Wilderer und Jäger Staffel 1. Anne Altenried

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Wilderer und Jäger Staffel 1 - Anne Altenried Wilderer und Jäger Staffel

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Ihr das immer so, daß Ihr mit der Tür ins Haus fallt?«

      »Red net in der dritten Person zu mir, sondern gib mir lieber eine Auskunft!« entgegnete der Jäger voller Ungeduld.

      Apollonia schnappte nach Luft. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften, richtete den Blick streng auf den Jäger und sagte: »Alois Schaidhammer – ich werd dir garantiert net aus der Hand lesen!«

      »Das verlang ich auch gar net, weil ich eh net an solch einen Hokuspokus glaub«, erwiderte er in scharfem Ton. »Bei mir droben…«

      »Du meinst wohl: beim Kronseder-Lukas droben«, warf sie berichtigend dazwischen.

      »Egal, bei wem! Jedenfalls lag ein tödlich verwundetes Kitz vorm Jägerhaus, dem ich den Gnadenschuß hab geben müssen. Ein jammervoller Anblick! Du wohnst als einzige mit hier heroben. Dir muß doch amal etwas­ Ungewöhnliches aufgefallen sein. Oder steckst gar mit demjenigen unter einer Deck, der hier of­fensicht­lich die Jager vergraulen will?«

      Apollonia hatte überrascht zugehört. Sie schien sich weder über seinen aggressiven Ton noch über den ausgesprochenen Verdacht zu ärgern.

      »Ach!« entfuhr es ihr. »Geht die Schikaniererei also munter weiter! In einer Hinsicht freut’s mich, weil sie Lukas nun zurückschicken müssen. Jetzt steht’s ja fest, daß man ihn net fürs tote Wild verantwortlich machen kann.«

      »Das sowieso net«, sagte Alois, der mehr wußte, als er weitergeben durfte. In der Stadt hatte man Lukas Kronseder sozusagen auf Herz und Nieren geprüft. Zur Zeit nahm er an einer speziellen Ausbildung teil, um sich im Notfall gegen Schmuggler oder Wilddiebe besser verteidigen zu können.

      »Wennst bereits zu der Einsicht gekommen bist, wozu brauchst dann noch eine Auskunft von mir?« fragte Apollonia.

      »’s ist eigentlich mehr eine Bitt«, erklärte Alois. »Könntest mir sämt­liche Pfade hier aufzeichnen und eventuelle Schlupfwinkel markieren?«

      »So was Deppertes!« Apollonia schüttelte den Kopf.

      »Und würdest mich a bissel unterstützen?« bat er weiter.

      »Das wär ja noch depperter!« meinte sie. »Ich bin ein altes, schrulliges Weib, das seine Ruh haben will. Ich sammel Kräuter und deut Handlinien. Von deinem Beruf versteh ich soviel wie du vom Lesen aus der Hand.«

      »Ich möcht ja nur, daß du ein Auge aufs Jägerhaus hast, wenn ich dienstlich unterwegs bin«, sagte Alois so freundlich wie möglich.

      »Das tät eh nix nutzen. Ich hab’s beim Kronseder schon versucht. Prompt ist derjenige dann net gekommen, den wir haben erwischen wollen.«

      Der Jäger schien überrascht zu sein. Mit dem Zeigefinger rieb er an seiner Nase entlang und murmelte mehr zu sich selber: »Geister gibt’s keine. Demnach muß es sich um ein menschliches Lebewesen handeln, das vor nix Respekt hat und sich sehr sicher wähnt. Wahrscheinlich ist’s gut bekannt und wirkt harmlos. Aber was – zum Teifi! – was hat’s für ein Motiv, daß es auch mich in eine solch widerwärtige Sach einbezieht?«

      »Ich kann net hellsehen«, sagte Apollonia. Ihr Blick glitt kurz zu dem Holzkästchen auf der Anrichte hin. In ihm lag das silberne Kettchen mit dem Buchstaben A als Anhänger. Beinahe jeden Tag holte sie es hervor, ließ es durch ihre Finger gleiten und grübelte. Bisher war sie sich nicht sicher gewesen, ob es klug sein würde, auf eine vage Vermutung hin zu handeln.

      »Ein armes totes Kitz«, flüsterte sie in das entstandene Schweigen hinein und fühlte einen ziehenden Schmerz in der Brust.

      »Eine riesenmäßige Sauerei nenn ich das!« brauste der Schaidhammer auf.

