Das Schatzhaus des Königs. Wilhelm Walloth
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Читать онлайн книгу Das Schatzhaus des Königs - Wilhelm Walloth страница 15
»Und mit welchem Rechte trittst du unaufgefordert, unangemeldet in mein Zimmer, Jüdin?« herrschte sie die vornehme Frau an. »Weißt du, daß ich dich von meinen Dienern dürfte hinauspeitschen lassen, du unsäglich unverschämte, ehrlose Tänzerin? Rasch, verlasse dies Gemach, das du entwürdigst durch dein Hiersein!«
»Um Verzeihung, hohe Frau,« sagte Rebekka listig lächelnd. »Ihr werdet ganz anders sprechen, sobald ich Euch den Grund meines Hierseins melde.«
»Nun? Ich bin begierig zu hören, was mir eine Jüdin zu melden hat.«
»Was ich zu sagen habe, betrifft Euren Sohn.«
»Menes?«
»So ist es.«
»Rede.«
»Nicht vor Zeugen, nur Euch allein darf ich anvertrauen, was ich über ihn weiß.«
»Unnötige Vorsicht, Jüdin, rede.«
»Es betrifft ein Geheimnis, kaum für die Ohren der Mutter bestimmt, geschweige für die der Sklavinnen,« sagte Rebekka mit auffallendem Ernst.
»Du scherzest, Dirne.«
»Ihr werdet bald erleben, daß mein Scherz sehr bitter schmeckt.«
»Willst du drohen?«
»Fast könnte ich es.«
Asso besann sich; schon hatte sie durch einen Wink den Befehl gegeben, die Jüdin aus dem Zimmer zu weisen, als ihr der gewichtige Ausdruck im Gesichte der Tänzerin doch einige Neugierde erweckte. Sie gab ärgerlichen Befehl, sie mit der Jüdin allein zu lassen und warf sich dann in imponierender Lage auf einen Diwan, das Gesicht von der Tänzerin abgekehrt.
»Sprich,« flüsterte sie, wie ermattet, indem sie einen Strauß zerpflückte, der ihr zufällig in die Finger geraten war. »Aber fasse dich kurz, ich habe nicht Zeit, dein Gerede mit anzuhören, das schließlich doch nur auf eine Bettelei hinauslaufen wird.«
»Vorerst muß ich darum bitten,« sagte Rebekka, sich bescheiden auf einen Stuhl niederlassend, »daß Ihr mich nicht verratet, hohe Frau. Uns ist verboten, am heutigen Tage auszugehen; mich könnte nur die Wichtigkeit meiner Nachrichten, die ich Euch zu bringen habe, dazu verleiten, diesem Befehl zu trotzen.«
Asso winkte bejahend mit dem Fächer.
»Also von meinem Sohne, wenn du die Gefälligkeit hast,« setzte sie mit ironischer Höflichkeit hinzu.
»Gewiß, von Menes,« lächelte die Jüdin. »Gute Frau, Ihr tätet besser, Euch auf das, was ich zu sagen habe, vorzubereiten, denn ich glaube, die unerwartete Offenbarung, die ich geben muß, möchte Euch ein wenig unsanft aus Eurer verachtungsvollen Gelassenheit aufrütteln.«
Die Witwe warf den Kopf zurück, als wolle sie andeuten: sie in Erstaunen zu setzen, sei ein Ding der Unmöglichkeit. Ebensogut könne man eine Pyramide erschüttern. Ein höhnisches Lächeln glitt über das Gesicht der Dame. »Euer Sohn Menes liebt!« warf nun Rebekka mit möglichster Gleichgültigkeit hin.
Da war es bereits um die Gelassenheit der vornehmen Dame geschehen, sie ließ den Strauß fallen, mit dem sie gespielt, und sah ihrem Besuch groß ins Antlitz.
