Die Frau in Weiss. Уилки Коллинз

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Die Frau in Weiss - Уилки Коллинз

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es gelang Ihnen nicht, ihren Namen zu erfahren?«

      »Es war mir unmöglich.«

      »Höchst sonderbar. Ich bin der Ansicht, Mr. Hartright, daß Sie ganz recht darin thaten, daß Sie dem armen Geschöpfe zu ihrer Freiheit verhalfen, denn sie scheint in Ihrer Gegenwart Nichts gethan zu haben, was bewiesen hätte, daß sie zu dem Genusse derselben nicht berechtigt sei. Aber ich wollte doch, Sie wären ein wenig entschlossener in Ihren Versuchen, ihren Namen zu erfahren, gewesen. Wir müssen dieses Geheimniß wirklich auf die eine oder andere Art aufklären. Ich denke indessen, sie erwähnen die Sache lieber noch nicht gegenüber Mr. Fairlie oder meiner Schwester. Ich bin fest überzeugt, daß Beide ebenso wenig wie ich wissen, wer die Frau ist und in welcher Art ihre frühere Geschichte Bezug zu unserer Familie haben könnte. Beide aber sind auch freilich auf ganz verschiedene Weise nervenschwach und leicht erregbar, und Sie würden sie nur unnöthigerweise beunruhigen. Was mich selbst betrifft, so brenne ich vor Neugierde und werde von diesem Augenblicke an meine ganze Energie auf die Entdeckung der Sache richten.

      Als meine Mutter bald nach ihrer zweiten Heirat hierher kam, errichtete sie allerdings die Dorfschule, gerade so wie sie noch jetzt besteht. Aber die alten Lehrer sind alle todt oder anderswohin gegangen, so daß von der Seite her keine Aufklärung zu erwarten ist. Die einzige andere Alternative, die mir einfällt –«

      Hier wurden wir durch das Eintreten des Dieners unterbrochen, der mich benachrichtigte, daß Mr. Fairlie sich freuen werde, mich bei sich zu sehen, sobald ich mit dem Frühstück zu Ende sei.

      »Warten Sie draußen,« sagte Miß Halcombe, indem sie auf ihre schnelle, lebhafte Weise statt meiner antwortete, »Mr. Hartright wird gleich hinauskommen. Was ich sagen wollte,« fuhr sie fort, indem sie sich zu mir wandte, »die einzige Alternative wäre, daß meine Schwester und ich eine große Sammlung von meiner Mutter Briefen besitzen, die sie an ihren und meinen Vater geschrieben hatte. In Ermangelung aller anderen Mittel, uns Aufklärung zu verschaffen, will ich den Morgen dazu verwenden, meiner Mutter Correspondenz mit Mr. Fairlie durchzusehen. Er liebte London und war sehr oft von seinem Landsitze abwesend, und sie war gewohnt, ihm bei solchen Gelegenheiten Berichte über Alles zu schreiben, was sich in Limmeridge zutrug. Ihre Briefe sind voll von ihrer Schule, für die sie ein großes Interesse fühlte, und ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich, daß ich etwas entdeckt haben werde, sobald wir einander wiedersehen. Das Gabelfrühstück ist um zwei Uhr, Mr. Hartright. Ich werde dann das Vergnügen haben, Sie meiner Schwester vorzustellen, und den Nachmittag wollen wir dann dazu verwenden, in der Nachbarschaft spazieren zu fahren und Ihnen alle unsere Lieblingsaussichten zu zeigen. Also auf Wiedersehen um zwei Uhr.«

      Sie nickte mir mit der lebhaften Grazie und der bezaubernden vornehmen Vertraulichkeit zu, die Alles, was sie that und sagte, charakterisirten, und verschwand durch eine Thür am unteren Ende des Zimmers. Sobald sie mich verlassen, ging ich in den Vorplatz hinaus und ließ mich von dem Diener zum ersten Male zu Mr. Fairlie führen.

      VI

      Mein Führer ging mit mir zu dem Corridor hinauf, auf dem das Schlafzimmer lag, in welchem ich die vergangene Nacht zugebracht hatte, und die Thür neben demselben öffnend, ersuchte er mich, hinein zu sehen.

      »Ich habe Befehl von meinem Herrn, Ihnen Ihr eigenes Wohnzimmer zu zeigen, Sir,« sagte der Mann, »und Sie zu fragen, ob sie mit der Lage und dem Lichte zufrieden sind.«

      Ich wäre in der That schwer zu befriedigen gewesen, hätte nicht das Zimmer, sowohl wie Alles, was dazu gehörte, meinen Beifall gehabt. Das Bogenfenster zeigte dieselbe wunderschöne Aussicht, die ich in der Frühe schon von meiner Schlafstube aus bewundert hatte. Die Möbel waren vollkommen an Luxus und Schönheit, und der runde Tisch in der Mitte der Stube funkelte förmlich von den darauf liegenden, reich gebundenen Büchern, eleganten Schreibmaterialien und prächtigen Blumen. Der zweite Tisch, der am Fenster stand, war mit allen Materialien zum Aufkleben von Aquarellen bedeckt; es war eine Staffelei daran angebracht, die ich nach Gefallen aufrichten oder zusammenlegen konnte. Die Fenstervorhänge waren von hellbuntem Glanzkattun, und der Fußboden war mit maisfarbenem und rothem indischem Strohgeflechte bedeckt. Es war das niedlichste, luxuriöseste kleine Wohnzimmer, das mir je vorgekommen, und ich lobte es mit dem wärmsten Enthusiasmus.

