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Feind, mag nun Politik oder Eifersucht die Ursache sein.«

      Agenor lächelte verächtlich.

      Beide horchten wieder, hörten aber nichts mehr. Einige Minuten nachher erblickten sie durch die Bäume Mothril, der sich entfernte und den Weg nach dem Zelte von Don Federigo einschlug.

      »Mir scheint,« sagte Agenor, »dies wäre der Augenblick, die schöne Aissa, welche so viel Sympathie für die fränkischen Ritter hat, zu sehen und zu sprechen.«

      »Sie sehen, ja, sie sprechen, nein,« erwiderte Fernando. »Denn, glaubt mir, Mothril hat sich nicht entfernt, ohne Wachen vor der Thüre zurückzulassen.«

      Und er machte mit der Spitze seines Dolches in die Naht des Zeltes eine schmale Oeffnung, welche, so schmal sie auch war, dem Blick in das Innere zu dringen gestattete.

      Aissa lag aus einem Ruhebett von purpurnem, mit Gold gesticktem Stoff, und war in eine von jenen stummen, lächelnden Träumereien versunken, die den Frauen des Orients, deren ganzes Leben sinnlichen Empfindungen angehört, eigenthümlich sind. Eine von ihren Händen hielt das musikalische Instrument, das man die Guzla nennt. Die andere war in ihre mit Perlen bestreuten schwarzen Haare getaucht, welche nur um so mehr ihre seinen, zart zugespitzten Finger mit den roth gefärbten Nägeln hervorhoben. Ein langer, feuchter Blick, der, um sich daraus zu heften, den Gegenstand zu suchen schien, den sie in ihrem Geiste sah, sprang unter ihrem Augenlid mit den seidenen Wimpern hervor.

      »Wie schön ist sie!« murmelte Agenor.

      »Senor,« erwiderte Fernando, »bedenkt wohl, es ist eine Maurin, und folglich eine Feindin unserer heiligen Religion.«

      »Bah!« versetzte Agenor, »ich werde sie bekehren.« In diesem Augenblick hörte man Musaron husten. Dies war das verabredete Zeichen, wenn sich Jemand dem Gehölze nähern würde; und die zwei jungen Leute kehrten mit derselben Vorsicht, die sie zuvor angewendet, aus dem Weg, den sie schon gemacht hatten, zurück. Als sie an den Saum des Gehölzes kamen, erblickten sie aus der Straße von Sevilla eine kleine Truppe, bestehend aus einem Dutzend arabischer und castilianischer Reiter. Sie ritten gerade aus Mothril zu, der, sobald er sie erblickte, einige Schritte von dem Zelte des Großmeisters stehen blieb. Diese Reiter kamen abgesandt vom König Don Pedro und brachten eine neue Depeche an seinen Bruder. Die Depeche war begleitet von einem Brief für Mothril. Der Maure las den für ihn bestimmten Brief und trat in das Zelt von Don Federigo, nachdem er die Ankömmlinge einen Augenblick hatte warten heißen, für den Fall, daß es dem Großmeister belieben würde, einige Erläuterung von ihnen zu verlangen.

      »Abermals!« rief Don Federigo, als er Mothril aus seiner Thürschwelle erblickte.

      »Hoher Herr,« sprach der Maure, »was mich so kühn macht, bis zu Euch zu dringen, ist eine an Euch gerichtete Botschaft unseres geehrten Königs, die ich Euch ungesäumt übergeben wollte.«

      Und er reichte den Brief Don Federigo, der ihn mit einem gewissen Zögern nahm. Doch bei den ersten Zeilen, die er las, klärte sich die Stirne des Großmeisters auf.

      Die Depeche enthielt Folgendes:

      »Mein viel geliebter Bruder, beeile Dich, denn schon ist mein Hof voll von Rittern aller Nationen. Sevilla freut sich in Erwartung der Ankunft des tapferen Großmeisters von San Jago. Diejenigen, welche Du mit Dir bringen wirst, sollen willkommen sein; doch hemme Deinen Marsch nicht durch ein zu großes Gefolge. Zum Ruhm wird es mir gereichen, Dich zu sehen, zum Glück, Dich bald zu sehen.«

      Fernando und Agenor, denen diese neue Truppe, welche sich nach dem Zelte von Don Federigo wandte, einige Unruhe verursachte, traten nun ebenfalls ein.

      »Ah!« sprach Don Federigo, indem er Agenor den Brief des Königs reichte, »leset und seht, welche Aufnahme uns zu Theil werden wird.«

      »Wird Eure Hoheit nicht einige Worte des Willkomms zu denjenigen sagen, welche ihr diesen Brief gebracht haben?« fragte Mothril.

