Memoiren einer Favorite. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Memoiren einer Favorite - Александр Дюма страница 43
Die Folge hiervon war von Seiten unserer in gesetzlichen Verhältnissen lebenden Nachbarn eine Kundgebung von Verachtung, welche bei jeder Gelegenheit zu Tage trat und mich im tiefsten Herzen verwundete.
Allerdings, über den kleinen Hof, welchen Sir Harry mir bereitet, herrschte ich als Königin, ich war Königin der Wettrennen, der Feste und der Jagden.
Während der drei oder vier Monate, welche wir in Up-Park verbrachten, lernte ich reiten und erlangte hierin einen hohen Grad von Eleganz und Sicherheit. Abends fuhr ich fort Szenen aus Dramen vorzuführen und durch plastische Attitüden die berühmtesten Frauen des Altertums nachzuahmen.
Mit Hilfe der außerordentlichen Beweglichkeit meiner Züge und der prachtvollen Kostüms, die ich nach den besten Zeichnungen, welche man von jenen berühmten Persönlichkeiten auftreiben konnte, fertigen ließ, gelang es mir, eine genaue Vorstellung von denselben zu geben, und oft hatte ich nicht einmal nötig zu sagen, wer die Heldin aus der griechischen, jüdischen oder römischen Geschichte, die ich vorstellen wollte, war, denn die Zuschauer errieten es sofort von selbst.
Es möchte schwierig sein, zu sagen, auf welche Summe sich die täglichen Ausgaben für diese königliche Villegiatur beliefen.
Zwei- oder dreimal reiste Sir Harry selbst nach London, um das zur Fortführung dieses Luxus notwendige Geld zu holen.
Der Intendant, welcher für die ersten Bedürfnisse gesorgt, hatte endlich geschrieben, daß, da Sir Harrys Einkünfte schon auf zwei Jahre im voraus erschöpft wären, es schwierig sein würde, eher wieder Geld aufzutreiben, als bis Sir Harry, nachdem er sein fünfundzwanzigstes Jahr zurückgelegt, die Verwaltung seines Vermögens selbst in die Hände bekäme, welches dann allerdings ein ungeheures sein würde.
Gegen Ende des Monats Juli sah er sich in großer Geldverlegenheit, daß er, um nach London reisen und eines seiner gewohnten Anlehen dort aufnehmen zu können, sich wegen Bestreitung der Reisekosten an mich wendete.
Seine Freunde, welche diesen unvermeidlichen Ruin schon von weitem kommen gesehen, waren einer nach dem andern verschwunden. Die beiden letzten reisten mit ihm zugleich nach London ab und versprachen mit ihm wiederzukommen.
Ich allein, ich sah nichts, ich ahnte nichts, sondern glaubte, Sir Harrys Börse sei eben so unerschöpflich wie die des Fortunatus.
Drei Tage wartete ich, ohne mich sonderlich zu beunruhigen. Noch zwei Tage vergingen, ohne daß Nachricht kam – erst am Morgen des sechsten, seitdem Sir Harry Up-Park verlassen, empfing ich einen Brief von ihm. Dieser Brief war ein Donnerschlag. Er lautete wie folgt:
Ich bin vollständig ruiniert wenigstens für den Augenblick. Ich schulde ziemlich fünfzigtausend Pfund Sterling. Meine Familie will mich den Klauen der Wucherer und Advokaten nur unter der Bedingung entreißen, daß ich mich vollständig ändere. Unter dieser Änderung versteht man zunächst und vor allen Dingen die Verzichtung auf das Teuerste, was ich in der Welt besitze, das heißt auf Sie. Um meines guten Verhaltens und Gehorsams während der zwei oder drei Jahre, die mich noch von meiner Volljährigkeit trennen, sicher zu sein, verbannt man mich nach Indien, wo meine Familie mir eine Kompagnie gekauft hat. Alles dieses ist erst diesen Morgen festgesetzt worden. Heute abend bringt man mich auf das Schiff und wenn Sie diesen Brief erhalten, so schwimme ich schon auf offenem Meere.
