Memoiren einer Favorite. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Memoiren einer Favorite - Александр Дюма страница 40
Man nahm das, was nur eine Schwäche des Körpers war, für eine Begeisterung des Herzens.
Ich spielte den übrigen Teil der Szene über den Balkon hinausgebeugt und mich an das Geländer anklammernd.
Als Romeo sich, mir sein letztes Lebewohl zuschickend, entfernte, machte mein Trennungsschmerz sich auf eine Weise Luft, daß man nicht anders glauben konnte, als es sei wirklich der Schmerzensschrei eines Körpers, der seine Seele sich losreißen fühlte.
Vergebens würde ich versuchen, den Enthusiasmus, welchen diese Szene hervorrief, und den wahnsinnigen Beifall, der ihr folgte, zu schildern.
Was mich betraf, so war ich halb ohnmächtig auf dem Balkon zurückgeblieben.
Sir John näherte sich mir, richtete mich in seinen Armen empor und trug mich mehr, als er mich führte, in die Mitte seiner Freunde zurück.
Sir Harry bekam ebenfalls seinen Anteil an den Lobsprüchen, die er aber bescheiden ablehnte und ausschließlich mir zuwies.
Sir John faßte unsere beiden fieberhaft glühenden Hände in die seine, welche kalt und feucht war, und sagte:
»Wenn Romeo und Julia einander so geliebt hätten, wie ihr, so würde der Tod, so unerbittlich er sonst auch ist, nicht den Mut gehabt haben, sie zu trennen.«
Ich betrachtete ihn mit Erstaunen und zog meine Hand zurück, die er mir erst nach einem feurigen Druck zurückgab.
Wir tranken Tee, dann zog Sir John seine Uhr heraus.
»Meine Herren,« sagte er, »um zwölf Uhr bin ich genötigt, Sie zu verlassen. Die Admiralität hält eine Nachsitzung. Wir haben also noch eine Viertelstunde miteinander zuzubringen.«
Dann nahm er mich beiseite und fuhr fort:
»Ihnen, liebe Emma, sage ich nicht Lebewohl. Es ist möglich, daß die Sitzung zeitig genug endet, um mir zu gestatten, wiederzukommen und die Nacht bei Ihnen zuzubringen. Warten Sie jedoch nicht auf mich, sondern legen Sie sich zu Bett und schlafen Sie. Ich habe meinen Schlüssel. Machen Sie sich daher um mich keinerlei Unruhe.«
Ich weiß nicht, warum mich bei diesen Worten ein kalter Schauer durchrieselte.
»Können Sie denn nicht von dieser Sitzung wegbleiben?« fragte ich, ohne recht zu wissen, ob ich auch wirklich wünschte, daß er bliebe.
»Unmöglich,« antwortete er.
Dann kehrte er an den Teetisch zurück, um welchen herum seine Freunde gruppiert waren, plauderte und machte eine sichtbare Anstrengung, seine Gemütsbewegung hinter einer erheuchelten Heiterkeit zu verbergen.
Die Viertelstunde verging. Man hörte die Mitternachtsstunde schlagen.
Sir John zog zum zweiten mal die Uhr. Sie stimmte mit dem Schlage der Turmuhr überein.
Die Herren begriffen, daß es Zeit für sie war, sich zu entfernen. Sie nahmen daher Abschied von mir, Harry ebenso wie die andern, aber mit einem Blick tiefer Trauer, dann kam Sir John auf mich zu, küßte mich auf die Stirn und sprach die beiden Verse Romeos:
»Es senke sich der Schlummer leis' auf dich herab,
So wie die Biene auf den Kelch der Rose.«
Ich konnte bloß durch ein Lächeln antworten, welches ebenso traurig war, wie das seinige. Er warf mir einen letzten Blick zu, ergriff Sir Harrys Arm und war mit ihm der letzte, der das Zimmer verließ.
Als die Tür sich hinter ihm schloß, fühlte ich mich so einsam und so bedrückt, als ob ich mich in der Gruft der Capulets befunden hätte.
Ich bewunderte, während ich zugleich erschrak, die seltsamen Verkettungen, womit das Schicksal die verschiedenen Episoden meines Lebens miteinander in Verbindung brachte, ohne daß mein Wille irgendwelchen Anteil daran hatte.
