Chefarzt Dr. Norden 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Doch das interessierte Lammers im Augenblick wenig.
»Du hast mir versprochen, dass mir kein Schaden aus der Geschichte entstehen wird.«
»Ich halte meine Versprechen.« Fuchs lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und die Mappe auf, die er mitgebracht hatte.
»Dummerweise hat die Norden …«
Ohne von seinen Unterlagen aufzusehen, hob Dieter Fuchs die Hand.
»Frau Dr. Norden ist nicht die Klinikchefin.«
»Aber ihr Mann.«
»Ich spreche mit ihr und notfalls auch mit Dr. Norden. Er wird verstehen, dass wir dieser Frau unbedingt helfen mussten.« Dieter seufzte und sah nun doch hoch. »Schlimm genug, dass der kleine von Diepold den Segway seines Vaters an den Baum gesetzt hat. Und jetzt droht ihm zu allem Überfluss auch noch der Rauswurf aus der Schule.«
»Ist mir doch egal, was mit dem Dummkopf passiert«, schnaubte Lammers. »Mich interessiert viel mehr, was mit mir ist.«
»Du bekommst deinen Anteil. Zufrieden?«
»Nein, bin ich nicht. Ich dachte, du klärst das im Vorfeld mit den Nordens. Wie stehe ich jetzt da?« Lammers sprang auf. Er steckte die Hände in die Taschen seiner Arzthose und begann, im Zimmer auf und ab zu marschieren.
Der Verwaltungsdirektor klappte die Mappe zu.
»Seit wann interessiert es dich, was andere über dich denken? Abgesehen davon ist das hier sozusagen auch meine Klinik«, erinnerte er Lammers. »Das bedeutet, dass es hier auch immer um mich geht.«
Volker blieb vor ihm stehen und sah auf die Glatze hinab, über die Dieter ein paar kümmerliche Strähnen gekämmt hatte.
»Dann werde ich mich wohl endgültig nach einem anderen Arbeitsplatz umsehen müssen.«
Fuchs rollte mit den Augen.
»Meine Güte, jetzt benimm dich doch bitte nicht wie deine kleinen Patienten. Ich bringe das in Ordnung. Versprochen.« Er hatte noch nicht ausgesprochen, als die Bürotür zufiel. Der Schlüssel fiel aus dem Schloss und hüpfte mit leisem Klingeln über den Boden, bis er vom Schreibtischbein aufgehalten wurde.
*
»Ich hatte ganz vergessen, wie schön so ein gemeinsames Frühstück ist.« Fee streckte die Beine von sich. Als sie die Augen schloss und den Kopf zurücklegte, fiel ihr Haar über die Lehne. Ein Sonnenstrahl streichelte ihr Gesicht. Stimmengewirr vermischte sich mit dem allgegenwärtigen Rauschen der Wellen. Gleichmäßig pflügte der Ozeanriese durch das Wasser. Fehlte nur das Vibrieren der Motoren in ihrem Magen. Irritiert schlug Fee die Augen wieder auf. Fast ein wenig enttäuscht stellte sie fest, dass sie nicht an Deck eines Kreuzfahrtschiffes saß, sondern immer noch in der überdachten Halle der Behnisch-Klinik. Das Rauschen rührte vom Wasserfall, der sich aus dem oberen Stockwerk über künstliche, weiße Steinstufen nach unten ergoss. »Jetzt dachte ich kurz, wir wären wieder auf großer Fahrt. Weißt du noch, dieses schöne Café, wo man draußen unter Palmen sitzen und in die endlose Weite des Meeres sehen konnte?«
Daniel lächelte.
»Wie könnte ich das je vergessen?«
»Aber warum fällt mir das ausgerechnet jetzt ein? Und warum ist die Erinnerung so klar?« Sie wirkte einigermaßen verwirrt.
Das Lächeln auf Daniels Gesicht wurde breiter.
»Könnte es vielleicht am Geruch liegen?«
Fee zog eine Augenbraue hoch. Unwillkürlich hob sie die Nase ein wenig in die Luft. Ihre Augen wurden größer.
»Du hast recht! Der ist mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Was riechst du?«
»Auf jeden Fall Salzwasser. Ein bisschen modrig, aber angenehm. Einen Hauch von Sonnencreme. Und dann …« Sie zögerte. »Wie riechen eigentlich Palmen?«
»Das, was du riechst, ist der Duft einer Dracaena Fragans. Das ist eine besondere Drachenbaumart«, klärte Daniel seine Frau auf. »Der Duft ihrer Blüten ist süß und schwer, ähnlich dem von echtem Jasmin.«
Felicitas legte den Kopf schief.
»Seit wann bist du unter die Botaniker gegangen?«
Kaum merklich richtete er sich auf und drückte die Schultern durch.
»Das habe ich beim Aromamarketing gelernt. Ich hatte mich schon gefragt, ob dir die Duftmischung überhaupt auffällt.« Seine Augen glänzten. »Aber wenn sie dir sogar unsere Kreuzfahrt wieder ins Gedächtnis ruft, ist sie ein durchschlagender Erfolg.«
Fees Verwirrung wuchs von Minute zu Minute.
»Aromamarketing?«
Zufrieden griff Daniel nach seiner Tasse und lehnte sich zurück.
»Eine Idee unseres Verwaltungsdirektors, die ich ausnahmsweise einmal gar nicht so schlecht finde.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Du bist der lebende Beweis dafür, dass wir mit Gerüchen Erinnerungen und Gefühle verbinden. Ein Raumduft spricht Menschen emotional an und sorgt dafür, dass die Umgebung als angenehmer und ansprechender empfunden wird.«
»Eine interessante Idee. Das kann einem Krankenhaus wirklich nicht schaden.«
»Nicht wahr! Diesen simplen Trick will sich unser Sparfuchs zunutze machen. Er hat eine Firma beauftragt, verschiedene Düfte für die Klinik zu entwickeln. Sie werden über eine besondere Technik in der Lobby oder hier in der Einkaufsmeile versprüht.«
Felicitas lachte.
»So etwas Verrücktes habe ich schon lange nicht mehr gehört.«
»Als Frau vom Fach solltest du doch wissen, welche Wirkung Gerüche auf uns haben«, erwiderte Daniel. Plötzlich klang er verschnupft.
»Natürlich weiß ich das«, lenkte Fee schnell ein. »Mit verrückt meinte ich, dass Dieter Fuchs freiwillig Geld ausgibt. Schon gar für so einen Hokuspokus. So spendabel ist er doch sonst nicht.« Liebend gern hätte sie über die Gründe des Verwaltungsdirektors spekuliert. Allein ihr fehlte die Zeit dazu. Allmählich musste sie in ihre Abteilung zurückkehren. Sie stellte Tasse und Teller ordentlich zusammen und stand auf.
»Darüber habe ich mich ehrlich gesagt auch gewundert. Wer weiß, was dahinter steckt.« Daniel leerte seine Tasse und erhob sich ebenfalls. »Ich werde es herausfinden und dich an meinem Geheimnis teilhaben lassen.«
»Ich kann es kaum erwarten.« Fee hängte sich bei ihrem Mann ein, und unter munterem Plaudern durchquerten sie die Halle. Sie mündete in verschiedene Flure, wo sich ihre Wege vorläufig trennten.
*
Dr. Norden kehrte in dem Moment in das Behandlungszimmer zurück, in dem Dr. Sophie Petzold die Röntgenaufnahmen von Rosa Bergers Arm auf den großen Bildschirm im Behandlungszimmer projizierte.