      Apollonia sah ihn an und dachte: Er gehört net hierher. Ich werd zuwarten müssen, bis Lukas wieder da ist…

      Um den Jäger loszuwerden, erklärte sie sich nun bereit, ihn im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Doch sie blickte ihm dann voller Unbehagen und Zweifel nach, als er sie verließ.

      Von der nahen Felswand her kamen plötzlich merkwürdige Geräusche. Der eiligst davonstrebende Jäger schien sie nicht zu vernehmen. Apollonia aber ignorierte sie, weil ihre Gedanken sowieso schon kreuz und quer durcheinandergingen.

      Zwei Tage später erst sollte sich Apollonia wieder daran erinnern. Auf der Suche nach bestimmten, leider seltenen Kräutern sah sie plötzlich zwei dunkle Vögel hochflattern und krächzend entschwinden. Neugierig näherte sie sich der Stelle, von der sie hochgeflogen waren. Im nächsten Augenblick ließ sie vor Schreck den Korb fallen und schlug das Kreuzeszeichen.

      Vor ihr, zwischen Latschenbüschen, ragten die Läufe eines stattlichen Gamsbockes. Ihm war das Gehörn herausgebrochen worden; sogar ein Stück Hirnschale fehlte.

      Braunrote Flecken auf den Büschen wiesen darauf hin, daß das Tier hier zu Tode gekommen war hier, in einer Schonzone, die unter Naturschutz stand! Apollonia fühlte sich wie gelähmt. Sie bog die Büsche auseinander, schrie leise auf. Diesen Gamsbock glaubte sie zu kennen. Sie hatte ihn oft von ihrem Häusl aus beobachtet und seine Geschicklichkeit und Schnelle beim Klettern bewundert. Auch über sein selten schönes Gehörn hatte sie gestaunt, das, wie sie manchmal gedacht hatte, einen Sammler hätte begeistern können.

      »Herr im Himmel, wie hast das nur zulassen können – zumal doch die Tiere auch bei uns weniger werden!« murmelte Apollonia, im jähen Hader mit dem Schöpfer aller Dinge. »Das kann beiden Jagern die Stellung kosten, wenn’s herauskommt, daß so etwas Schlimmes ausgerechnet hier geschehen ist!«

      Sie bückte sich und zog den Bock tiefer ins Gebüsch. Dann spähte und horchte sie nach allen Seiten, ob sie eventuell beobachtet wurde. Ringsum herrschte friedliche Stille – eine trügerische Stille, wenn man bedachte, was für ein Frevler seit Wochen unterwegs war. Ein Mensch, der ein Tier so zurichtete, war zweifellos zu mehr fähig. Er könnte, falls er sich in die Enge gedrängt fühlte, eines Tages auch einen Menschen töten.

      »So, wie’s dem Söllner-Leo passiert ist!« stieß Apollonia in jäher Erregung hervor. Als hätte sie plötzlich Angst, nahm sie den halbvollen Korb hoch und hastete bergab. Erst einmal wollte sie in Ruhe über alles nachdenken.

      Das tat sie dann auch, bei einem Becher Kräutertee und die Innenfläche der eigenen linken Hand betrachtend. Als es dunkel wurde, ging sie zum Jägerhaus hinauf. Auch sie vergaß anzuklopfen, wurde jedoch deswegen nicht gerügt.

      Alois Schaidhammer saß am Tisch, stützte den Kopf schwer in den Händen und starrte auf das Gehörn, das vor ihm im Licht der Lampe lag. Apollonia sah das Stück Hirnschale daran und sagte: »Wennst den Rest vom Gamsbock suchst, Jager, so komm mit und schaff ihn aus dem Latschenfeld, eh daß ein anderer ihn findet!«

      »’s hing am Brunnenrohr – wie zum Hohn«, berichtete er mit dumpfer Stimme. »Und net amal weidmännisch richtig ist’s gemacht worden«, fügte er aufstöhnend hinzu.

      Apollonia erzählte nun, was sie erlebt hatte. Minuten später zogen sie gemeinsam los und brachten den toten Gamsbock ungehindert bis in den Schuppen.

      »Ich werd’s melden – ganz egal, was mit mir geschieht!« sagte Alois Schaidhammer.

      Apollonia nickte und fand ihn schon sympathischer. Aber lieber noch war ihr der Kronseder-Lukas. Ihn wünschte sie sich von ganzem Herzen herbei.

      »Und ich schreib einen Brief an eure vorgesetzte Dienststell«, beschloß sie

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