Gesammelte Werke von Stefan Zweig. Стефан Цвейг

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Gesammelte Werke von Stefan Zweig - Стефан Цвейг

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Gedenke der Stadt!

      IMRE:

       Gedenke der Kinder, gedenke der Frauen!

      ABIMELECH:

       Du findest mich bei dir in Leben oder Tod.

      (ALLE gehen ab. BARUCH allein ist wartend stehen geblieben.)

      BARUCH (leise):

       Soll ich mit ihnen, mein König?

      ZEDEKIA (aus seinen Gedanken auffahrend):

       Wie sagst du? (Sich erinnernd): Nein, du bleibst!

      (BARUCH bleibt wartend in der Nähe der Türe stehen. ZEDEKIA beginnt unruhig auf und ab zu gehen. Er blickt auf die Stadt, starrt lange hinaus, wandert wieder auf und nieder. Dann wendet er sich plötzlich scharf um.)

      ZEDEKIA:

       Noch heute fordert Nabukadnezar mein Wort?

      BARUCH:

       Noch heute! Denn morgen neut sich der volle Mond.

      ZEDEKIA (geht wieder auf und ab. Dann plötzlich):

       Du bist vor seinem Antlitz gestanden! Sprach er vor vielen mit dir oder im geheimen?

      BARUCH:

       Er ließ mich in sein Gemach entbieten. Nur sein Schreiber war gegenwärtig und sein Vertrauter.

      ZEDEKIA:

       Und wie war seine Weise, da er zu dir sprach?

      BARUCH:

       Stolz schien mir seines Wesens Art vor allem. Er sprach gütig zu mir und schien sich zu freuen, daß er so gütig zu sein vermochte; und da die andern ihn deshalb priesen, sonnte er sich in ihrem Wort.

      ZEDEKIA:

       Und da er drohete, wie war er?

      BARUCH:

       In Finsternis hüllte er sein Gesicht und stampfte mit dem Fuße. Aber ich merkte, daß auch dies nur getan sei, daß man vor seiner Größe schaudere und ich Botschaft brächte seines Zorns.

      ZEDEKIA:

       Und frug er dich nach mir?

      BARUCH:

       Sein Vertrauter wollte mir Kundschaft ablocken, er aber duldete es nicht.

      ZEDEKIA:

       Hoffärtig ist er und sein Trotz ein Gewitter über unsern Häupten. Aber ich fürchte ihn nicht. Ich fürchte ihn nicht. (Er geht auf und ab.) Keine Frage hat er getan nach mir?

      BARUCH:

       Nein, mein König.

      ZEDEKIA:

       Nichts sind wir ihm, ein Häufchen Staub unsere Mauern. Aber er möge Trotz finden für sein Trotzen. Elf Monde stößt seine Stirne gegen unsere Wälle, und kein Lächeln sind wir ihm wert. Für ein Wort bin ich ihm zu gering und für einen Atem die Stadt. Aber noch ist mein Joch nicht geschmiedet, noch stehen die Mauern Jerusalems. (Er geht heftiger auf und ab.) Noch heute, sagst du, verlangt er die Botschaft, noch heute?

      BARUCH:

       Morgen neut sich der volle Mond.

      ZEDEKIA:

       Warten haben wir ihn gelehrt, und noch immer hat er es nicht gelernt. Nicht bin ich der Springer seiner Ungeduld, nicht seiner Launen Ball. Will er nicht warten länger als einen Tag, so soll er warten lernen Wochen und Monde. (Sich aufrichtend.) Noch heute bringst du Botschaft an Nabukadnezar! Melde ihm…

      BARUCH (erschreckt):

       Mein König! Nicht im Zorne entschließe dich!

      ZEDEKIA (ganz starr vor Erstaunen):

       Was erkühnst du dich?

      BARUCH (flehend):

       Mein König, ich sah den Grimm auf deinem Antlitz und erschrak vor der Botschaft.

      ZEDEKIA:

       Was maßt du dir an? Nicht in mein Antlitz hast du zu schauen, sondern Worte zu bringen. Und ich befehle dir… Warum zitterst du?

      BARUCH:

       Furchtbar ist es, Bote zu sein harter Botschaft.

      ZEDEKIA:

       Hast du Furcht, sie Nabukadnezar zu bringen?

      BARUCH:

       Nicht ihn fürchte ich – ich fürchte die Botschaft.

      ZEDEKIA (erstaunt):

       Was fürchtest du?

      BARUCH:

       Wider uns wird sie fahren, die Flamme deines Zorns! (Plötzlich in die Knie stürzend:) König, mein König, nicht im Zorne entschließe dich, rette, rette die Stadt!

      (ZEDEKIA ist in höchstem Erstaunen zurückgetreten.)

      BARUCH:

       Ich flehe dich an auf den Knien, rette Jerusalem, rette Jerusalem! Recke aus deine Hand, daß sie den Frieden fasse, sonst stürzen die Mauern und sinkt der Tempel in Staub. König, mein König, tu auf die Tore, tu auf dein Herz!

      ZEDEKIA (grimmig):

       Tu auf die Tore, tu auf dein Herz – ich kenne dieses Wort. Nicht du sprichst zu mir, du Frecher. Es ist einer hinter dir, der redet wider mich…

      BARUCH:

       Niemand, mein König: ich flehe aus der Tiefe meiner Angst. Wahrheit will ich dir sagen. Nicht gefordert hat mich Nabukadnezar zu sich, ich sah, daß zögerten die einen und die andern zum Frieden; da ging ich hin zu ihm freien Herzens, daß ich das seine erweichte. Sein Gewand faßte ich an und flehte, elf Monde, Tag für Tag, bis er mir Botschaft gab an dich.

      ZEDEKIA:

       Das hast du getan? Ein Knabe, ein Kind, bist du gegangen, während wir sprachen und rieten, bist du gegangen zum König der Könige, um Frieden zu holen?

      BARUCH:

       So habe ich getan in meines Herzens Not, mein König.

      ZEDEKIA (ihn lange ansehend; plötzlich scharf):

       Nicht du hast diese Tat ersonnen, nicht du!

      BARUCH:

       Niemand hat mich sie geheißen.

      ZEDEKIA:

       Das ist nicht wahr. Kein Knabe sinnt solche Taten aus.

      BARUCH:

       Ich schwöre, mein König, ich tat es allein.

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