Wilderer und Jäger Staffel 1. Anne Altenried

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Wilderer und Jäger Staffel 1 - Anne Altenried Wilderer und Jäger Staffel

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nachgegeben, und so saßen alle einträchtig in der Essstube bei vollen Tellern, als der Gendarm, zusammen mit dem Jäger, auf dem Hof eintraf. Polizist Vogelrieder salutierte in strammer Haltung vor dem Inspektor und entschuldigte sich mehrmals, dass er mitten in die Mahlzeit hineingeplatzt wäre.

      »Aber die Sache duldet keinen Aufschub, Herr Inspektor. Droben im Bergwald liegt ein Toter. Es handelt sich um den Bergführer Ludl Neudecker.«

      Etliche Messer und Gabeln fielen klirrend auf die Tischplatte. Sowohl die Bauernfamilie als auch die Bediensteten starrten den Sprecher mit aufgerissenen Mündern an.

      »Der Ludl?«, kam es tonlos von Severins Lippen. »Wer kann es denn auf sein Leben abgesehen haben?«

      Der Jäger, der neben dem Gendarm immer noch an der Tür stand, räusperte sich.

      »Vielleicht hat gar ein eifersüchtiger Sommerfrischler die Hand im Spiel gehabt«, gab er zu bedenken. »Der Ludl hat es mit den Urlauberinnen arg getrieben. Aus diesem Grund hat ihn auch meine Tochter verlassen.«

      Vogelrieder stieß den Jäger leicht mit dem Ellbogen an. »Erzähl dem Herrn Inspektor, was du droben vorgefunden hast, Ebenhecht.«

      Der grau melierte Waidmann nickte. Bereitwillig beschrieb er das schaurige Erlebnis des Vormittags. Sämtliche Augenpaare hingen an seinen Lippen. Ebenhecht nahm die beiden Gewehre vom Rücken und streckte sie dem Inspektor entgegen. Doch bevor der Beamte danach fassen konnte, war Severin aufgesprungen, um den Tisch herumgeeilt und hatte eines der Gewehre gepackt. Nur einen kurzen prüfenden Blick warf er darauf.

      »Diese Büchs gehört meinem Vater«, sagte er in ruhigem Ton.

      »Was?«, schrie Vogelrieder. »Wie kommt die Büchs auf den Berg?«

      Der alte Mangold hatte sich weit vorgebeugt und nickte. »Das ist mein Eigentum«, bestätigte er. Scharf schaute er den Sohn an. »Jetzt möcht ich aber auch gern wissen, wie der Jäger das Gewehr auf dem Horn hat finden können?«

      Der Inspektor öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder, ohne einen Ton von sich zu geben. Er wartete offensichtlich ab, was der Jungbauer vorzubringen hatte.

      Severin griff zu seinem Mostkrug und nahm einen Schluck. Darauf schickte er einen Blick zum Jäger hinüber und reichte ihm den Krug. »Trink, Ebenhecht! Dir sieht man an, dass du am Verdursten bist.«

      Dankbar machte der Waidmann von dem Angebot Gebrauch. Severin stellte den Krug zurück auf den Tisch. »Ich war ein paarmal auf der unerlaubten Pirsch, Vater«, sagte er. Seine Stimme klang heiser. »Mit deinem Gewehr hab ich gewildert.«

      »Bub?«, rief die Bäuerin entsetzt. »Wie kannst du uns das antun?«

      »Das ist längst vorbei, Mutter«, beruhigte er die erregte Frau. »Der Jäger weiß alles.«

      Ebenhecht nickte. »Das stimmt.«

      Halb verdutzt, halb empört blies der Gendarm die Backen auf. »Warum hast du mir das verheimlicht, Ebenhecht?«

      Um die Mundwinkel des Waidmannes zuckte es. »Hätt ich einen Verführten ans Messer liefern sollen, während die Hauptschuldigen frei herumgelaufen sind? Freimütig hat er mir gestanden, was er getan hat.«

      Die Hofbediensteten Vinzenz und Anna saßen immer noch mit offenen Mündern am Tisch und lauschten wissbegierig auf jedes Wort. Der Bauer wies sie an, sich schleunigst an die Arbeit zu machen. Mit enttäuschten Gesichtern verließen sie die Stube.

      Inspektor Wenzel warf noch einen bedauernden Blick auf das inzwischen kalt gewordene Essen und erhob sich. »Jetzt möchte ich endlich erfahren, wieso das Mangoldgewehr neben dem toten Bergführer Neudecker gelegen hat«, erklärte er.

