Das Horoscop. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Das Horoscop - Александр Дюма страница 16
Werfen wir einen flüchtigen Blick auf die Gäste, dann wollen wir auch ihre Unterhaltung belauschen.
Keiner der Gäste, die am Tisch saßen, würde auf den ersten Blick die Sympathie eines intelligenten Beobachters erregt haben. Es war eine Musterkarte von all den nichtssagenden oder einfältigen Physiognomien, die man in allen Klassen der Gesellschaft wiederfindet.
Jedes Mitglied der Familie des Präsidenten Minard trug den Wiederschein der Gedanken, die es bewegten, auf seinem Gesicht. Alle diese Gedanken krochen und wimmelten in den Nebeln der Unwissenheit oder in den Niederungen der Gemeinheit.
Bei den Einen war es das Interesse, bei den Andern der Egoismus, bei Diesen der Geiz, bei Jenen der Knechtssinn.
Man sah hier einen scharfen Gegensatz gegen die Menge, welche, gleich dem Sclaven hinter dem Wagen des römischen Triumphators, dem Präsidenten Minard so eben zugerufen hatte: »Erinnere Dich, Minard, daß Du sterblich bist!« Die Mitglieder dieser Familie, die sich zur Jahresfeier seiner Ernennung zum Präsidenten, welche mit seinem Geburtstag zusammenfiel, versammelt halten, warteten sammt und sonders nur auf ein Wort aus seinem Munde, um ihn zu der glänzenden Rolle, die er so eben beim Proceß seines Collegen gespielt, zu beglückwünschen und auf das glückliche Ergebniß dieses Processes d. h. auf das Todesurtheil gegen Herrn Dubourg zu trinken; und als Minard auf seinen Lehnstuhl sank, sich mit dem Schnupftuch über die Stirne fuhr und sagte: »Ah wahrhaftig, ihr lieben Leute, heute haben wir eine stürmische Sitzung gehabt!« da brachen Alle in lautes Geschrei aus, wie wenn sie nur auf dieses Signal gewartet hätten.
»Schweigt, großer Mann!« sprach ein Neffe, der im Namen Aller das Wort führte; »sprecht nicht, sondern ruhet von Euren Strapazen aus und erlaubet uns den Schweiß zu trocknen, der von Eurer edlen Stirne fließt. Heute ist der Jahrestag Eurer Geburt, dieser große Tag, so glorreich für Eure Familie Und für das Parlament, zu dessen glänzendsten Leuchten Ihr gehöret. Wir sind versammelt, um ihn zu feiern, aber wir wollen noch einige Augenblicke warten. Schöpfet Athem; trinket ein Glas von diesem alten Burgunden und dann werden sogleich auch wir auf die Erhaltung Eures kostbaren Lebens trinken; aber ums Himmelswillen, hemmet den Lauf desselben nicht durch eine Unvorsichtigkeit. Eure Familie fleht Euch an, daß Ihr Euch ihr erhaltet, daß Ihr der Kirche ihre festeste Stütze, Frankreich einen seiner berühmtesten Söhne erhalten möget.«
Auf diese kleine Rede, welche der Form nach schon in jener antiken Zeit veraltet war, wollte der Präsident Minard mit Thränen in den Augen antworten, allein die dürren Hände seiner Frau und die fleischigen Hände seiner Fräulein Töchter verschlossen ihm den Mund, und verhinderten ihn zu sprechen. Endlich nach einigen Minuten Ruhe wurde Herrn Minard das Wort zurückgegeben, und ein langes Bst lief durch die Reihen der Anwesenden damit selbst die Diener, die hinter den Thüren standen, keine Sylbe von der Antwort des beredten Rathes verlieren sollten.
