Der Page des Herzogs von Savoyen. Александр Дюма

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Der Page des Herzogs von Savoyen - Александр Дюма

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sah, auch wieder sie fortgehen sehe. Die Trennung war eine schmerzliche und doch sollte man einander nach drei Stunden wiedersehen und bald auf immer mit einander vereinigt seyn. Das Kind weinte heftig und wollte den Vater nicht loslassen, Die Gräfin brachte es fast mit Gewalt fort; man ging wiederum vor der Schildwache und dem Schließer vorbei und gelangte in das tiefste Dunkel des Hofes. Von da kamen sie wirklich glücklich in die Wohnung des Schließers, ohne gesehen worden zu seyn. Hier schloß man die Gräfin und deren Kind in eine Kammer ein und empfahl ihnen, kein Wort zu sprechen und sich nicht zu rühren. Es konnte jeden Augenblick ein Aufseher eintreten; die Gräfin und das Kind verhielten sich stumm und unbeweglich. Die drei Stunden, welche sie noch von Mitternacht trennten, erschienen der Gräfin so lang, wie die achtundvierzig Stunden, welche vergangen waren; endlich öffnete der Schließer die Thür wieder.

      »Kommt,« sagte er kaum hörbar leise.

      Die Mutter hatte das Kind nicht lassen mögen, damit der Vater bei der Flucht ihm einen letzten Kuß geben könne; es gibt ja auch Augenblicke, in denen man sich um ein Reich nicht von dein trennen würde, was man liebt.

      Wußte die arme Mutter was geschehen sollte, die arme Mutter, welche das Leben ihres Mannes den Henkern zu entreißen suchte? Konnte sie nicht auch gezwungen werden, zu fliehen, entweder mit dem Grafen oder nach einer andern Seite hin? Und wenn sie fliehen mußte, konnte sie ihr Kind zurücklassen? Der Schließer zog das Bett zurück; es befand sich dahinter ein Loch in der Wand, groß genug selbst für einen starken Mann. Hinter dem Schließer gingen Mutter und Kind in den Kerker und als sie hindurch waren, schob die Frau des Schließers das Bett wieder vor, in welchem ein Knabe von vier Jahren schlief. Der Schließer hatte, wie gesagt, den Schlüssel zu diesem ersten Kerker; er öffnete die Thür, deren Angeln er vorher sorgsam eingeölt hatte und man befand sich in dem Kerker des Grafen. Dieser hatte, eine Stunde vorher eine Feile erhalten, damit seine Kette durchzufeilen; da er aber ungeübt in dieser Arbeit war und übrigens gefürchtet hatte von der Schildwache gehört zu werden, die auf dem Gange draußen hin und her ging, so war er kaum zur Hälfte fertig. Der Schließer nahm nun seinerseits die Feile und fing an die Kette durchzufeilen. Plötzlich sah er empor, blieb auf einem Knie liegen, streckte die Hand nach der Thür hinaus und horchte. Der Graf wollte fragen.

      »Still,« sagte der Schließer leise, »es geht etwas Ungewöhnliches vor.«

      »Mein Gott!« jammerte die Gräfin.

      »Still,« wiederholte der Schließer.

      »Alle schwiegen; sie wagten kaum zu athmen; die vier Personen glichen einer Gruppe von Bronze, welche alle Grade der Angst vorstellte. Man hörte ein langsames gedehntes Geräusch, das näher kam, die Tritte mehrerer Personen, und an dem gemessenen Tritt erkannte man, daß Soldaten sich darunter befanden.

      »Kommt,« sagte der Schließer, indem er die Gräfin und das Kind umfaßte und sie mit sich fortzog. »Kommt; es ist ohne Zweifel eine nächtliche Visitation; in jedem Falle dürft Ihr nicht gesehen werden. Sind die Leute wieder fort, angenommen, sie gehen in den Kerker des Grafen, so kehren wir zu ihm zurück.«

      »Die Gräfin und das Kind leisteten keinen Widerstand; der Gefangene selbst trieb sie hinweg; sie gingen durch die Thür, die sich hinter ihnen schloß, die Thür des zweiten Kerkers. In diesem Kerker befand sich eine vergitterte Oeffnung, die in den andern führte und durch die man hinein sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Die Gräfin hielt ihre Tochter im Arme und blickte mit ihr durch jenes Gitter, um zu sehen, was vorgehen werde. Die Hoffnung, die man eine kurze Zeit gehegt hatte, die Ankommenden würden nicht zu dem Grafen sich begeben, schwand; sie blieben an der Thür seines Kerkers stehen und man hörte den Schlüssel in dem Schlosse sich drehen. Bei dem Anblicke, der sich der Gräfin bot, war sie nahe daran einen Schrei auszustoßen; es war aber als errathe dies der Schließer.

