Śnieżka musi umrzeć. Nele Neuhaus
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“Dawai, dawai gitlerowskaja Suka“,
los, los hitlerische Hündin
brüllten die Sowjetsoldaten.
Dann kam es zur Tragödie.
Kampftruppen der Roten Armee nahmen sich ihre Siegesbeute. Sie rächten sich für die angerichteten Gräueltaten der Nazis in Russland.
Deutsche Frauen und Mädchen wurden in den östlichen, besetzten Gebieten gnadenlos vergewaltigt, zum Teil verschleppt und ermordet.
Mord, Raub, Plünderung und Zerstörung waren nun die Kriegsziele der Bolschewisten.
Die Welt schien aus den Fugen geraten zu sein. Das Reich war vom Feind besetzt.
Die Deutschen waren der Gnade oder Ungnade der Sieger ausgeliefert.
Die Sorgen der Menschen galten dem alltäglichen Überlebenskampf und dem Wohlergehen nächster Angehöriger, zu denen die Verbindung häufig abgebrochen war. Die Besiegten hatten allen Grund düster in die Zukunft zu schauen.
Der von dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels proklamierte “Totale Krieg“ endete mit einer katastrophalen Niederlage.
Das Land war in Schutt und Asche gebombt. Die Städte lagen in Trümmern. Die Versorgung der Bevölkerung fand nicht mehr statt.
“Kein Unrecht, und mag es noch so groß gewesen sein, rechtfertigt anderes Unrecht. Verbrechen sind auch dann Verbrechen, wenn ihm andere Verbrechen vorausgegangen sind!“
Roman Herzog Ehemaliger Bundespräsident
So absurd es klingen mag, aber durch die von den sowjetischen Soldaten angerichteten Gewaltexzesse veränderten unsere Mütter ihre Lebenssituationen. Diese Entwicklung verdanke nicht nur ich mein Leben, sondern auch Monika. Es brauchte seine Zeit, aber zum Segen nachfolgender Generationen, rappelten sich die traumatisierten Menschen nach dem Krieg wieder auf. Durch den Schutzmechanismus der Verdrängung kam der Wunsch nach einem glücklichen Leben zu streben schnell wieder zurück. Im Sog dieser Euphorie schenkten mir meine Eltern 1946 in Hamburg das Leben. Weit weg von meinem Geburtsort, im fernen Krojanke, erblickte dann zwei Jahre später ein kleines, blondes, zartes Mädchen das Licht der Welt. Es erlebte als Kind die Nachkriegszeit im ehemaligen Westpreußen unter der Herrschaft von Russen und Polen. Durch eine glückliche Fügung begegneten wir uns als Teenies in einer Hamburger Disco. Aus dieser Zufallsbekanntschaft wurde eine Liebesbeziehung, die zur Heirat führte.
Diese Familiensaga schildert wie Monika und ich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, sowie unsere Eltern und Großeltern in ihren Epochen, am Rande der großen Weltpolitik, die täglichen Aufgaben zur notwendigen, persönlichen Existenzsicherung meisterten.
Nie wieder Krieg
Monika und ich sind nun schon im 50 Jahr verheiratet. Wir hatten das Glück unser bisheriges Dasein in Frieden leben zu dürfen. Voller Sorge und Unverständnis schauen wir auf die aktuellen Kriegsschauplätze dieser Welt und wundern uns, dass die Menschheit offenbar aus der Geschichte nichts gelernt hat. Die Weltpolitik führt weiterhin Kriege. Es wird gebombt, massakriert und getötet, anstatt sich ernsthaft um die dringend benötigten Maßnahmen gegen den bedrohlichen Klimawandel zu kümmern. Als Folge sind wieder Millionen von Menschen auf der Flucht. Der Wahnsinn nimmt kein Ende! Nie wieder Krieg von und auf deutschem Boden war die Hoffnung und das Ziel der von den Folgen gebeutelten Menschen . Die Bevölkerung sehnte sich nach einem friedvollen, respektvollen Leben. Zum Glück ist dieser Wunsch in der Bundesrepublik Deutschland in Erfüllung gegangen. Aber leider sind unsere Soldaten bei internationalen Konflikten wieder involviert und unsere Rüstungsindustrie lässt kein mögliches Geschäft aus, ihre Waffen in Krisengebiete zu veräußern. Dieses deutsche Verhalten könnte böse Folgen haben, wie es unsere Nation durch die Umstände und den Folgen des Ersten Weltkrieges schmerzlich erfahren musste. Unsere Familien haben diesen Wahnsinn erlebt. Man hat uns davon erzählt und die Nachkriegsereignisse haben