Leben Sie wohl, meine teure Emma! Sie haben mir acht Monate eines Glückes bereitet, welches nur wenigen Menschen beschieden ist. Verzeihen Sie, daß ich es Ihnen so übel vergelte.
Ich, der ich Sie geliebt, ich liebe Sie noch und werde Sie stets lieben.
Noch an demselben Tage fanden sich Gerichtsbeamte ein, um eine Liste über die von Sir Harry Featherson in dem Schlosse zu Up-Park gelassenen Gegenstände aufzunehmen, welche den Gläubigern, deren gerichtlichen Schritten man Einhalt getan, zum Pfand dienen sollten.
In derselben Stunde verließ ich das Schloß und nahm weiter nichts mit, als die mir persönlich gehörenden Effekten und eine Summe von ungefähr zweihundertundfünfzig Pfund.
Sechstes Capitel
Diese Gemütserschütterung war eine der heftigsten, die ich in meinem Leben erfahren. Bis jetzt war ich von der Armut zum Luxus, vom Unglück zum Glück emporgestiegen. Plötzlich aber zerbrach gleichsam etwas in der Maschinerie meiner Existenz und ich hörte auf an meine Unverwundbarkeit zu glauben.
Ich liebte Harry von ganzer Seele, und meine Seele ward dadurch, daß diese Liebe mir geraubt ward, vollständig zerrissen. Diese Liebe wurzelte in meinem ganzen Sein und dieses hatte daher nicht eine Stelle, welche dadurch nicht schmerzhaft berührt worden wäre.
Auf die moralische Saite, die durch den ersten Schlag getroffen worden, folgte die materielle. Von dem Augenblicke an, wo ich mich von dem Schlage wieder emporrichtete, mußte ich mich mit den Sorgen für meinen Lebensunterhalt beschäftigen und für ein bekümmertes Herz ist dies eine furchtbare Aufgabe.
Wo sollte ich hin? Was sollte aus mir werden? Wo sollte ich ein Obdach finden? Auf welchen Stein sollte ich mein Haupt niederlegen?
Alles dies wußte ich nicht, und diese Fragen legte ich mir vor, während ich unter einem Baum der Allee saß, deren Staub ich noch acht Tage vorher unter den Rädern einer eleganten Equipage oder unter den Hufen eines stolzen Rosses aufgewirbelt.
Ich hatte mir in der benachbarten Stadt einen Wagen gemietet, diesen mit meinen zwei oder drei Koffern beladen und darin Platz genommen. Als der Kutscher mich fragte: »Wo soll ich Sie hinfahren, Madame?« wußte ich nicht, was ich ihm antworten sollte.
»Fahrt immer die Straße entlang,« sagte ich.
»Welche denn?« fragte er wieder.
»Diese da.«
»Aber bis wohin denn?«
»Bis in das erste Dorf oder bis an die erste Stadt.«
»Der erste Marktflecken ist Nutley.«
»Nun, dann fahret nach Nutley.«
Der Kutscher setzte, nicht wenig erstaunt, seine Pferde in Bewegung. Nach Verlauf von drei Stunden machte er Halt auf dem Marktplatze eines großen Dorfes, welches in einer reizenden Gegend am Fuße einer Anhöhe lag.
»Nun sind wir in Nutley,« sagte er zu mir.
»Erkundigt Euch, ob es hier ein kleines Haus zu vermieten gibt, welches von einer Dame allein mit ihrer Dienerin bewohnt werden kann.«
Er warf die Zügel dem Pferde auf den Hals und begann zu suchen, was ich begehrte.
Ich blieb stumm und unbeweglich im Wagen sitzen, wie viel Minuten oder wie viel Stunden weiß ich nicht zu sagen, ich hatte den Sinn für den Lauf der Zeit verloren.
Der Kutscher kam endlich zurück.
Am andern Ende des Dorfes hatte er wirklich ein kleines Haus gefunden, was nach seiner Meinung ganz für mich paßte.
»Fahret mich hin,« sagte ich zu ihm.
Der