      »Kein Wort,« flüsterte er, »keinen Laut, keine Geberde, was auch geschehen mag, oder…«

      Er besann sich, welche schreckliche Drohung er wohl aussprechen könnte, um der Gräfin Schweigen aufzulegen; so zog er endlich einen Dolch von der Brust und sagte: »Oder ich erdolche euer Kind!

      »Unglücklicher!« stammelte die Gräfin.

      »Hier geht es um eines Jeden Leben und mein Leben ist mir so lieb als Euch das eurige.«

      Die Gräfin legte der Tochter die Hand auf den Mund, damit diese schweige. Sie selbst, das wußte sie, ließ keinen Laut über ihre Lippen, nachdem sie die Drohung vernommen hatte. Sie sah nun Folgendes: Zuerst zwei schwarz gekleidete Männer, deren jeder eine Fackel trug; hinter ihnen ein dritter mit einem Pergament, an dem unten ein großes rothes Siegel hing; hinter diesem Manne ein Anderer mit einer Maske, in einem großen braunen Mantel und hinter ihm ein Priester. Sie traten nacheinander in den Kerker, ohne daß die Gräfin ihre Angst durch ein Wort, einen Laut oder eine Geberde verrieth, obwohl sie hinter den Eintretenden draußen eine noch schauerlichere Gruppe bemerkte. Der Thür gegenüber stand ein halb schwarz halb roth gekleideter Mann, welcher beide Hände auf den Griff eines langen, breiten, geraden Schwertes stützte; hinter ihm sah man die sechs barmherzigen Brüder mit den schwarzen Capuzen, welche auf ihren Achseln einen Sarg trugen, und über Alles hinweg blitzten die Gewehre eines Dutzend Soldaten, die an der Wand aufgestellt waren. Die beiden Männer mit den Fackeln, der Mann mit dem Pergament, der Maskirte und der Geistliche traten, wie gesagt, in den Kerker ein, worauf die Thür geschlossen wurde, so daß der Henker, die barmherzigen Brüder und die Soldaten draußen blieben. Der Graf stand an der dicken Gefängnißwand, an der sein bleiches Gesicht abstach; sein Blick suchte hinter dem Gitter den Blick der angstvollen Augen zwar vergebens zu erkennen, aber er errieth, daß sie da waren. So unerwartet und stumm die Erscheinung war, welche sich in seinem Kerker einfand, ließ sie ihm doch keinen Zweifel über sein Schicksal. Wäre er auch so glücklich gewesen zu zweifeln, so würde der Zweifel nicht lange gedauert haben: die beiden Männer mit den Fackeln stellten sich rechts und links auf; der Maskirte und der Geistliche blieben an der Thür, der Mann mit dem Pergamente aber trat vor und fragte:

      »Graf, glaubt Ihr mit eurem Gott gut zu stehen?«

      »So gut wie ein Mensch mit ihm stehen kann, der sich nichts vorzuwerfen hat,« antwortete der Graf mit ruhiger Stimme.

      »Um so besser.« entgegnete der Mann mit dem Pergamente, »denn Ihr seyd verurtheilt und ich habe den Auftrag Euch das Todesurtheil vorzulesen.«

      »Von welchem Gerichtshofe ist es gesprochen?« fragte der Graf ironisch.

      »Durch die alles vermögende Justiz des Herzogs.«

      »Und auf welche Anklage?«

      »Auf die des Kaisers Carl V. Majestät.«

      »Ich bin bereit, das Urtheil anzuhören.«

      »So kniet nieder, denn es ziemt sich, daß ein Mann in der Nähe des Todes sein Urtheil kniend anhöre.«

      »Ja, wenn er schuldig ist, aber nicht wenn er unschuldig ist.«

      »Graf, Ihr steht nicht außerhalb des Gesetzes, kniet also nieder, damit wir nicht genöthigt sind, Gewalt zu brauchen.«

      »Versucht es,« sagte der Graf.

      »Lasset ihn stehen,« fiel der Maskirte ein, »er möge sich nur bekreuzigen, um sich unter den Schutz des Herrn zu stellen.«

      »Der Graf erbebte bei dem Klange dieser Stimme.«

      »Herzog Sforza?« sagte er, indem er sich nach dem Maskirten umdrehte, »ich danke Dir.«

      »Ach, wenn es der Herzog ist, könnte man vielleicht Gnade von ihm erlangen,« flüsterte die Gräfin.

      »Still, wenn Euch

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