Wilderer und Jäger Staffel 1. Anne Altenried

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Wilderer und Jäger Staffel 1 - Anne Altenried Wilderer und Jäger Staffel

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»Die Kräuterbabett ist vor ein paar Jahren entmündigt worden. Sie ist net ganz richtig im Köpfl. Von ihrer Aussag brauchst dir nix zu erhoffen, Mangold.«

      Die Bäuerin begann zu schluchzen. Der Bauer aber war mit zwei schnellen Schritten bei dem Uniformierten. Er packte diesen bei den Armen und schüttelte ihn ziemlich heftig. »Du willst dir wohl einen Orden verdienen, Gendarm, gelt?«, schnaubte Vogelrieder und riss den Mund weit auf. Doch eine energische Handbewegung des Inspektors erstickte den Laut der Entrüstung, den er ausstoßen wollte. »Meine Herren, machen Sie sich auf den Weg zum Tatort. Ist hier irgendwo eine Bahre aufzutreiben?«

      »Wir kommen am Doktorhaus vorbei«, sagte der Jäger. »Dort kriegen wir, was wir brauchen.«

      »Gut. Ich verständige inzwischen die Kriminalaußenstelle von dem tragischen Vorfall und fordere noch weitere Beamte an. Nach meiner Meinung steht die Tat auf dem Stieglerhorn in unmittelbarem Zusammenhang mit den Anschlägen auf dem Mangoldhof.«

      *

      Wochenlang gab es im Schönauertal nur ein Gesprächsthema: Den rätselhaften Tod des über die Grenzen des Tales hinaus bekannten Bergführers Ludl Neudecker. Er wurde von nicht wenigen weiblichen Wesen betrauert, an die er zu seinen Lebzeiten Zärtlichkeiten verschwendet hatte.

      Je länger die Kriminalbeamten dem unbekannten Mordschützen ohne Erfolg nachspürten, desto üppiger schossen Gerüchte ins Kraut. Wilde Verdächtigungen schwirrten durch das Dorf. Hinter vorgehaltener Hand wurden Namen genannt, deren Trägern man ohne Weiteres eine solche Tat zutraute. Und jeder der Flüsterer war davon überzeugt, dass nur der von ihm Erwähnte der Schütze sein konnte. Immer öfter fiel der Name Mangold-Severin. Eifrig zählten die Amateurdetektive sämtliche Punkte auf, die für Severins Schuld sprachen.

      Dem Jungbauern blieb nicht verborgen, wie sich das Misstrauen gegen ihn immer mehr verstärkte. Zuerst belustigt, dann mit wachsendem Unbehagen bemerkte er, dass ihm die Leute aus dem Weg gingen, die früher immer ein launiges Wort für ihn parat gehabt hatten. Sogar die Magd Anna schaute ihn manchmal mit seltsam prüfenden Augen an.

      Das ging so lange, bis er sie an einem sonnigen Vormittag anschrie: »Was schaust mich an, als hätt ich ein Kainsmal auf der Stirn? Wenn du mich für einen Mörder hältst, so scher dich vom Hof. Keiner zwingt dich, mit mir unter einem Dach zu hausen.«

      Der Vinzenz sprang hinzu und legte dem Erregten die schwielige Hand auf die Schultern. »Tu dich net giften wegen ihr, Severin«, empfahl er. »Sie ist eine dumme Dirn, die auf das Geschwätz im Dorf hört. Man muss es ihr ausreden, dann wird sie wieder vernünftig.«

      Die Magd begann laut zu weinen und schlug die Hände vor das tränenüberschwemmte Gesicht. Severin und der Knecht hatten große Mühe, die Verstörte wieder zu besänftigen. Wortreich beteuerte sie, dass ihr nicht einmal im Traum einfallen würde, den Jungbauern für einen Verbrecher zu halten.

      Die Stunden bei Gundi waren Balsam für die angegriffenen Nerven des Mangoldsohnes. Ihre streichelnden Hände glätteten die Furchen, die sich in seinem Gesicht eingegraben hatten. Und ihre sanfte Stimme dämpfte die Empörung über jene Schandmäuler, die ihm eine solche Untat zutrauten.

      »Die beste Abwehr ist das eigene gute Gewissen«, raunte sie ihm zu. »Wer von anderen schlecht denkt, taugt selber net viel. Was liegt dir also an der Meinung dieser Leutl?«

      Er schloss sie glücklich lächelnd in die Arme. »Wenn ich dich net hätt, mein geliebtes Postweiberl«, sagte er, »dann wär ich so arm dran wie jenes Rehkitz, dem der Ludl damals die Mutter weggeschossen hat.«

      Der Druck der weichen Frauenlippen verscheuchte die letzten Kümmernisse des Burschen. Die Küsse der beiden jungen Menschen wurden immer drängender, fordernder. Sie gaben sich ihren Gefühlen hin und vergaßen, dass es rundum eine Welt gab, die nicht nur gut gesinnt war.