      Severin hüstelte. »Der Ludl und ich, wir hatten auf dem Berg ein Versteck für unsere Kracher. Mitten im Farnkraut. Längst hätt ich das Büchsl holen sollen. Doch ich hab Angst gehabt, der Ebenhecht könnt mich dabei ertappen und glauben, ich wär rückfällig geworden. So hab ich’s halt allweil aufgeschoben. Das war ein Fehler. Jetzt ist das Büchsl dem Mordschützen in die Händ gefallen.«

      »Bis jetzt wissen wir noch nicht, mit welchem von den beiden Gewehren der Bergführer erschossen worden ist.«

      »Darüber kann’s wohl keinen Zweifel geben«, antwortete der Bauernsohn. »Der Ludl hat seinen eigenen Schießprügel bei sich gehabt und das Reh niedergestreckt. Und dann ist einer gekommen, der den Ludl ins Visier genommen hat.« Er hob die Schusswaffe, die er immer noch festhielt, hoch. »Mit unserer Kugelspritze. Anders kann’s gar net gewesen sein.«

      »Dann müsste der Mordschütze ebenfalls das Versteck gekannt haben«, gab der Inspektor zu bedenken. »Halten Sie das für möglich, Mangold?«

      Severin zuckte mit den Schultern. »Der Ludl war mit einem Haufen Leutl bekannt«, sagte er. »Wen er ins Vertrauen gezogen hat, ist sein Geheimnis, das er nimmer preisgeben kann.«

      Gendarm Vogelrieder runzelte die Stirn und trat einen Schritt vor. »Es gibt auch Leutl«, bemerkte er streng, »die mit dem Ludl net auf gutem Fuß gestanden sind. Zumindest in der letzten Zeit.« Sein dienstlicher Blick traf den Mangoldsohn. »Zum Beispiel du, Severin. Hast erst neulich einen heftigen Streit mit ihm gehabt im Wirtsgarten vom ›Federerbräu‹. Das halbe Dorf hat darüber geredet.«

      Der Angesprochene lächelte. »Das ist net gelogen, Vogelrieder«, sagte er. »Aber net ich hab den Streit vom Zaun gebrochen. Ist dir das net zu Ohren gekommen?«

      Ebenhecht lüftete das Hütl, fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die feuchten grau melierten Haare und grollte: »Für solche Unterhaltungen ist bestimmt auch noch später Zeit. Der Tote liegt droben und muss heruntergeholt werden.«

      »Sie haben recht, Herr Jäger«, sagte Inspektor Wenzel. »Führen Sie bitte den Gendarm und meine zwei Kollegen hinauf zum Tatort. Auch das tote Wild ist von Wichtigkeit.« Er wandte sich an die Beamten aus der Kreisstadt. »Sollte es sich bei dem Toten und dem Reh um Durchschüsse handeln, so ist das Gelände sorgfältigst abzusuchen. Wir brauchen unbedingt die todbringenden Geschosse für die Untersuchungen der Waffenexperten.«

      Kreidebleich stand die Bäuerin auf und wankte auf den Sohn zu. Dieser legte gerade noch rechtzeitig die Arme um sie, sonst wäre sie zu Boden gesunken. Er führte sie zur Ofenbank und setzte sich neben sie. Liebevoll drückte er sie an sich und streichelte ihre Wange.

      »Du bist ein guter Bub und hast mit dem Mord nix zu tun, gelt?«, hauchte sie kraftlos.

      Der Gendarm rückte seine Mütze zurecht. »Ich muss dich freilich fragen, Severin, wo du dich zu der Zeit aufgehalten hast, als die Schüsse gefallen sind«, stieß er forsch hervor.

      »Ich hab an der hinteren Bachlwiese Pfosten für einen neuen Zaun geschlagen«, gab der Jungbauer in ruhigem Ton Bescheid.

      »Hm!« Vogelrieder rieb seine Nase und vergewisserte sich aus den Augenwinkeln, dass der Inspektor auch jeder seiner scharfsinnigen Fragen die gebührende Aufmerksamkeit schenkte. »Ist jemand an der Bachlwiese vorbeigegangen, als du Pfosten eingeschlagen hast, Severin?«

      Der Mangoldsohn machte ein nachdenkliches Gesicht. »Nein«, sagte er dann. »Ich kann mich net erinnern.«

      Die etwas vorstehenden Augen des Dorfpolizisten leuchteten auf. »Aha!«, sagte er nur.

      Severin nagte an seiner Unterlippe. »Halt!«,

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