»Was wagst du zu behaupten,« sagte sie nach einiger Zeit dumpf. »Menes liebte, ohne meine Erlaubnis? Du weißt nicht, was du redest, ich fürchte, ich sitze einer Wahnsinnigen gegenüber. Ich kenne meinen Sohn.«
»Ihr kennt ihn? Es tut mir leid, Euch sagen zu müssen, daß ich ihn besser kenne wie Ihr, hohe Frau. Er liebt. Ja! das tut er,« lachte Rebekka mit Behagen, »und zwar liebt er – erschreckt nicht zu sehr – eine meiner Abstammung. Nun? Ihr schweigt? Ihr erblaßt? Das hattet Ihr wohl nicht erwartet? Ja, ja! Die Liebe ist eine seltsame, schlaue Erfindung der Götter. Sie brennt wie Schlangengift und kühlt wie Honig. Sie macht uns zu Narren und Weisen zugleich. Freilich, Menes hätte so vernünftig sein sollen, von Euch zu erfahren, auf wen er die Glut seines Innern lenken solle, doch die Göttin der Liebe, die katzenköpfige Sechet, läßt sich nicht gebieten, sie brütete in der Glut des Mittags schwüle Dünste aus, die sie Eurem Menes ins Herz träufelte, sie leckte mit ihrem niedlichen Katzenköpfchen und, ehe sich's der arme Junge versah, verwandelte sie ihren Katzenkopf in den des Löwen – da liegt er nun, zerrissen von den Klauen der Unbarmherzigen.«
»Du lügst! Du lügst! Du lügst!« unterbrach Asso schreiend die Sprechende, indem sie sich tigerartig emporschnellte und mit ihren zu Krallen gekrümmten Fingern die Polster zerkratzte. »Wiederhole mir noch einmal diese abscheuliche, echt ebräische Lüge, du weiße, glatte Schlange, und ich will dir die Augen ausreißen, ich will dich in den Morast des Nil werfen, daß dir das Getier dein verfluchtes Fleisch benagt. Mein Sohn verachtet so sehr, wie ich, euch schmutzige Insekten, die ihr am Ufer des Nil nur geduldet seid, die ihr jeden Augenblick fürchten müßt, ausgerottet zu werden, wie faules Unkraut. Ich sage dir, du lügst! Menes ließ sich nicht so tief herab, und wenn er vielleicht einmal eine eures Stammes für schön gefunden, so mag dies sein; seiner Jugend verzeiht man Schwärmereien, die Göttin Sechet will auch bedeutungslose Opfer haben. Doch merke dir, daß zwischen Liebe und Liebe ein Unterschied ist. Nie begehrt er eine Jüdin zum Weibe, mein Sohn, nie! Und wenn ich wüßte, daß er diesen Plan gehegt, wenn ich wüßte, daß er – eine Jüdin – – ha!«
Sie warf sich ermattet auf die Polster zurück, ihren Halsschmuck zerreißend und ihn mit wütender Faust in das Zimmer schleudernd, daß die Perlen von den Steinfliesen in die Höhe tanzten wie betrunkene Sklaven. Kaltblütig, aber mit versteckter Lust im rachsüchtig leuchtenden Auge, reichte nun Rebekka der Witwe einen Siegelring, den ein smaragdener Käfer zierte.
»Erkennt Ihr diesen Ring?« frug sie.
»Diesen Ring –? Es ist – es ist der seine,« keuchte Asso. »Woher hast du ihn? Du hast ihn gestohlen! Gestehe es ein.«
»Vor allen Dingen laßt meinen Arm los, Herrin,« sagte Rebekka, »ich gehe Euch nicht eher davon, bis Ihr die ganze Begebenheit kennt. Es bereitet mir viel zuviel Freude, Euch in den geheimnisvollen Lebenswandel Eures wohlgeratenen Sohnes einzuführen.«
»So weißt du mehr über sein Leben wie ich?« frug Asso, den Arm ihrer Quälerin loslassend.
»Hört mich an,« sagte diese.
»Ich will dir zuhören,« sprach die Witwe resigniert. »Erzähle mir alles, was du weißt! Du scheinst mir aufrichtiger zu sein, als mir anfangs schien. Gib mir deine Hand und nimm die Versicherung, Jüdin, daß ich dir, wenn du mir wahrheitsgetreu berichtest, was mein Sohn ohne mein Wissen getrieben, ebenfalls Dienste leisten werde, auf welche Art es auch sei. – Verzeihe, daß ich mich hinreißen ließ.«
»Gut,« entgegnete ihr das Mädchen, »darauf gehe ich ein, denn Ihr könnt Euch denken, daß ich nicht ohne selbstische Absicht hierhergekommen. Meine Mühe, die geheimen Pfade Eures Menes auskundschaftet zu haben, fordert Belohnung.«
»Und woraus soll diese bestehen?«
»Macht es möglich, daß ich in die Nähe des Königs komme,« erwiderte ihr die Jüdin, »ich brenne vor Verlangen, dem Sohn der Sonne meine Tanzkunst vorzuführen. Wenn Ihr dies bewerkstelligt – und ich weiß, Ihr könnt es, denn Ihr seid mächtig – dann bin ich Euch die ergebenste Freundin, dann sollt Ihr erfahren, was in und außer