Der Page des Herzogs von Savoyen. Александр Дюма
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Der Vertrag sollte seine Ausführung nach zwei Jahren erhalten, das heißt bei der Vermählung des Herzogs von Orléans mit der Tochter des Kaisers.
Wie man sieht, war man zum Jahre 1545 gelangt, die Kinder waren herangewachsen, Leone, der jüngste von den Dreien, zählte vierzehn Jahre, Emanuel siebenzehn und Scianca-Ferro noch sechs Monate mehr.
Was ging in dem Herzen Leone’s vor und warum wurde er von Tag zu Tag trauriger? Das fragten einander Scianca-Ferro und Emanuel vergeblich, das fragte Emanuel auch Leone umsonst.
Seltsam! Je älter Leone wurde, um so weniger folgte er dem Beispiele seiner beiden Gefährten. Emanuel und Scianca-Ferro übten sich den ganzen Tag in dem Gebrauche der Waffen, der erstere, um den Namen Cardinälchen vergessen zu lassen, der letztere, um seinen Namen immer mehr zu verdienen. Emanuel hatte denn auch bereits alles erlangt, was Geschicklichkeit geben kann, und Scianca-Ferro hatte von Gott alles empfangen, was er menschlichen Muskeln an Kraft gibt.
Währenddessen befand Leone sich auf irgend einem Thurm, von wo er den Uebungen der beiden Freunde zusehen konnte, und wenn sie ihr Eifer zu weit hinwegtrieb, nahm er ein Buch, setzte sich in einen Winkel des Gartens, und las.
Das Einzige was Leone mit Freuden erlernt hatte, ohne Zweifel, weil er darin ein Mittel sah Emanuel zu folgen, war das Reiten, aber seit einiger Zeit entsagte der Page auch diesem und zwar in demselben Maße, als er trauriger wurde.
Eines besonders setzte Emanuel immer in Verwunderung, nemlich, daß das Gesicht Leone’s sich stets verdüsterte, wenn davon die Rede war, daß er, Emanuel, einmal ein reicher mächtiger Fürst werde.
Eines Tages erhielt der Herzog ein Schreiben von dem Kaiser Carl V., in welchem von einer Vermälung zwischen Emanuel Philibert und der Tochter des Königs Ferdinand, des Bruders des Kaisers, die Rede war. Leone hörte dieses Schreiben vorlesen, er konnte die Wirkung nicht verheimlichen, die es auf ihn machte, und eilte schluchzend hinaus, zum großen Erstaunen des Herzogs Carl III. und Scianca-Ferro’s, welche vergebens nach den Gründen eines solchen Schmerzes suchten.
Sobald der Herzog sich in seine Gemächer begeben hatte, eilte Emanuel seinem Pagen nach. Das, was er für Leone empfand, war etwas ganz Anderes, als was er für Scianca-Ferro fühlte. Er hätte sein Leben hingegeben, um das Leben Scianca-Ferro’s zu retten, sein eigenes Blut vergossen, um das seines Milchbruders zu schonen; aber Leben und alles Blut hätte er freudig hingegeben, um eine Thräne zurückzuhalten, die an den sammtgleichen Lidern und an den langte schwarzen Wimpern Leone’s zitterte.
Da er ihn jetzt hatte weinen sehen, wollte er die Ursache des Schmerzes kennen. Seit länger als einem Jahr bemerkte er die zunehmende Traurigkeit des Pagen und oftmals hatte er ihn um den Grund derselben gefragt, aber alsbald hatte auch Leone seine Kraft zusammengenommen, den Kopf geschüttelt, um trübe Gedanken zu verscheuchen, und dann lächelnd geantwortet:
»Ich bin zu glücklich, Prinz Emanuel, und ich fürchte immer, ein solches Glück könne nicht von Dauer seyn.«
Da hatte Emanuel seinerseits den Kopf geschüttelt, weil er aber schon wußte, daß Leone noch trauriger würde, wenn man in ihn drang, so begnügte er sich, die Hände des Freundes zu fassen und ihn fest anzusehen, als wollte er ihn mit allen Sinnen zugleich fragen; aber Leone wendete langsam die Augen ab und entzog Emanuel sanft die Hände.
