Oblomow. Иван Гончаров

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Oblomow - Иван Гончаров страница 21

Oblomow - Иван Гончаров

Скачать книгу

schwarz.

      Er war sehr ungeschickt: Wenn er das Haustor oder die Thür öffnen wollte, machte er eine Hälfte auf, dabei schloß sich die zweite, er lief zu ihr hin, und infolgedessen schloß sich die erste Hälfte. Er konnte nie ein Taschentuch oder einen andern Gegenstand auf einmal vom Fußboden aufheben, sondern beugte sich immer dreimal nieder, als haschte er danach, und fing es vielleicht erst beim viertenmal auf, es kam aber vor, daß er es dabei wieder fallen ließ. Wenn er einen Haufen Geschirr oder andere Sachen durch das Zimmer trug, begannen die obersten Gegenstände gleich beim ersten Schritt zu Boden zu fallen; zuerst fiel ein Gegenstand zu Boden, er machte jählings eine verspätete und unnütze Bewegung, um ihn aufzuhalten, und ließ dabei zwei andere zu Boden gleiten; er sperrt vor Erstaunen den Mund auf und schaut dem fallenden Gegenstand nach, statt auf diejenigen, die er in der Hand hält, zu achten, dadurch beugt er das Präsentierbrett herab, so daß wieder Gegenstände herunterfallen und er am entgegengesetzten Ende des Zimmers mit einem einzigen Glas oder Teller anlangt; manchmal wirft er selbst das letzte, was er noch in der Hand hält, schimpfend und fluchend herab. Wenn er durch das Zimmer schreitet, streift er bald den Tisch und bald den Sessel mit dem Fuß oder mit der Seite, findet nicht sogleich in die offene Türhälfte hinein, sondern stößt mit den Schultern gegen die zweite und schimpft dann über beide Hälften oder über den Hausherrn und den Zimmermann, der die Thür gemacht hat. In Oblomows Arbeitszimmer sind fast alle Gegenstände zerbrochen, besonders die kleinen, die eine behutsame Behandlung beanspruchen, und das alles durch Sachars Schuld. Er wendet seine Geschicklichkeit, eine Sache in die Hand zu nehmen, bei allen Gegenständen an, ohne in der Behandlungsweise des einen oder anderen Gegenstandes irgendeinen Unterschied zu machen. Man sagt ihm zum Beispiel, er soll eine Kerze putzen oder ein Glas mit Wasser füllen, er verbraucht dabei ebensoviel Kraft wie beim Öffnen des Haustors. Wehe der Wohnung, wenn Sachar, von einem jähen Eifer, den Herrn zufriedenzustellen, erfaßt, es sich einfallen ließ, plötzlich überall aufzuräumen, alles zu putzen, aufzustellen und schnell und auf einmal in Ordnung zu bringen; dann nahmen der Schaden und die Verwüstung kein Ende. Ein ins Haus eingedrungener feindlicher Soldat hätte nicht mehr Unheil stiften können – es begann das Schleudern und Zugrunderichten verschiedener Gegenstände, das Zerschlagen des Geschirrs, das Umwerfen von Sesseln; es endete damit, daß man ihn aus dem Zimmer jagen mußte, oder daß er selbst schimpfend und fluchend fortging.

      Sachar hatte sich ein für allemal einen bestimmten Wirkungskreis vorgeschrieben, den er nie überschritt. Er stellte des Morgens den Samowar auf, putzte die Stiefel und die vom Herrn verlangten Kleider, aber niemals diejenigen, die er nicht verlangte, sie mochten zehn Jahre dahängen. Dann fegte er – aber nicht jeden Tag – die Mitte des Zimmers aus, ohne je bis in die Ecken einzudringen, und staubte nur jenen Tisch ab, auf dem nichts lag, um die Gegenstände nicht herunternehmen zu müssen. Dann hielt er sich schon für berechtigt, auf der Ofenbank hinzudämmern oder mit Anissja in der Küche und den anderen Dienstboten am Haustor zu plaudern, ohne sich um irgend etwas zu kümmern.

      Wenn man ihm etwas außerhalb dieses Gebietes zu tun auftrug, erfüllte er den Befehl ungern, nach langem Hin- und Herstreiten und nach Beweisen, der Auftrag sei unnütz oder unmöglich zu befolgen. Man konnte ihn durch keinerlei Mittel dahin bringen, in diesen seinen Wirkungskreis eine neue beständige Beschäftigung einzuschließen.

