Oblomow. Иван Гончаров
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»Ich glaube, es ist auch kein Papier da!« sprach er zu sich selbst, in der Schublade herumstöbernd und auf dem Tisch herumtastend, – »es gibt keins! Ach, dieser Sachar, er ist unerträglich!«
– Und Du willst kein giftiger Mensch sein? sagte Ilja Iljitsch zu Sachar, der wieder hereinkam, – Du kümmerst Dich um gar nichts! Wieso ist im Hause kein Papier da?
– Was ist denn das für eine Plage, Ilja Iljitsch! Ich bin ein Christ, warum sagen Sie, daß ich giftig bin? Was Ihnen einfällt; ich soll giftig sein! Wir sind beim alten Herrn geboren und aufgewachsen, er hat uns Hund zu schimpfen und bei den Ohren zu reißen geruht, wir haben aber nie ein solches Wort gehört, er hat sich so etwas nicht ausgedacht! Das ist ja eine Sünde! Da ist Papier, bitte!
Er nahm von der Etagére einen halben Bogen grauen Papiers herab und reichte es ihm.
– Kann man denn darauf schreiben? – fragte Oblomow, das Papier fortwerfend, ich habe damit für die Nacht mein Glas zugedeckt, um zu verhindern, daß etwas. . . . Giftiges hineinkommt.
Sachar wandte sich ab und blickte auf die Mauer.
– Nun, da kann man nichts machen. Gib her, ich schreibe das Konzept, und Alexejew schreibt es dann ab. Ilja Iljitsch setzte sich an den Tisch und schrieb schnell: – Euer Wohlgeboren! . . . – Wie schlecht die Tinte ist! – sagte er, – passe nächstes Mal besser auf und erfülle deine Pflichten, wie es sich gehört! – Er dachte ein wenig nach und begann dann wieder zu schreiben:
– Die Wohnung, welche ich im zweiten Stock des Hauses gemietet habe, in welchem Sie einiges umzubauen beabsichtigen, entspricht vollkommen meiner Lebensweise und den von mir infolge des langen Wohnens in diesem Hause angenommenen Gewohnheiten. Durch meinen Leibeigenen, Sachar Trofimow, benachrichtigt, daß Sie mir mitzutheilen befohlen haben, daß die von mir gemietete Wohnung . . . – Das ist ungeschickt – sagte er, – hier steht zweimal daß und dort zweimal welche. Er murmelte vor sich hin und stellte die Worte um; dann sah er, daß welcher sich auf Stock bezog – das ging wieder nicht. Er änderte das, so gut es ging, um und begann darüber zu grübeln, wie er die Wiederholung von daß vermeiden könnte. Bald strich er ein Wort durch, bald schrieb er es wieder hin. Er stellte daß dreimal um, doch dabei kam entweder ein Unsinn oder die Nachbarschaft eines zweiten daß heraus.
– Man kann dieses zweite Daß gar nicht loswerden! – sagte er ungeduldig. – Ach! Zum Teufel mit diesem Brief! Ich soll mir wegen solcher Kleinigkeiten den Kopf zerbrechen! Ich bin es nicht mehr gewohnt, Geschäftsbriefe zu schreiben. Und jetzt ist es schon bald drei Uhr. – Sachar, da hast du es! – Er zerriß den Brief in vier Stücke und warf sie zu Boden.
– Hast du's gesehen? – fragte er.
– Ich hab's gesehen – antwortete Sachar, die Papierschnitzel aufhebend.
– Also, laß mich jetzt mit der Wohnung in Ruhe. Und was hast du da? – Die Rechnungen. – Ach, du mein Gott! Du quälst mich zu Tode! Nun, wieviel steht da, sag's schnell! – Der Schlächter bekommt 86 Rubel 54 Kopeken. Ilja Iljitsch schlug die Hände zusammen.
– Bist du verrückt? Der Schlächter allein bekommt einen solchen Haufen Geld? – Wir haben seit drei Monaten nicht gezahlt, da kann sich schon ein Haufen ansammeln! Hier steht es drin, man hat es nicht gestohlen! – Und du willst nicht giftig sein? – sagte Oblomow. – Du hast für eine Million Fleisch gekauft! Wie kannst du so viel in dich hineinbringen? Wenn man wenigstens etwas davon hätte. – Ich hab's nicht aufgegessen! – gab Sachar barsch zur Antwort.
– Nein! Du hast's nicht gegessen! – Warum werfen Sie mir mein Essen vor? Da, sehen Sie! – Und er streckte ihm die Rechnungen hin.
– Nun, wem noch? – fragte Ilja Iljitsch, die fettigen Hefte ärgerlich von sich stoßend.
