John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма
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Nach dem Frühstück wurde ein Spaziergang an den See vorgeschlagen; der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Wir brachen auf; aber statt den gewohnten kürzeren Weg über die Wiese zu nehmen, gingen wir den schönen Weg durch den Wald. Ich wunderte mich gar nicht über diese Veränderung unserer gewöhnlichen Marschroute.
Jener Tag ist mir noch so lebhaft im Gedächtniß, als ob es gestern gewesen wäre. – Wie alle Kinder, konnte ich mich auf den langsamen gemessenen Spazierschritt der Gesellschaft nicht beschränken; ich lief voraus und pflückte Maiblumen – da stand ich plötzlich am Saum des Waldes wie versteinert still und meine erstaunten Blicke waren auf den See gerichtet.
»Vater, eine Brigg!« mehr vermochte ich nicht zu sagen.
»Wahrhaftig, er weiß sie von einer Fregatte und Goelette zu unterscheiden!« rief mein Vater hoch erfreut. »Komm her, John, und laß Dich küssen.«
Eine allerliebste kleine Brigg, an deren Mastspitze die englische Flagge wehre, schaukelte sich anmuthig auf dein See. Am Vordertheile stand in goldenen Buchstaben »Anna Mary«. Die unbekannten Arbeiter, welche seit fünf Monaten im Schlosse gewohnt hatten, waren Zimmerleute von Portsmouth. Im April war das Schiff von Stapel gelassen und aufgetakelt worden, ohne daß ich etwas davon erfahren hatte. Als wir aus dem Walde traten, wurden wir von einer Salve seiner aus vier Kanonen bestehenden Artillerie begrüßt. Ich war entzückt.
In der nächsten Bucht des Sees lag die Schaluppe, von Tom und sechs Matrosen bemannt. Die ganze Gesellschaft stieg ein. Tom nahm am Steuer Platz, die Matrosen setzten die Ruder in Bewegung und wir glitten leicht über den See.
Sechs andere Matrosen, unter dem Befehle George’s, erwarteten den Capitän an Bord, um ihm die seinem Range gebührenden Ehren zu erweisen. Sobald Sir Edward aus dem Verdecke war, übernahm er das Commando. Wir wendeten auf dem Anker; die Marssegel wurden ausgespannt, dann senkten sich alle Segel und die Brigg setzte sich in Bewegung.
Ich fühlte eine unaussprechliche Freude, nun wirklich am Bord eines Schiffes zu sein. Als ich die Bewegung unter meinen Füßen fühlte, klatschte ich in die Hände und Freudenthränen traten mir in die Augen. Meine Mutter fing auch an zu weinen, sie dachte, daß ich einst ein wirkliches Seeschiff besteigen würde und daß ihre bis dahin so sanften friedlichen Träume voll von Stürmen und Kämpfen sein würden. Uebrigens freute sich die ganze Gesellschaft herzlich der von meinem Vater bereiteten Ueberraschung. Das Wetter war herrlich und die »Anna Mary« ließ sich lenken wie ein gut zugerittenes Pferd. Wir machten zuerst die Runde um den See, dann fuhren wir von einem Ende desselben zudem andern; endlich warf man zu meinem großen Bedauern die Anker und zog die Segel ein. Wir stiegen in die Schaluppe und fuhren wieder an’s Land. Während wir uns in’s Schloß zurückbegaben, wurden wir, wie bei unserer Ankunft, von einer Geschützsalve begrüßt.
Von jenem Tage an war die Brigg meine einzige Freude, meine einzige Zerstreuung. Mein Vater freute sich herzlich, daß ich so große Lust zum Seedienst hatte, und da die Schiffszimmerleute, welche bei der Festlichkeit die Bemannung gebildet hatten, wieder nach Portsmouth gingen, so ließ er sechs Matrosen von Liverpool kommen. Meine Mutter lächelte wehmüthig und tröstete sich mit dem Gedanken, daß ich noch sieben bis acht Jahre bei ihr zu bleiben hatte, ehe ich mich wirklich einschiffte.
Meine gute Mutter vergaß die Schule, die erste so schmerzliche Trennung, welche indeß den Vortheil hat, auf eine zweite fast immer folgende ernstere Trennung vorzubereiten.
Die verschiedenen Bestandtheile eines Schiffes waren mir bereits bekannt; nach und nach lernte ich auch den Gebrauch derselben. Im Herbste fing ich sogar an kleine Manöver auszuführen. Tom und mein Vater waren abwechselnd meine Exerciermeister. Der übrige Unterricht wurde dabei vernachlässigt, aber man hatte ihn auf den Winter verschoben.
