Memoiren einer Favorite. Александр Дюма
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»Nun dann, Emma,« sagte Sir John, »setzen Sie meinen Freund Harry Featherson von unserem Wunsche in Kenntnis. Ganz gewiß wird er den Bitten einer schönen jungen Dame eher Gehör schenken als den unsrigen.«
»Um was handelt es sich?« fragte Sir Harry.
»Um eine Bemühung, der Sie sich hoffentlich unterziehen meiden, um dem Wunsche des Admirals und seiner ehrenwerten Freunde zu genügen,« antwortete ich. »Ich bin eine leidenschaftliche Verehrerin, ich will nicht sagen des Theaters, denn die Bühne werde ich wahrscheinlich niemals betreten, wohl aber der Deklamation. Neulich spielte ich einmal abends vor diesen Herren die Szene Ophelias aus dem vierten Alte von »Hamlet«, und ich machte mich verbindlich, die beiden Liebesszenen zwischen Romeo und Julia zu spielen, wenn jemand die Rolle des Romeo übernehmen wollte. Keiner dieser Herren wußte diese Rolle auswendig und man nannte Ihren Namen als den eines vollendeten Künstlers. Man beklagte Ihre Abwesenheit, versicherte aber dann, Sie seien wieder da. Sir George übernahm es endlich, Ihnen eine Einladung zum Tee bei uns zu überbringen, und alle nahmen sich für den Fall, daß Sie in die Ihnen gelegte Schlinge gingen, vor, Sie nicht eher wieder fortzulassen, als bis Sie sich verbindlich gemacht, wenigstens auf einen Abend mein Romeo zu, sein. Sie haben jetzt gehört, was Sir John Payne gesagt hat, und welche Hoffnung er auf die von mir Ihnen vorgetragene Bitte baut. Ich hoffe, daß Ihre Galanterie Sie bewegen wird, ihn nicht in seiner Erwartung zu täuschen.«
Sei es nun, daß meine Worte gut gewählt schienen, oder daß meine Stimme einen Ausdruck von sanfter Überredung angenommen, kurz, die sämtlichen Herren zollten mir lauten Beifall, als ob ich eine förmliche Tirade losgelassen hätte.
Nach einem solchen Erfolg bei dem Publikum wäre es sehr zu verwundern gewesen, wenn ich bei Sir Harry meine Absicht nicht erreicht hätte.
Dieser begnügte sich jedoch damit, daß er sich verneigte und mir stammelnd antwortete, er stehe mir zu Befehl.
Man umringte mich, man wünschte mir Glück und machte es sich zu einem förmlichen Fest, uns zu sehen und uns die beiden versprochenen Szenen spielen zu hören.
Die Frage war bloß, wo Sir Harry sein Kostüm als Romeo hernehmen sollte. Was mich betraf, so besaß ich das Julias bereits. Sir Harry antwortete jedoch, da man sich von dieser improvisierten Vorstellung ein so großes Vergnügen verspräche, so dürfe dasselbe durch nichts verzögert werden.
Er würde sich deshalb ein Kostüm verschaffen und den nächstfolgenden Abend die Szene mit mir spielen.
Dicht an das Haus stieß ein ziemlich großes Gewächshaus und schon den nächstfolgenden Morgen ließ Sir John Payne einen Tischler mit fünf bis sechs Gesellen holen, welche einen Balkon aufschlugen. Man umgab die Estrade mit Tropenpflanzen, schmückte sie mit Blumen und um zwei Uhr nachmittags war das Theater fertig.
In diesem Augenblicke kam ein Bote von der Admiralität, welcher sehr eilige Depeschen überbrachte.
Sir John las dieselben, ward bleich und sagte mit sichtbar veränderter Stimme zu dem Boten:
»Meldet den Lords, daß ich ihnen pünktlich gehorchen werde.«
Ich bemerkte die Aufregung des Admirals und während der Bote sich entfernte ging ich auf ihn zu, faßte ihn beim Arm und fragte ihn, ob die Depesche vielleicht eine schlimme Nachricht enthielte.