      Wie ein Hammerschlag traf Severin die Ankündigung des Inspektors, dass ein Haftbefehl des Staatsanwalts gegen ihn ausgestellt worden war. Mit ausgebreiteten Armen stellte sich die Mutter vor ihn hin, wie eine kampfbereite Löwin, die ihr Junges verteidigt.

      »Keiner rührt meinen Severin an, der ein kreuzbraver Bub ist!«, rief sie schrill. »Da soll ein Unschuldiger herhalten, weil ihr den Schuldigen net findet.«

      Severin schob sie sanft beiseite und trat auf den Inspektor zu. »Da hat sie net unrecht, die Mutter«, sagte er. »Man will mir den Mord zuschieben, denn das todbringende Kügerl stammt aus meinem Büchsl.« Er lachte bitter auf. »Glaubt denn der Herr Staatsanwalt, ich wär so dumm und hätt den Schießprügel liegen lassen, wenn ich der Schütz wär?«

      Um die Mundwinkel des Inspektors zuckte es leicht.

      »Das hab ich dem Staatsanwalt auch zu bedenken gegeben. Doch er ist der Meinung, der Schütze könnte unmittelbar nach der Tat in einen seelischen Ausnahmezustand geraten sein, weil er kein kaltblütiger Mörder ist. Das würde auf Sie zutreffen, Mangold. Wer einen Schock erleidet, handelt nicht mit Überlegung.«

      »Sie dürfen dich net einsperren, Bub«, jammerte die Bäuerin.

      »Ich komm bald wieder frei, Mutterl«, tröstete der Sohn die verzweifelte Frau. »Der Inspektor gibt die Suche nach dem Mordbuben nicht auf.«

      »Mein Wort darauf«, sagte Wenzel mit Nachdruck.

      Severin hörte das Schluchzen der Mutter noch, als er an der Seite zweier Kriminalbeamten durch das Hoftor hinaus auf die Straße trat. Eilige Schritte hinter ihm klangen auf. Der Vater eilte auf ihn zu und drückte den Sohn an seine breite Brust.

      »Den besten Advokaten lass ich aus der Hauptstadt kommen«, versicherte der grauhaarige Bauer und hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. »Auch wenn ich eine Hypothek aufnehmen müsst, dich holen wir heraus aus dem Gefängnis, Bub. Wir tun, was wir können.«

      »Das weiß ich, Vaterl«, sagte der Sohn gerührt. »Vergiss net, der Gundi zu sagen, dass sie sich net grämen soll. Es wird alles gut.«

      Der Vater versprach es und winkte, bis Severin in das Auto gestiegen war, das bereitstand, um ihn in die Kreisstadt zu bringen.

      Die nächsten Tage waren nicht leicht für den Bauernsohn. Ein Verhör folgte dem anderen. Dutzende Male musste er die gleichen Erklärungen abgeben, alles wiederkäuen, was ihn und den toten Ludl betraf. Raffinierte Fangfragen wurden ihm gestellt, auf die er nicht hereinfiel. Er gab nur die Wahrheit von sich und verwickelte sich deshalb nie in Widersprüche. Doch die Vernehmungen erregten ihn so, dass er in den Nächten keinen Schlummer fand und sich auf der harten Pritsche ruhelos hin und her wälzte. Zerschlagen erhob er sich bei Tagesanbruch, wusch sich, kleidete sich an und würgte lustlos das dürftige Frühstück hinunter. Im Spiegel sah ihm ein bleiches Gesicht mit dunklen Ringen unter den Augen entgegen. Und dann ging es wieder ab zum nächsten Verhör. In die Zelle zurückgekehrt, erblickte er durch das kleine vergitterte Fenster ein Fleckchen Himmel, der noch dazu während seiner Haft meistens mit dicken Wolken überzogen war. Nur die Hoffnung, dass letzten Endes doch die Gerechtigkeit siegen würde, hielt ihn aufrecht. Und die Gewissheit, dass es Menschen gab, die in Gedanken bei ihm waren.

      Auch im Jägerhäusl hatte man ihn nicht vergessen. Während Martha an einem dunstigen Morgen dicke Scheiben von der knochenharten Salami abschnitt, die als Wegzehrung für den Vater gedacht waren, fragte sie: »Hast vom Severin nix Neues gehört, Vater?«

      Der Gefragte schüttelte den Kopf und leerte seine Frühstückstasse. »Meines Wissens sitzt er allweil noch hinter Schloss und Riegel in der Kreisstadt, der arme Teufel.« Er steckte die Salami und ein Stück Brot in den Leinenbeutel, den er sich über

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