Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Sie mußte operiert werden. Einzelheiten kann ich Ihnen nicht erzählen. Das muß Christina selbst entscheiden.«
Anian stand da und überlegte kurz. »Ich habe eine Bitte. Hier ist meine Nummer. Können Sie mich anrufen, wenn Sie etwas von Christina gehört haben? Es ist sehr wichtig für mich. Bitte!« Flehend sah er Helene Wolrab an. Diese war gerührt von seiner offensichtlichen Sorge um Christina. Zögernd nahm sie die Karte.
»Also gut. Ich gebe Ihre Bitte weiter an Lisa Thaler, einer guten Freundin von Christina. Sie wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Und geben sie das bitte der Kleinen mit einem schönen Gruß von mir!« Er öffnete die Mappe und entnahm ihr eine Portraitaufnahme von Christina. »Das macht ihr die Trennung von ihrer Mami vielleicht ein bißchen leichter.«
Überrascht betrachtete Helene das Foto. »Das ist ein zauberhaftes Bild«, sagte sie bewundernd. »Vielen Dank, auch im Namen von Muriel.«
Mit schweren Schritten ging Anian die Treppe hinunter. Alle Leichtigkeit war aus seinem Herzen gewichen. Die Nachricht von Christinas Krankheit hatte ihn wie ein Keulenschlag getroffen. Zu gern wäre er sofort an ihr Krankenbett geeilt. Im Moment blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als auf eine Nachricht zu warten.
*
An diesem Tag verließ Lisa Thaler ihre Arbeitsstätte früher als gewohnt. Sie hatte ihrem Chef kurz die Situation geschildert, und dieser hatte sich äußerst kooperativ gezeigt. So konnte sie am frühen Nachmittag zu sich nach Hause fahren, um ihren Anrufbeantworter abzuhören und ein paar Sachen zu packen. Der Arzt hatte sie kurz über den Verlauf der Operation informiert, und Lisa war froh über die positive Nachricht gewesen. Christina mußte jedoch mindestens zwei Wochen in der Klinik bleiben.
Lisas Freund Markus murrte ein wenig, weil er so lange auf sie verzichten sollte, als sie ihm telefonisch Bescheid sagte. Er war allerdings auch froh über den guten Verlauf der Operation. Und als Lisa ihm erlaubte, sie in Christinas Wohnung zu besuchen, war er versöhnt.
Helene Wolrab und Muriel hatten einen vergnügten Tag verbracht. Helene, von Muriel liebevoll Leni genannt, staunte, wie schnell das Kind wieder zu Kräften kam.
»Bist du nicht müde, Kleines?«
»Gar nicht, Leni. Mir geht’s wieder richtig gut.«
»Laß mich mal fühlen, ob du Fieber hast.« Sie legte ihre feingliedrige Hand auf die Kinderstirn. »Offenbar nicht«, stellte sie dann zufrieden fest.
»Darf ich morgen wieder raus? Bitte, bitte, es ist so schön draußen.«
Helene wiegte den Kopf.
»Ich weiß nicht so recht, ob das schon das Richtige ist nach deinen Ohrenschmerzen.«
»Frische Luft ist gesund, und ich setze auch ganz bestimmt eine Mütze auf«, antwortete Muriel altklug.
»Du gibst nicht auf, was?« schmunzelte Helene. »Wir fragen Lisa, wenn sie heute abend kommt.«
»Och, die sagt bestimmt nein«, murrte die Kleine.
»Gegen eine Viertelstunde hat sie sicher nichts einzuwenden.«
»Glaubst du?« Muriel strahlte schon wieder. Sie war ein sonniges Kind und ließ sich leicht von ihrem Kummer ablenken.
Da klingelte es.
»Wer kann das sein?« fragte Helene und warf einen Blick auf die Uhr. »Es ist erst vier.«
»Ich frag’ mal.« Muriel war schon aufgesprungen und zur Sprechanlage gelaufen.
»Ich bin es, Süße, mach mal auf«, ertönte Lisas Stimme, und Muriel drückte den Summer.
»Na so was, Sie sind schon da?« begrüßte Helene sie überrascht.
»Ich hab’ ein bißchen früher Schluß gemacht heute. Hier sind die Einkäufe. Ich muß noch mal in den Wagen und meine Sachen holen.«
Helene nahm ihr die beiden großen Tüten ab und brachte sie mit Muriels Unterstützung in die Küche.
»Ich bin ja so gespannt, was drin ist«, schnatterte Muriel und fing an auszupacken. »Nur Gemüse und Obst und Milch. Schade.«
»Vielleicht ist hier was für dich drin!«
Lisa, die gerade ebenfalls die Küche betreten hatte, deutete auf die zweite Tasche.
Eifrig packte Muriel alles aus. Endlich fand sie ganz unten eine Packung Kinderpralinen.
»Danke, Lisa, du bist so lieb. Lecker, darf ich gleich eine essen?«
Ungeduldig fingerte sie an der Verpackung herum.
»Nichts da. Zuerst wird gegessen. Als Nachspeise kannst du dann eine haben. Den Rest haben wir auf für morgen«, meldete sich Helene resolut. Sie hatte den Herd eingeschaltet und ein köstlicher Geruch nach gebratenem Kotelett zog durch die Küche. »Sie können bitte den Kartoffelsalat holen, Lisa. Er steht in der Speisekammer. Und du, Muriel, deckst bitte den Tisch.«
Schließlich saßen sie um den lustig gedeckten Tisch und ließen sich das Essen schmecken.
»Den Kartoffelsalat hab’ ich ganz allein gemacht«, erzählte Muriel stolz.
»Wirklich?« tat Lisa erstaunt.
»Na ja, fast ganz allein«, gab sie dann zu. »Ich muß dich was Wichtiges fragen, Lisa.«
»Was denn, mein Schatz?«
»Darf ich morgen eine kleine Viertelstunde rausgehen? Ich hab’ auch gar kein Ohrenweh mehr.«
Flehend sah sie ihre Patentante an.
»Das kann ich nicht entscheiden, Kleines. Da muß ich den Doktor anrufen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Wenn ich es gleich mache, erreiche ich ihn vielleicht noch.« Schnell stand sie auf und erledigte das Telefonat.
»Alles klar. Herr Dr. Norden ist einverstanden. Aber du mußt eine Mütze aufsetzen.«
Während Muriel vor Freude um den Tisch herumtobte, saß Lisa nachdenklich am Tisch.
»Was ist mit Ihnen?« fragte Helene besorgt.
»Ach nichts, Frau Wolrab. Herr Dr. Norden klang nur eben sehr bedrückt. So kenne ich ihn gar nicht.«
»Hat er etwas von Tini erfahren?«
»Darüber haben wir gar nicht gesprochen. Ich hatte vorhin ein Telefon mit Dr. Janssen von der Behnisch-Klinik. Er hat Tini operiert.«
Knapp schilderte sie die Vorfälle des Nachmittags.
Helene war schockiert.
»Dieser schreckliche Mensch! Er hat ihr doch schon genug angetan. Warum läßt er sie nicht endlich in Ruhe?«
»Ich verstehe es auch nicht«, seufzte Lisa und erhob sich, um den Tisch abzuräumen. »Hoffentlich erreicht