Emanuel ging dann selbst traurig zu Scianca-Ferro, der nicht daran dachte, ihn zu fragen, und dem es nicht eingefallen seyn würde, die Hände zu fassen, so sehr war die Freundschaft zwischen Scianca-Ferro und Emanuel verschieden von der zwischen Emanuel und Leon.
An diesem Tage suchte Emanuel den Pagen vergebens länger als eine Stunde in dem Schlosse und im Park; er erkundigte sich bei Jedermann; Niemand hatte Leone gesehen. Endlich sagte ein Stalldiener, Leone sey in die Kirche gegangen und müsse wohl noch da seyn.
Emanuel eilte in die Kirche, überschaute sogleich den ganzen düstern Raum und sah wirklich Leone in der dunkelsten Ecke der verstecktesten Capelle knien.
Er trat so nahe an ihn, daß er ihn fast berührte, ohne daß der Page in seinem inbrünstigen Gebete seine Gegenwart zu bemerken schien.
Da klopfte er ihm leicht auf die Achsel und nannte seinen Namen.
Leone erschrak und sah Emanuel fast furchtsam an.
»Was thust Du zu dieser Stunde in der Kirche?« fragte Emanuel besorgt.
»Ich bete zu Gott,« antwortete Leone schwermüthig, »daß er mir die Kraft gebe das auszuführen, was ich im Sinne habe.«
»Und was hast Du im Sinne?« fragte Emanuel, »darf ich es nicht wissen?«
»Ihr werdet es im Gegentheil zuerst erfahren,« antwortete Leone.
»Du schwörst es mir, Leone?«
»Ja wohl,« antwortete dieser mit traurigem Lächeln.
Emanuel ergriff seine Hand und versuchte ihn aus der Kirche hinauszuziehen, aber Leone machte sanft seine Hand los, wie er es seit einiger Zeit immer zu thun pflegte, kniete wieder nieder und bat mit einer Geberde den jungen Herzog ihn allein zu lassen, dann setzte er hinzu:
»Ich muß noch einen Augenblick mit Gott allein seyn.«
Es lag in dem Tone des Pagen etwas so Feierliches und so Schwermüthiges, daß Emanuel gar keinen Versuch machte ihm entgegen zu seyn.
Er verließ die Kirche, wartete aber an der Thür auf Leone.
Dieser zuckte zusammen, als er ihn bemerkte, schien sich aber gleichwohl nicht zu wundern ihn da zu finden.
»Nun,« fragte Emanuel, »kann ich das Geheimniß nun erfahren?«
»Morgen hoffe ich die Kraft zu haben, es Euch mittheilen zu können,« antwortete Leone.
»Wo?«
»Hier in der Kirche.«
»Zu welcher Zeit?«
»Kommt um dieselbe Stunde wie heute.«
»Und bis dahin, Leone?« fragte Emanuel fast bittend.
»Bis dahin werdet Ihr hoffentlich mich nicht nöthigen, mein Zimmer zu verlassen. Ich bedarf der Einsamkeit und des Nachdenkens.«
Emanuel sah seinen Pagen mit unbeschreiblicher Herzbeklemmung an und begleitete ihn bis an die Thür; hier wollte Leone die Hand des Prinzen ergreifen und küssen, aber jetzt zog Emanuel sie zurück und streckte beide Arme aus, um den Knaben an sich zu ziehen und ihn zu küssen; Leone hielt ihn indeß sanft von sich zurück, machte sich aus Emanuels Armen los und sagte in einem Tone unbeschreiblicher Trauer:
»Morgen, gnädiger Prinz.«
Er ging darauf in sein Zimmer.
Emanuel blieb einen Augenblick an der Thür stehen und hörte so, daß Leone den Riegel vorschob.
»Mein Gott!« dachte der Prinz bei sich, »was geht in mir vor? was empfinde ich?«
»Zum Teufel, was machst Du da?« fragte hinter Emanuel eine rauhe Stimme, während eine kräftige Hand sich ihm auf die Achsel legte.