»Ja, eine sehr schlimme Nachricht,« entgegnete er, indem er sich bemühte zu lächeln. »Die Lords der Admiralität halten eine Nachtsitzung und ersuchen mich, derselben beizuwohnen.«
»Dann,« sagte ich, »verschieben wir unsere heutige Abendgesellschaft auf einen anderen Tag.«
»Nein,« sagte er, »im Gegenteil; wenn unsere Gesellschaft nicht heute Abend stattfindet, wer weiß dann, wann wir uns wieder zusammenfinden werden. Ich brauche erst um Mitternacht von hier fortzugehen und mir haben daher vollauf Zeit, unsere beiden Szenen zu spielen. Mittlerweile kommen Sie und schenken Sie mir einige Minuten; ich werde Ihnen dankbar dafür sein.«
Ich betrachtete ihn mit unruhigem Blick. Warum sollte Sir John, der mich doch ganz allein für sich besaß, mir für einige Minuten, die ich ihm schenkte, dankbar sein?
Ich wagte nicht ihn deshalb zu befragen, und da er seinen Arm um mich geschlungen, so ließ ich mich von ihm hinweg führen.
Der Abend kam. So wie die Zeit verging, ward Sir John immer trauriger und ich selbst fühlte mich, ich wußte nicht warum, von einem unglaublichen Frösteln ergriffen. Das Herz schnürte sich mir zusammen und dennoch besaß dieses Gefühl zugleich einen gewissen Reiz. Es war mir, als wenn ich etwas Unbekanntes zugleich fürchtete und hoffte.
Ich dachte mir Sir Harry in seinem schwarzen Kostüm. Ich glaubte, Romeos Wams müßte zu seinem aristokratischen Gesicht wunderschön stehen.
Im Laufe des Tages hatte er dieses Kostüm geschickt und man hatte es in die an das Treibhaus stoßende Wohnung des Gärtners getragen. Aus dieser sollte Harry herauskommen, um am Fuße meines Balkons zu erscheinen.
Um neun Uhr fand er sich in seiner gewöhnlichen Kleidung ein. Er schien vor Freude förmlich zu strahlen und diese Freude beleuchtete sein Gesicht wie eine Glorie.
Ich konnte nicht umhin ihn sehr schön zu finden und der Ton seiner Stimme machte, wie am Abend vorher, einen gewaltigen Eindruck auf mich.
Er kam auf mich zu, küßte mir die Hand und sagte zu mir:
»Guten Abend, teure Julia.«
Diesmal war ich unruhig und verlegen und gab keine Antwort. Ich wäre kaum imstande gewesen, eine zweite Rede nach Art der ersten zu halten.
Zum Glück war dies nicht nötig, weil schon alles im voraus besprochen war.
Um halb zehn Uhr beschäftigte sich jeder von uns mit den Einzelheiten seiner Toilette. Ich bin stets, selbst mit den kompliziertesten Toiletten sehr rasch fertig gewesen, denn ich trug, ausgenommen bei großer Gala, mein Haar stets ohne Puder.
Die Herren gingen hinunter in das Gewächshaus, welches ganz allerliebst erleuchtet war. Zwischen den beiden Szenen sollte uns der Tee serviert werden. Als ich fertig war, ward Sir Harry durch eine im Innern angebrachte Klingel in Kenntnis gesetzt, daß er nun auftreten könne.
Ich hatte mich nicht geirrt. Das mittelalterliche Kostüm stand ihm bewundernswürdig gut und er war auf diese Weise vollkommen schön.
Er näherte sich meinem Balkon wie ein vollendeter Künstler oder wie ein leidenschaftlicher Liebhaber und begann die schon in einem früheren Capitel mitgeteilten Verse zu deklamieren.
Gleich bei den ersten Worten zuckte ich zusammen. Es war wirklich dieselbe Stimme, es war wirklich dieselbe Betonung, die ich in Miß Arabellas Garten gehört.
Entweder lag hier ein unerhörtes Wunder von Ähnlichkeit vor, oder ich hatte meinen Harry wiedergefunden, den ich für immer verloren geglaubt.
Andererseits aber war es unmöglich, daß der edle Sir Harry Featherson derselbe wäre wie der bescheidene Künstler, mit dem ich mich auf so malerische und so geheimnisvolle Weise in Beziehung gesetzt.
Es war immer noch besser, an eine allerdings unwahrscheinliche, aber doch mögliche Ähnlichkeit der Stimme, als an eine mehr als unwahrscheinliche Identität zu glauben.
Auf alle Fälle fühlte ich mich durch den Zauber dieser Stimme unwiderstehlich hingerissen, und als ich auf dem Balkon erschien, trugen meine Züge ohne Zweifel den Ausdruck des