In der Tat hatte ich jenen unbekannten Künstler, jenen bescheidenen Sir Harry, der nur wie ein Phantom mitten in der Finsternis an mir vorübergegangen war und auch nur die Spur eines solchen hinterlassen hatte, beinahe vergessen. Plötzlich kommt Sir John auf den Einfall, seinen Freunden einen Begriff von meinem mimischen Talent zu geben. Ich spiele die Wahnsinnsszene der Ophelia. Man bittet mich, dieselbe zu wiederholen. Ich erbiete mich, wenn jemand mitspielen will, die eine oder die andere der beiden Liebesszenen aus »Romeo und Julia« aufzuführen. Niemand weiß die eine oder die andere auswendig. Einer von Sir Johns Freunden nennt Sir Harry Feathersons Namen. Dieser Name Harry macht mich stutzig. Sir Harry Featherson, der seit sechs Monaten verreist gewesen, ist seit kaum zwei oder drei Tagen zurückgekehrt. Der Admiral Sir John Payne beauftragt Sir George, ihn einzuladen. Er kommt und der Zufall, das Verhängnis will, daß Sir Harry Featherson und der Student Harry ein und dieselbe Person sind.
Was hatte ich mir bei diesem allem vorzuwerfen? Nichts, außer höchstens die Gefühle, die ich bei seinem Anblick, bei seinen Worten, bei seiner Berührung empfunden. Stand es aber wohl in meiner Macht, diese Gefühle zu empfinden oder nicht? Und war es nicht schon viel, daß ich die Kraft hatte, sie zu bemeistern?
Welche Einwirkung sollte diese neue Begegnung auf mein Leben äußern? Was dies betraf, so war ich fest entschlossen, die Verantwortlichkeit dafür nicht auf mich zu nehmen.
Ich hatte Sir John alles gesagt. Ich wollte ihm nun auch bei seiner Nachhausekunft sagen, von welcher Art die Empfindungen seien, welche Sir Harrys Nähe mir eingeflößt.
An ihm war es dann, über mein Leben zu entscheiden, indem er mich entweder von London entfernte oder mir erlaubte zu bleiben und folglich Sir Harry wiederzusehen.
Bei diesem Entschluß blieb ich stehen. Ich empfand für Sir John nicht das, was man eigentlich Liebe nennt, wohl aber war ich durchdrungen von Hochachtung wegen seines edelmütigen Charakters und von Dankbarkeit für seine mir bewiesene Güte und Freigebigkeit. Ihn täuschen, dies würde für mich, wie ich recht wohl fühlte, ewige Reue zur Folge gehabt haben.
Nachdem ich einmal diesen Entschluß gefaßt, fühlte ich mich ruhiger. Sir Johns Hand, dies wußte ich bestimmt, leitete mich sicherlich wie die eines Freundes, und ohne sein eigenes Interesse zu Rate zu ziehen, wählte er für mich die am wenigsten schmerzliche Bahn.
Ich verließ das Gewächshaus, kehrte in mein Zimmer zurück, kleidete mich aus und legte mich nieder. Da er mir gesagt, er würde, wenn es ihm möglich wäre, wieder nach Hause kommen, so erwartete ich ihn, denn ich war überzeugt, daß er sein Wort halten würde.
Ich fühlte jedoch, daß die Nacht für das Geständnis, welches ich ihm abzulegen hatte, niemals dunkel genug sein würde, und deshalb löschte ich alle Lichter aus, selbst das Nachtlicht.
Es verging ziemlich lange Zeit, während welcher meine Zofe und die andern Dienstleute sich zu Bett begaben. Ich hörte die Uhr eins, dann zwei schlagen, ohne daß es mir in der Ungeduld des Wartens und bei den vielen Gedanken, die mich beschäftigten, gelungen wäre, einzuschlafen.
Es hatte eben halb drei geschlagen, als es mir war, als hörte ich das Geräusch eines sich behutsam bewegenden Trittes auf dem Fußboden, dann hörte ich wie die Tür des an mein Schlafzimmer stoßenden Toilettekabinetts sich leise öffnete, dann trat ein Augenblick Schweigen ein.
Ich zweifelte nicht, daß es Sir John wäre, welcher wieder nach Hause käme. Er hatte den Schlüssel zu dem äußern Tor des Hotels, um zu jeder Stunde ins Haus gelangen zu