      Trotz alledem, wenn man den Umstand, daß Sachar zu trinken und zu klatschen liebte, Oblomows Kupfermünzen einsteckte, verschiedene Gegenstände zerbrach und faul war, abrechnete, ergab es sich, daß er seinem Herrn ein tiefergebener Diener war. Er wäre für ihn, ohne es sich zu überlegen, ins Feuer oder ins Wasser gegangen und würde diese Leistung für keine besondere Heldentat angesehen haben, die Bewunderung oder irgendwelche besondere Belohnung beanspruchen durfte. Er hielt das für etwas Natürliches und Selbstverständliches, oder vielmehr er hatte sich darüber gar keine Meinung gebildet und hätte so gehandelt, ohne sich darüber irgendwelche Gedanken zu machen. Er hatte über diesen Gegenstand keinerlei Theorien aufgestellt. Er würde sich ebenso auf den Tod stürzen, wie ein Hund, der im Wald ein wildes Tier sieht, sich auf dasselbe stürzt, ohne darüber nachzudenken, warum er und nicht sein Herr das tut. Wenn es aber zum Beispiel notwendig wäre, eine ganze Nacht lang, ohne ein Auge zu schließen, am Bett des Herrn zu verbringen, und dessen Gesundheit, ja selbst dessen Leben davon abhinge, würde Sachar bestimmt einschlafen. In seinem Benehmen dem Herrn gegenüber äußerte er nicht nur keine Unterwürfigkeit, sondern behandelte ihn sogar eher grob und familiär, zürnte ihm ernstlich einer jeden Kleinigkeit wegen und verleumdete ihn, wie schon mitgetheilt worden ist, am Haustor; aber dadurch wurde das tief in ihm wurzelnde, verwandtschaftliche Gefühl der Ergebenheit nicht bloß Ilja Iljitsch persönlich, sondern allem gegenüber, was den Namen Oblomow trug und ihm vertraut, lieb und teuer war, nur zeitweise in den Schatten gestellt, aber durchaus nicht aufgehoben. Vielleicht stand sogar dieses Gefühl zu Sachars eigener Ansicht über Oblomows Persönlichkeit in Widerspruch; vielleicht hatte die genaue Kenntnis des Charakters seines Herrn Sachar andere Überzeugungen eingeflößt. Wenn man ihm den Grad seiner Anhänglichkeit an Ilja Iljitsch erklärt hätte, würde er diese Tatsache wahrscheinlich bestritten haben. Sachar liebte Oblomowka, wie die Katze ihren Dachboden liebt, wie das Pferd seine Krippe und der Hund die Hütte, in der er geboren wurde und aufwuchs. In der Sphäre dieser Anhänglichkeit bildete er sich seine besonderen, persönlichen Eindrücke aus. Er liebte zum Beispiel den Oblomowschen Kutscher mehr als den Koch, die Viehmagd Warwara flößte ihm noch größere Sympathien ein, und er zog sie alle Ilja Iljitsch vor; aber trotzdem war für ihn der Oblomowsche Koch besser als alle Köche der Welt und war über sie alle erhaben, und Ilja Iljitsch stand hoch über allen Gutsbesitzern. Er konnte den Weinschenk Tarasska nicht ausstehen; doch er würde diesen Tarasska nicht gegen den besten Menschen der ganzen Welt austauschen, weil er aus Oblomowka war. Er behandelte Oblomow ebenso grob und familiär, wie ein Schamane einen Götzen behandelt; er putzt ihn, wirft ihn manchmal um und schlägt ihn vielleicht sogar vor Ärger, aber in seiner Seele wohnt doch immer das Gefühl, wie erhaben doch dieser Götze im Vergleich zu ihm ist. Der geringste Anlaß genügte, um in der Tiefe von Sachars Seele dieses Gefühl wachzurufen, ihn seinen Herrn voll Andacht betrachten zu lassen und ihm manchmal sogar Tränen der Rührung zu entlocken.

      Sachar sah alle Herrschaften und Gäste, die zu Oblomow kamen, etwas von oben herab an und bediente sie, reichte ihnen Tee usw. mit einer gewissen Herablassung, als wollte er sie fühlen lassen, welche Ehre für sie der Aufenthalt bei seinem Herrn sei. Er wies sie recht grob ab. »Der Herr ruht«, sagte er, den Ankömmling hochmütig vom Kopf bis zu den Füßen musternd. Manchmal begann er plötzlich statt der Klatschgeschichten und Verleumdungen Ilja Iljitsch in den Laden- und Haustorversammlungen übermäßig zu loben, und dann hatte sein Entzücken keine Grenzen. Er begann alle Eigenschaften des Herrn aufzuzählen, seinen Verstand, seine Freundlichkeit, Freigebigkeit und Güte; und wenn es seinem Herrn an Eigenschaften für das Loblied mangelte, lieh er sie sich bei anderen aus und schmückte ihn mit Vornehmheit, Reichtum oder außerordentlicher Macht. Wenn er dem Hausbesorger, dem Verwalter oder sogar dem Hausbesitzer Angst machen wollte, nahm er immer seinen Herrn zu Hilfe. »Wart nur, ich sag's dem Herrn«, drohte er, »dann kriegst du's schon!« Für ihn gab es auf der ganzen Welt keine größere Autorität. Aber die äußerlichen Beziehungen Sachars zu Oblomow waren immer feindseliger Art. Sie waren während ihres Zusammenlebens einander überdrüssig geworden. Ein intimes tägliches Zusammensein zweier Menschen geht weder an dem einen noch an dem anderen spurlos vorüber; es gehört von beiden Seiten sehr viel Lebenserfahrung, Logik und Herzenswärme dazu, um nur die gegenseitigen Eigenschaften zu würdigen, ohne durch die Fehler zu verletzen und sich verletzt zu fühlen. Ilja Iljitsch kannte schon die eine unschätzbare Eigenschaft Sachars, dessen Anhänglichkeit, und hatte sich daran gewöhnt, indem er seinerseits auch glaubte, es könnte und dürfte nicht anders sein; da er diesen Vorzug ein für allemal für etwas Selbstverständliches hielt, konnte er ihn nicht mehr würdigen, ertrug aber trotz seiner Gleichgültigkeit allem gegenüber Sachars unzählige kleine Fehler nicht mit Geduld. Wenn Sachar trotz der Ergebenheit seinem Herrn gegenüber, wie sie den Dienern in alten Zeiten eigen war, sich von diesen durch moderne Fehler unterschied, hegte auch Ilja Iljitsch seinerseits, obwohl er Sachars Anhänglichkeit innerlich schätzte, nicht mehr jene freundschaftliche, fast verwandtschaftliche Zuneigung zu ihm, wie sie in früheren Zeiten die Herrschaften für ihre Diener empfanden.

Скачать книгу