wir als Kinder und Jugendliche eindrucksvoll selbst erfahren. Diverse Kriegsgeschichten aus dieser Ära wurden global beschrieben, große wie schlechte Staatsmänner, Prominente, Helden und andere wichtige Menschen kamen in Wort und Bild vor. Sie wurden gewürdigt oder verdammt. Die vielen namenlosen Menschen blieben mit ihren Schicksalen häufig unerwähnt. Hatte doch gerade diese Bevölkerungsgruppe, das einfache Volk, unendliche Armut und Leid, Verlust und Trauer zu ertragen. Millionenfache Schicksale könnten erzählt werden. Jedes einzelne hat eine andere Biografie, aber alle haben die gleichen Begleitumstände gehabt, nämlich die kaiserliche Vorgeschichte, der Erste Weltkrieg und den dann von den Nazis angezettelten unsäglichen Zweiten Weltkrieg sowie die daraus resultierende Nachkriegsarmut. Vieles ist bereits in Vergessenheit geraten. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit entschlossen wir uns die Ereignisse aus unseren Familien bis in die 1960iger Jahre, wo sich ein positiver, politischer Wandel in der Bundesrepublik Deutschland bemerkbar machte, zu erzählen. Daten und Fakten, die sich uns besonders eingeprägt haben, sollen als Erinnerung und zur Mahnung für die nachfolgenden Generationen aus dieser Zeit der bösen Bürde, wie wir sie empfanden, offen und ohne Schamgefühl benannt werden.
… “Deutschland, Deutschland über alles,
ohne Butter, Brot und Speck,
selbst das bisschen Marmelade
frisst uns die Besatzung weg“…
Als wir Kinder mit diesem sarkastischen Text die deutsche Nationalhymne verunglimpften, waren die größten Hungersnöte nach dem Zweiten Weltkrieg zum Glück schon vorbei. Symbolisch war dieser Text aber für die entbehrlichen, vorangegangenen Jahre. Wobei die menschenunwürdige Nazizeit und dann die Nachkriegsarmut den betroffenen Menschen trotzdem noch lange in den Knochen steckte. Viel tiefer in der Seele waren aber die Kriegsnarben präsent, die den Menschen ein Leben lang an das scheußliche Erlebte erinnerten. So wie bei meinen älteren Geschwistern, die auf dem Schulweg von amerikanischen Jabo-Tieffliegern angegriffen wurden. Sie verkrochen sich in den Straßengraben und hatten sich vor Todesängsten die Hosen vollgeschissen und vollgepisst. Die Vernichtung der deutschen Zivilbevölkerung war das verheerende, tödliche Kriegsziel der Alliierten. Diese elende Zeit zum Ende des Zweiten Weltkrieges spitzte sich noch einmal zu, als die Sowjets kamen. Sie kamen nicht als Befreier vom Faschismus, wie es später von den Russen propagiert wurde, sondern als Revanchisten. Sie mordeten, raubten, plünderten und fielen ohne Gnade, wie Bestien, über hunderttausende Frauen, ob jung oder alt, her. Dieses traurige Schicksal mussten auch meine damals 15-jährige Schwester und meine Mutter ertragen. Sie wurden von den Sowjetsoldaten auf bestialische Weise vergewaltigt. Diese und andere grausamen Erlebnisse haben bei den überlebenden Betroffenen ein furchtbares, lang anhaltendes Trauma hinterlassen. Sie erlebten ihre Folter wie eine gewaltige Explosion mit einem riesigen Blitz und dann den Fall in ein nicht enden wollendes schwarzes Loch. Diese Familiensaga soll einfach erzählt dazu beitragen der heutigen, jungen, unbeschwerten Generation die Umstände der Nazizeit und deren Folgen von Krieg und Vernichtung in Erinnerung zu rufen und vor deren Folgen zu warnen. Nicht nur wir Kinder, auch viele Erwachsene mussten das Leben wieder leben lernen. Besonders die Menschen mit den Kriegserinnerungen standen in der Nachkriegszeit unter einer starken psychischen und physischen Belastung. Sie wachten praktisch auf verbrannter Erde wieder auf. Man konnte nicht einfach zum Arzt gehen, um sich von seinem “Burnout“ heilen zu lassen. Nein, jeder für sich musste ums Überleben kämpfen und diese Zeit als Herausforderung für ein zukünftiges, friedvolleres, besseres Leben annehmen. Aus solchen Familien sind auch Monika und ich entsprungen. Bedeutungslos, zwei unter Vielen.
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