      Don Federigo machte ein Zeichen mit dem Kopf, ging hinaus und dankte ihnen für die Eile, die sie angewendet, denn er hatte vernommen, daß sie den Weg von Sevilla bis zu seinen Zelten in fünf Tagen zurückgelegt. Nachdem er dies gethan, wandte sich Mothril an den Anführer und sprach:

      »Ich behalte Deine Soldaten, um dem Großmeister mehr Ehre anzuthun. Du aber kehre zu dem König Don Pedro mit der Schnelligkeit der Schwalbe zurück und melde ihm, der Prinz sei im Marsch nach Sevilla begriffen.«

      Dann fügte er ganz leise bei:

      »Gehe und sage dem König, ich werde nicht ohne den Beweis, den ich ihm versprochen, zurückkehren.«

      Der arabische Reiter verbeugte sich und schoß, ohne ein Wort zu erwidern, ohne sich oder sein Pferd zu erfrischen, wie ein Pfeil fort.

      Dieser mit leiser Stimme gegebene Auftrag entging Fernando nicht, und obgleich er den Gegenstand desselben nicht wußte, weil er die Worte nicht hatte hören können, glaubte er doch seinem Herrn sagen zu müssen, der Wiederaufbruch des kaum angekommenen Führers erscheine ihm um so verdächtiger, als dieser Führer ein Maure und kein Castilianer sei.

      »Höre,« sagte Don Federigo, als sie allein waren, »die Gefahr, wenn eine solche obwaltet, kann weder mich, noch Dich, noch Agenor bedrohen: wir sind starke Männer, welche keine Gefahr fürchten. Doch im Schlosse Medina Sidonia ist ein schwaches, wehrloses Wesen, eine Frau, welche schon zu viel für mich und meinetwegen gelitten hat. Du mußt abgehen; Du mußt mich verlassen; Du mußt durch irgend ein Mittel, dessen Wahl ich Deiner Gewandtheit anheimstelle, bis zu ihr gelangen und sie auf ihrer Hut zu sein ermahnen. Alles, was ich ihr nicht in einem Briefe sagen könnte, wirst Du ihr mündlich sagen.«

      »Ich werde abreisen, wann Ihr wollt,« antwortete Fernando; »Ihr wißt, daß ich zu Euren Befehlen bin.«

      Federigo setzte sich an einen Tisch und schrieb einige Zeilen auf ein Pergament, auf das er, nachdem er es geschlossen hatte, sein Siegel drückte. Als er hiermit zu Ende war, kam der unvermeidliche Mothril wieder in sein Zelt.

      »Ihr seht,« sprach Don Federigo, »ich schreibe meinerseits auch an den König Don Pedro. Es hieß, wie mir scheint, seinen Brief kalt empfangen, daß man Eurem Boten nur eine mündliche Antwort ertheilte. Morgen früh wird Fernando abgehen.«

      Der Maure verbeugte sich statt jeder Antwort; in seiner Gegenwart verschloß der Großmeister das Pergament in einen mit Perlen gestickten Beutel, übergab diesen dem Pagen und sprach zu ihm: »Du weißt, was damit zu thun ist?«

      »Ja, gnädigster Herr, ich weiß es.«

      »Aber,« versetzte Mothril, »aber da Eure Hoheit diesem fränkischen Ritter wohl gewogen ist, warum schickt sie nicht ihn ab, statt ihres Pagen, den sie nöthig haben dürfte? Ich würde ihn von vier von meinen Leuten escortiren lassen, und wenn er dem König den Brief, einen Brief seines Bruders überbrachte, so hätte er mit einem Male die Gnade verdient, die Ihr für ihn zu erbitten gedenkt.«

      Die Schlauheit des Mauren brachte Don Federigo einen Augenblick in Verlegenheit; doch Fernando kam ihm zu Hilfe.

      »Mir scheint,« sagte er zu Don Federigo, »mir scheint, daß man zum König von Castilien einen Spanier schicken muß. Ueberdies hat Eure Hoheit mich zuerst gewählt, und wenn sie es nicht durchaus befiehlt, so wünsche ich, daß mir die Ehre dieser Sendung übertragen bleibe.«

      »Es ist gut,« erwiderte Don Federigo, »wir ändern nichts an dem, was wir einmal beschlossen haben.«

      »Eure Hoheit ist der Herr,« sprach Mothril, »wir Alle haben keine andere Pflicht, als ihre Befehle zu

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