Mann und Weib. Уилки Коллинз

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Mann und Weib - Уилки Коллинз

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Beiden

      Er trat einen Schritt vor und blieb dann stehen,

      Ganz in Gedanken versunken hörte Anne ihn nicht und rührte sich nicht.

      »Ich bin gekommen, weil Du darauf bestanden hast«, sagte er von ihrer Erscheinung betroffen, »aber bedenke wohl, daß wir hier nicht sicher sind.«

      Bei dem Klange seiner Stimme drehte sich Anne nach ihm um. Als sie langsam aus dem Hintergrunde des Garten-Pavillons herkam, trat in ihrem Gesicht eine plötzliche Veränderung des Ausdrucks hervor, welche eine sonst nicht bemerkbare Aehnlichkeit mit ihrer Mutter erkennen ließ. Wie die Mutter in vergangenen Tagen den Mann, der sie verleugnete, angeblickt hatte, so blickte jetzt die Tochter Geoffrey Delamayn an: mit derselben furchtbaren Ruhe und demselben furchtbaren Ausdruck der Verachtung!«

      »Nun«, begann er, »was hast Du mir zu sagen?«

      »Geoffrey Delamayn«, sagte sie, »Du gehörst zu den Großen dieser Welt, Du bist der Sohn eines Edelmannes, Du bist schön, Du bist beliebt in Deinen Clubs; Du hast Zutritt zu den besten Häusern in England, aber bist Du nicht bei alledem noch etwas Anderes? Bist Du nicht auch ein Feigling und ein Schurke dazu?«

      »Er fuhr zusammen, öffnete die Lippen um zu sprechen, hielt aber ein und machte einen nicht sehr glücklichen Versuch die Sache wegzulachen »Komm, komm«, erwiderte er, »bleibe ruhig!«

      Ihre bis jetzt zurückgehaltene Leidenschaft fing an hervorzubrechen »Ruhig bleiben soll ich?« wiederholte sie; »von allen Menschen bist Du wohl der letzte, der ein Recht hätte mich zur Selbstbeherrschung zu ermahnen. Wie schwach muß Dein Gedächtniß sein; hast Du die Zeit vergessen, wo ich thöricht genug war zu glauben, daß Du mich liebtest? Und war ich nicht wahnsinnig genug zu glauben, daß Du Dein Versprechen halten könntest?«

      Er wiederholte den Versuch über die Sache zu lachen.

      »Wahnsinnig ist nicht der richtige Ausdruck, Anne.«

      »Wenn ich an meine Verblendung zurückdenke, so kann ich sie mir nicht erklären, ich verstehe mich selbst nicht! Was konnte ich an Dir finden, das auf mich eine solche Anziehungskraft ausübte?« fragte sie im Tone geringschätziger Verwunderung.

      Sein unerschütterlicher Gleichmuth war selbst gegen diese Angriffe stichfest. Er steckte die Hände in die Tasche und sagte: »Ich weiß es wahrhaftig nicht!«

      Sie wandte sich von ihm weg; diese offene brutale Antwort hatte sie nicht beleidigt, aber diese Antwort drängte ihr das grausame Bewußtsein auf, daß sie Niemanden als sich selbst für die Lage zu tadeln habe, in der sie sich in diesem Augenblick befand. Sie wollte ihn nicht merken lassen, wie schwer dieses Bewußtsein und die Erinnerung an vergangene Tage auf ihr laste. Es war eine traurige Geschichte, an die sich diese Erinnerungen knüpften.

      Bei Lebzeiten ihrer Mutter war Anne das lieblichste liebenswürdigste Kind gewesen. Später unter der Obhut der Freundin ihrer Mutter, waren ihre Mädchenjahre so harmlos und glücklich verlaufen, daß es scheinen konnte, als ob die in ihr schlummernden Leidenschaften niemals erwachen würden.

      So hatte sie fortgelebt, bis sie zur Jungfrau herangereift war, um dann, als sich ihr Leben zu seiner schönsten Blüthe entfaltet hatte, es in einen einzigen verhängnißvollen Augenblick an den Mann, der jetzt vor ihr stand, wegzuwerfen – —

      Mie war das möglich gewesen? – Sie hatte ihn mit andern Augen angesehen, als sie ihn jetzt ansehen mußte, sie hatte ihn gesehen als den Helden einer Wettruderfahrt, als den Sieger in einem Kampfe, in welchem Kraft und Geschicklichkeit den Ausschlag gaben, und der ganz England in Begeisterung versetzte, sie hatte ihn als den Mittelpunkt des Interesses, als das Ideal der Begeisterung und des Beifalls der Massen gesehen. Sein waren die Arme, deren Muskeln in den Zeitungen verherrlicht wurden; er war der erste unter den Helden, der als der Stolz und die Blüthe Englands von zehntausend jubelnden Kehlen begrüßt wurde. In diese Atmosphäre des glühendsten Enthusiasmus der Vergötterung der physischen Kraft nun denke man sich ein Mädchen versetzt. Darf man da verständiger und billiger Weise erwarten, daß sie sich kaltblütig fragt: »welchen moralischen und intellectuellen Werth hat das Alles?« Und noch dazu, wenn dieser Mann, der Gegenstand der allgemeinen Vergötterung ihr vorgestellt wird, wenn er Geschmack an ihr findet und sie vor allen Anderen auszeichnet?!