»Ach, meine Freunde,« konnte er endlich beginnen, »meine Brüder, meine Verwandten, meine tugendhafte und vielgeliebte Familie, ich danke Euch für Eure Freundschaft und Eure Lobsprüche; aber ich verdiene sie auch in Wahrheit, oh meine zärtliche Familie! denn ich kann ohne Stolz oder wenn Ihr lieber wollt, mit einem edlen Stolz sagen, ja ich kann laut sagen, daß ohne mich, ohne meine Ausdauer und ohne meine Hartnäckigkeit, der Ketzer Anne Dubourg zu dieser Stunde freigesprochen wäre wie seine Mitschuldigen: Poix, Fumée, du Faux und de la Porte; aber meinem energischen Willen hat mans zu verdanken, daß die Partie gewonnen worden ist, und ich habe, fuhr er fort, indem er seine Augen als Zeichen des Dankes zum Himmel aufschlug, »ich habe, Gott sei Dank, so eben die Verurtheilung dieses elenden Hugenotten aussprechen lassen.«
»Vievat hoch!« rief die Familie, indem sie mit ihren Armen in die Höhe fuhr, wie aus einem Munde. »Es lebe unser hochberühmte Verwandter! Es lebe der Mann, der sich stets gleich geblieben ist! Es lebe der Mann, der bei jeder Geleigenheit die Feinde des Glaubens zu Boden schlägt! Hoch lebe der grobe Präsident Minard!«
Und die Bedienten hinter der Thüre, die Köchinnen der Küche, der Stallknecht im Stall, riefen alle nach:
»Hoch lebe der große Präsident Minard!«
»Dank, meine Freunde, Dank!« sagte der Präsident mit salbungsvoller Stimme, »Dank! Aber zwei Männer, zwei große Männer, zwei Prinzen haben auch ein Recht auf diese Lobsprüche, die Ihr an mich verschwendet: ohne sie, ohne ihre Unterstützung, ohne ihren Einfluß, würde ich diesen glorreichen Handel niemals zu Ende geführt haben. Diese beiden Männer, meine Freunde, sind der Herzog von Guise und Seine Eminenz der Cardinal von Lothringen. Nachdem Ihr auf meine Gesundheit getrunken, meine Freunde, laßt uns auch auf die ihrige trinken, und möge Gott diesen beiden großen Staatsmännern ein langes Leben schenken!«
Man brachte die Gesundheit des Herzogs von Guise und des Cardinals von Lothringen aus; aber Frau Minard bemerkte, daß ihr huldreicher Gemahl das Glas kaum mit seinen Lippen berührte und es wieder auf den Tisch stellte, während irgend eine Erinnerung wie eine Wolke über seinen Kopf hinzog und mit ihrem Schatten seine Stirne verdüsterte.
»Was habt Ihr mein Lieber?« fragte sie, »und woher kommt diese plötzliche Traurigkeit?«
»Ach!« sagte der Präsident, »es gibt keinen vollständigen Triumph, keine ungemischte Freude! Eine melancholische Erinnerung drängt sich nur auf.«
»Und welche melancholische Erinnerung kann sich Euch im schönsten Augenblick Eures Triumphes aufdrängen, theurer Gemahl?« fragte die Präsidentin.
»Im Augenblick, als ich auf ein langes Leben für Herrn von Guise und seinen Bruder trank, fiel es mir ein, daß gestern ein Mensch ermordet worden ist, welchen sie an mich abzusenden mir die Ehre erwiesen.
»Ein Mensch!« rief die Familie
»Das heißt ein Canzleischreiber,« versetzte Minard.
»Wie! Einer Eurer Canzleischreiber ist gestern ermordet worden.«
»Ach mein Gott, ja.«
»Wirklich?«
»Ihr kennt doch Julian Fresne?« fragte der Präsident Minard.
»Julian Fresne?« rief ein Verwandter, »ja, Wir kennen ihn allerdings.«
»Ein eifriger Katholik,« sagte ein Zweiter.
»Ein sehr rechtschaffener Mann,« bemerkte ein Dritter.
»Ich habe ihn gestern in der Rue Barre-du-Bec getroffen, als er gerade aus dem Hotel Guise kam und, wie er mir sagte, nach dem Palais gehen wollte.«
»Nun wohl, Das ist es gerade: er wollte dem Herrn Cardinal von Lothringen aus Auftrag seines Bruders, des Herzoge von Guise, eine Depesche überbringen, die mir mitgetheilt werden sollte. und da wurde er in der Nähe der Notre-Damebrücke ermordet.«
»Oh!« rief die Präsidentin, »welch ein Gräuel!«
»Ermordet!« wiederholte die Familie im Chor, »ermordet! Abermals ein Märtyrer!«
»Man hat doch wenigstens den Mörder verhaftet?« fragte die Präsidentin ihren Gemahl.
»Man kennt ihn nicht«« antwortete Dieser.
»Man hat doch Vermuthungen?« fragte die Präsidentin.
»Man hat sogar Gewißheiten.«
»Gewißheiten?«