

      Die Eltern sahen ihren Erstgeborenen zufrieden an. Chris war schon immer ein stämmiger Junge gewesen, aber in letzter Zeit

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