      Jetzt stand sie da, von dem Bewußtsein ihres Geheimnisses gemartert, des schrecklichen Geheimnisses, welches sie vor dem unschuldigen Mädchen, an dem sie mit schwesterlicher Zärtlichkeit hing, verbarg. Erst jetzt, wo es zu spät war, durchschaute sie den Mann und erkannte sie seinen ganzen Unwerth. Erst jetzt, wo sie nur von ihm Rettung vor Schande erhoffen konnte, mußte sie sich fragen, was liebenswerth an einem Manne sei, der sie so behandeln konnte, wie er es eben jetzt that.

      Es entstand eine Pause peinlichen Schweigens im Garten-Pavillon. Aus der Ferne erklang das heitere Lärmen der Spielenden auf dem Rasen. Draußen muntere Stimmen, Lachen aus jugendlichen Kehlen, das Stoßen des Hammers auf den Ball, – drinnen ein Weib, das die bitteren Thränen des Kummers und der Schmach zurückdrängt – und ihr gegenüber ein Mann, der kein Hehl daraus macht, daß er ihrer überdrüssig ist.

      Endlich raffte sie sich auf, sie war die Tochter ihrer Mutter und trug einen Funken des mütterlichen Muthes in sich; ihre Zukunft hing von dem Ausgange dieser Zusammenkunft ab. Sie durfte, da ihr weder Bruder noch Vater zur Seite stand, einen letzten Versuch an sein besseres Ich nicht unterlassen; sie drängte ihre Thränen gewaltsam zurück und sagte in milderem Tone:

      »Seit drei Wochen bist Du jetzt auf dem Landsitz Deines Bruders, nicht zehn Meilen von hier entfernt, Geoffrey, und nicht ein einziges Mal bist Du herübergeritten, um mich zu sehen! Du wärest auch heute nicht gekommen, wenn ich nicht in einem Billet an Dich, darauf bestanden hätte; habe ich eine solche Behandlung von Dir verdient?«

      Sie hielt inne. Er antwortete nicht.

      »Hörst Du mich nicht?« fragte sie vortretend und Ihre Stimme erhebend.

      Er schwieg noch immer.

      Das überstieg das Maß des Ertragbaren. Die Vorzeichen eines Unwetters wurden deutlich auf ihrem Gesicht erkennbar. Er kam dem Ausbruch desselben mit eiserner Stirne zuvor. Während ihn der Gedanke an diese Zusammenkunft, vorhin im Rosengarten unbehaglich gestimmt hatte, war er jetzt, wo er ihr gegenüberstand, wieder vollkommen Herr seiner selbst. Er hatte Gemüthsruhe genug, sich zu erinnern, daß er seine Pfeife nicht wieder in ihr Etui gesteckt hatte, Gemüthsruhe genug, diese Versäumniß in aller Gelassenheit nachzuholen, bevor er sich mit etwas Anderem beschäftigte. Er zog das Etui aus der einen und die Pfeife aus der andern Tasche.

      »Fahre fort, ich höre!«

      Sie schlug ihm die Pfeife ans der Hand. Wenn sie Kraft genug besessen hätte, würde sie ihn selbst auf den Boden des Garten-Pavillons niedergestreckt haben.

      »Wie darfst Du es wagen, mich so zu behandeln?« brach sie heftig aus, »Dein Benehmen ist niederträchtig, vertheidige es, wenn Du es kannst.«

      Er mochte gar keinen Versuch, sich zu vertheidigen. Mit dem Ausdruck einer unverhohlenen Besorgniß blickte er aus seine am Boden liegenden Pfeife, die ihn 10 Schilling gekostet hatte! »Ich will erst meine Pfeife vom Boden aufnehmen«, sagte er.«

      Sein Gesicht erheiterte sich, er sah schöner aus als je, als er den kostbaren Gegenstand unversehrt fand und wieder in sein Etui steckte. »Wie gut«, sagte er bei sich, »daß sie mir die Pfeife nicht zerbrochen hat.«

      »Ich appellire an Dein eigenes gesundes Urtheil«, sagte er jetzt in ruhigem und verständigem Tone, »wozu nützt es, daß Du Dich so heftiger Ausdrücke gegen mich bedienst; wünschest Du,

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