      Der feierliche Diener war viel zu wohlerzogen, um die geringste Genugthuung zu bezeugen. Er verbeugte sich mit eisiger Ehrerbietung, als ich meine Lobsprüche erschöpft hatte, und öffnete dann schweigend wieder die Thür, um mich in den Corridor hinaus zu lassen.

      Wir bogen um eine Ecke und betraten einen zweiten langen Corridor, an dessen äußerstem Ende angelangt wir eine kleine Treppenflucht hinaufstiegen, über einen kleinen, runden Vorplatz gingen und endlich vor einer Thür stillstanden, die mit einem dicken, dunklen Wollenstoffe beschlagen war. Der Diener öffnete diese Thür und führte mich ein paar Schritte weiter an eine zweite; öffnete diese ebenfalls und zeigte dadurch zwei Vorhänge von blasser, wassergrüner Seide dicht vor uns; zog den einen derselben geräuschlos zurück, sprach leise die Worte: »Mr. Hartright« aus und verließ mich.

      Ich sah mich in einem großen, hohen Zimmer mit einer prachtvollen geschnitzten Decke und einem Teppich, der so dick und weich war, daß er sich wie Lagen von Sammt unter den Füßen anfühlte. Die eine ganze Seite des Zimmers nahm ein Bücherschrank aus einer seltenen, getäfelten Holzart ein, die mir völlig neu war. Derselbe war nur sechs Fuß hoch, und oben darauf standen Statuen in regelmäßigen Entfernungen von einander. Auf der entgegengesetzten Seite standen zwei antike Schränke, und über denselben hing ein Bild der Jungfrau mit dem Christuskinde, das durch Glas geschützt wurde und unten am Rahmen auf einer vergoldeten Platte den Namen Raphaels trug. Zu meiner Rechten und Linken, als ich innerhalb des Einganges stand, waren Chiffonniéren und Pfeilertischchen von Buhl und Marquetterie, die mit Figuren von Meißner Porzellan, seltenen Vasen, Elfenbeinschnitzereien, Spielereien und Merkwürdigkeiten aller Art, die von Gold, Silber und Edelsteinen funkelten, bedeckt waren. Am unteren Ende des Zimmers mir gegenüber verbargen Vorhänge von derselben wassergrünen Seide, wie die an der Thür, die Fenster und milderten das Sonnenlicht. Das auf diese Weise hervorgebrachte Licht war unendlich weich, geheimnisvoll und wohlthuend; es fiel gleichmäßig auf alle Gegenstände im Zimmer, machte die tiefe Stille und das Ansehen absoluter Abgeschlossenheit noch eindrucksvoller und umgab mit einem angemessenen Nimbus die einsame Gestalt des Gebieters des Hauses, welcher in theilnahmsloser Ruhe in einem großen Lehnstuhle ausgestreckt lag, an dem auf der einen Seite ein Lesepult und auf der anderen ein kleiner Tisch angebracht waren.

      Falls man zugeben will, daß man von dem Aussehen eines Mannes, nachdem er sein Toilettezimmer verlassen, und wenn er vierzig Jahre alt ist, mit Sicherheit auf sein Alter schließen kann – was sehr zu bezweifeln ist – so mochte Mr. Fairlie’s Alter, als ich ihn sah, billigerweise auf über fünfzig und unter sechzig angeschlagen werden. Sein bartloses Gesicht war mager, verlebt und von einer durchsichtigen Blässe, aber nicht runzelig; seine Nase war groß und gebogen; seine Augen von einem matten, gräulichen Blau, groß und hervorstehend, und die Ränder der Augenlider etwas geröthet; er hatte wenig Haare, doch war es weich anzusehen und von jener hellen, sandähnlichen Farbe, welche von allen am letzten den Uebergang zum Grau verräth. Er trug einen dunklen Ueberrock von einem Stoffe, der weit leichter war als Tuch, und eine Weste und Beinkleid von untadeligem Weiß. Seine Füße waren auffallend klein und mit Strümpfen von lederfarbener Seide und kleinen bronzeledernen Pantöffelchen bekleidet. Zwei Ringe schmückten seine zarten, weißen Hände, deren Werth selbst meine unerfahrene Beobachtung sofort als beinahe unschätzbar anerkannte. Im Ganzen hatte er ein schwächliches, matt reizbares, überfeines Aussehen – etwas eigenthümlich und unangenehm Zartes, da man es an einem Manne fand, und das doch zu gleicher Zeit, wenn man es sich an der Erscheinung einer Frau dachte, unmöglich natürlich oder angemessen erschienen wäre. Durch die Erfahrung, die ich an Miß Halcombe gemacht, war ich aufgelegt, an Allem im Hause Gefallen zu finden; aber meine Sympathie zog sich beim ersten Anblicke von Mr. Fairlie entschlossen in sich selbst zurück.

      Als

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