– Noch 121 Rubel 18 Kopeken dem Bäcker und Gemüsehändler. – Das ist ja der Ruin! Das ist unerhört! – sagte Oblomow ganz außer sich. – Bist du denn eine Kuh, daß du so viel Grünzeug zusammenkaufst . . . – Nein! Ich bin ein giftiger Mensch! – bemerkte Sachar bitter, sich gänzlich vom Herrn abwendend. – Wenn Sie Michej Andreitsch nicht zu sich lassen würden, hätten wir weniger verbraucht! – fügte er hinzu.
– Nun, wieviel macht also das Ganze aus, rechne! – sagte Ilja Iljitsch und begann selbst zu rechnen.
Sachar zählte an seinen Fingern herum.
– Zum Teufel, was für ein Unsinn herauskommt; jedesmal etwas anderes! – sagte Oblomow. – Nun, wieviel hast du herausgebracht, zweihundert? – Warten Sie, lassen Sie mir Zeit! – sagte Sachar, die Augen schließend und brummend, – acht Zehner und zehn Zehner sind achtzehn und zwei Zehner . . . – Nun, du wirst so niemals fertig – sagte Ilja Iljitsch, – geh in dein Zimmer und gib mir morgen die Rechnung, sorge auch für Papier und Tinte . . . So ein Haufen Geld! Ich habe gesagt, man soll nach und nach zahlen, er geht aber immer darauf aus, alles auf einmal zu begleichen . . . Ist das ein Volk! – Zweihundertfünfzig Rubel zweiundsiebzig Kopeken – sagte Sachar, als er mit dem Zusammenrechnen fertig war. – Geben Sie mir das Geld. – Aber natürlich, sofort! Wart nur noch: Ich werde morgen nachrechnen . . . – Wie Sie wollen, Ilja Iljitsch, aber man verlangt das Geld . . . – Nun, laß mich nur in Ruh'! Wenn ich sage morgen, dann kriegst du's auch morgen. Geh in dein Zimmer, ich habe zu tun. Ich habe größere Sorgen . . . Ilja Iljitsch setzte sich in den Sessel hinein, zog die Füße hinauf und wollte sich gerade in seine Gedanken versenken, als ein Läuten ertönte. Es erschien ein kleiner Mann mit einem mäßigen Bäuchlein, mit einem weißen Gesicht, roten Backen und einer Glatze, die im Nacken mit schwarzen, dichten Haaren wie mit Fransen verbrämt war. Die Glatze war rund, rein und glänzte so, als wäre sie aus Elfenbein geschnitzt. Das Gesicht des Gastes zeichnete sich durch einen besorgten, aufmerksamen Ausdruck allem gegenüber, was er anblickte, durch einen reservierten Blick, durch ein gemäßigtes Lächeln und einen bescheidenen, offiziellen Ausdruck aus. Er trug einen bequemen Frack, der sich beinahe bei einer bloßen Bewegung schon weit und behaglich öffnete wie ein Tor. Seine Wäsche war, wie um mit der Glatze zu harmonieren, von blendendem Weiß. Er trug auf dem Zeigefinger der rechten Hand einen großen, massiven Ring mit irgendeinem dunklen Stein.
– Doktor! Durch welche Schicksalsfügung kommen Sie? – rief Oblomow aus, dem Gast die eine Hand hinstreckend und ihm mit der zweiten einen Sessel hinschiebend.
– Es dauert mir zu lange, daß Sie immer gesund sind und mich nicht holen lassen, darum komme ich selbst, – antwortete der Doctor scherzhaft. – Nein, – fügte er dann ernst hinzu, – ich war oben bei Ihrem Nachbarn und bin bei der Gelegenheit nachschauen gekommen, wie es Ihnen geht.
– Danke. Und was ist mit dem Nachbar?
– Was mit ihm ist? Die Sache wird sich drei, vier Wochen, vielleicht auch bis zum Herbst hinziehen, und dann. . . . dann steigt das Wasser in die Brust. Das bekannte Ende. Nun, und wie geht es Ihnen?
Oblomow schüttelte traurig den Kopf.
– Schlecht, Doctor. Ich habe selbst daran gedacht, Sie um Rath zu fragen. Ich weiß nicht, was ich thun soll. Der Magen arbeitet fast gar nicht, ich fühle einen Druck unter der Herzgrube, mich quält Sodbrennen, ich athme schwer. . . – zählte Oblomow mit kläglicher Miene auf.
– Geben Sie mir die Hand, – sagte der Doctor, griff nach dem Puls und schloß für einen Augenblick die Augen. – Husten Sie? – fragte er.
– In der Nacht, besonders, wenn ich soupiert habe.
– Hm! Leiden Sie