Wenn ich meine Uniform angezogen hatte und an Bord der Brigg war, glaubte ich kein Kind mehr zu sein; meine Gedanken waren voll von Manövern, Stürmen und Schlachten. An einem Ende des Gartens wurde eine Scheibe aufgestellt; mein Vater ließ mir von London eine kleine Kugelbüchse und zwei Scheibenpistolen kommen. Ehe ich aber diese Zerstörungswerkzeuge berührte, sollte ich den ganzen Mechanismus derselben genau kennen lernen. Ein Büchsenmacher von Derby kam zweimal wöchentlich in’s Schloß und zeigte mir, wie ein Gewehrschloß auseinandergenommen und zusammengesetzt wird. Als ich endlich jedes Stück beim Namen nennen konnte, wurden die Schießübungen angefangen und den ganzen Herbst täglich fortgesetzt. Als der Winter kam, wußte ich mein kleines Arsenal schon ziemlich geschickt zu gebrauchen.
Das schlechte Wetter unterbrach keineswegs unsere nautischen Uebungen, es kam meinem Vater vielmehr in meiner seemännischen Ausbildung zu Hilfe. Unser See erlaubte sich bei stürmischem Wetter einen Wellenschlag, wie ein Meer, das Schiff machte recht hübsche Schwankungen. Dann kletterte ich mit Tom am Takelwerke hinauf, um die höchsten Segel einzuraffen. Das waren wirklich Festtage für mich; denn zu Hause hörte ich, wie mein Vater und Tom die heutigen Heldenthaten erzählten, und meine Eigenliebe wuchs fast zur Mannesgröße empor.
So vergingen drei Jahre unter diesen anstrengenden Uebungen, die man mir so anziehend zu machen wußte. Ich war nicht nur ein gewandter und kühner Matrose geworden, sondern ich hatte eine so genaue Kenntniß von dem gesammten Tau- und Takelwerk, daß ich im Stande war den Befehl zu führen. Zuweilen reichte mir mein Vater ein kleines Sprachrohr, und der kleine Matrose spielte nun die Rolle des Capitäns; auf mein Commando führte dann die Mannschaft die Bewegungen aus, welche ich selbst mitgemacht hatte, und ich konnte die von mir gemachten Fehler beurtheilen, wenn ich sah, daß geschicktere Matrosen als ich dieselben Fehler machten.
Uebrigens war meine Ausbildung langsam vorgeschritten, aber in der Geographie war ich so gut bewandert, wie von einem zehnjährigen Knaben zu erwarten. Im Scheibenschießen leistete ich Ausgezeichnetes; Jedermann freute sich, ausgenommen meine gute Mutter, die darin nur ein Zerstörungsstudium sah.
Der Tag kam, an welchem ich das Vaterhaus verlassen sollte.
Mein Vater hatte für meine wissenschaftliche Ausbildung das berühmte aristokratische College zu Harrow-on-the-Hill gewählt. Es war meine erste Trennung von meinen guten Eltern ; sie war schmerzlich, obgleich sich jeder von uns Gewalt anthat, seinen Schmerz zu verbergen. Tom allein sollte mich begleiten; er erhielt von meinem Vater einen Brief an den Doktor Butler, den Director der Lehranstalt, welchem die für besonders wichtig gehaltenen Unterrichtsgegenstande angelegentlichst empfohlen wurden. Turnen, Fechten und Boxen waren dick unterstrichen. Auf die alten Sprachen legte Sir Edward wenig Werth; er verbot indeß meine Theilnahme an dem Unterricht nicht.
Nachdem ich von der Brigg und den Matrosen einen fast eben so zärtlichen Abschied genommen, wie von meinen Eltern, setzte ich mich mit Tom in den Reisewagen meines Vaters. Die Jugend ist selbstsüchtig, sie unterscheidet die Zuneigung nicht von den Genüssen.
Unterwegs war Alles neu und merkwürdig für mich. Leider war Tom wenig geeignet meine Neugierde zu befriedigen, der Weg von London nach Williamhouse war seine einzige Landreise gewesen, und seitdem hatte er das Schloß nicht wieder verlassen. In jeder etwas großen Stadt, wo wir ankamen, fragte ich ob, es London sei.
Endlich kamen wir nach Harrow. Tom führte mich sogleich zu dem Doctor Butler. Dieser war eben an die Stelle des sehr beliebten Drury gekommen, und dieser Wechsel des Directors hatte unter den Schülern einen kaum beschwichtigten Aufstand hervorgerufen. Dieser Umstand machte meine Vorstellung zu einer steifen Förmlichkeit. Der Doctor saß in seinem Lehnstuhl, sah mich forschend an, las den Brief meines Vaters, gab seine Zustimmung durch Kopfnicken zu verstehen, bot Tom einen Stuhl und fragte mich was ich könne. Ich antwortete, daß ich ein Schiff lenken, die Mittagshöhe