Geliebte Stimme. Barbara Cartland

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Geliebte Stimme - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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innerlich bereicherte.

      Am Anfang des Jahres hatte es sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen, als Lady Lavenham Miss Harding wissen ließ, daß ihre Dienste nicht mehr benötigt würden und sie in drei Monaten gehen müsse.

      Ohne weitere Erklärungen ihrer Erzieherin abzuwarten, war Susanna die Treppe hinuntergestürmt und ohne anzuklopfen ins Boudoir ihrer Mutter eingedrungen, was sie normalerweise nie gewagt hätte.

      „Ist das wahr, Mama?“ schrie sie empört. „Du hast Miss Harding gekündigt? Warum? Warum muß sie gehen? Ich kann es nicht ertragen, sie zu verlieren!“

      Lady Lavenham lag malerisch ausgestreckt und in eines der hauchdünnen Chiffon-Negligés gehüllt, die in dieser Saison die große Mode waren, auf der Chaiselongue.

      Susanna stellte sich vor, daß es eine große Erleichterung für die Trägerin eines eng geschnürten Korsetts sein mußte, das lästige Ding wenigstens für ein paar Stunden am Tag ablegen zu können.

      Sie war zu unschuldig, um zu erkennen, daß diese Nachmittagsgewänder einen ganz anderen Zweck erfüllen sollten. Ihr entging allerdings, daß ihre Mutter in London zuweilen den König oder andere Herren in ihrem Boudoir empfing und dann unter keinen Umständen gestört werden durfte.

      Zum Glück befanden sie sich gerade auf dem Land, und Lady Lavenham war allein. Der nächste Hausball sollte erst am folgenden Tag stattfinden.

      „Dringe gefälligst nicht auf so ungehörige Weise in mein Boudoir ein“, tadelte Lady Lavenham in einem eisigen Ton, der ihre Tochter gewöhnlich erschauern ließ.

      In diesem Augenblick war Susanna viel zu verstört und erregt, als etwas anderes als Zorn empfinden zu können.

      „Warum hast du Miss Harding gekündigt, Mama?“ fragte sie erneut mit bebender Stimme.

      „Du bist dumm wie immer“, tadelte Lady Lavenham ihre Tochter. „Dein Haar ist unordentlich, und auf deinem Kleid ist ein häßlicher Tintenfleck.“

      „Ich habe dir eine Frage gestellt, Mama!“

      „Dann muß ich es dir eben in ganz schlichten, verständlichen Worten erklären“, sagte Lady Lavenham kalt. „Du bist schon über achtzehn und fast schon zu alt zur Debütantin, hättest du nicht das Trauerjahr einhalten müssen. Jetzt wird es Zeit, dich in die Gesellschaft einzuführen.“

      Susanna sah sie mit weit aufgerissenen Augen verständnislos an.

      „Aber das bedeutet doch nicht, daß Miss Harding gehen muß!“

      „Natürlich tut es das. Was willst du mit einer Gouvernante, wenn du ausgehst? Vermutlich muß ich wohl oder übel die alles andere als angenehme Aufgabe übernehmen, dich überallhin zu begleiten.“

      Die Art, wie Lady Lavenham das sagte, ließ keinen Zweifel offen, daß sie das als lästige Pflicht betrachtete.

      Bevor Susanna etwas erwidern konnte, fügte ihre Mutter mit ätzender Schärfe in der Stimme hinzu: „Und nun sorge um Himmels willen dafür, daß du wenigstens einigermaßen annehmbar aussiehst. Weiß der Himmel, wie ich dich jemals unter die Haube bringen soll, wenn du so wenig Wert auf dein Äußeres legst.“

      Einen Augenblick lang sah Susanna ihre Mutter bestürzt an, dann schoß brennende Röte in ihre Wangen. Sie drehte sich um und lief aus dem Zimmer.

      Oben ließ sie sich mutlos aufs Bett fallen. Für sie war eine Welt eingestürzt. Der einzige Mensch, der sie verstand, sollte sie verlassen.

      Natürlich war es töricht von ihr, zu vergessen, daß ihr Debüt bevorstand und sie bald, wie May vor ihr, von Ball zu Ball geschleppt werden würde, von einem Empfang zum anderen; und sie wußte jetzt schon, daß ihr der ganze Rummel zuwider sein würde.

      Wie hätte sie auch anders empfinden sollen, wußte sie doch, daß ihre Mutter sich ihrer schämte, daß kein junger Mann freiwillig, sondern nur gezwungenermaßen mit ihr tanzen würde.

      Zu ihrem Leidwesen war ihr nie in den Sinn gekommen, daß sie Miss Harding verlieren würde, wenn sie in die Gesellschaft eingeführt wurde.

      Die letzten beiden Jahre waren die glücklichsten ihres Lebens gewesen, doch ihr wurde schmerzhaft bewußt, daß sie in einem Wolkenkuckucksheim gelebt hatte, denn eigentlich hätte sie schon im vorigen Sommer ihr Debüt geben müssen.

      Das war unmöglich gewesen, weil ihre Großmutter gestorben war und die Familie Trauerkleidung trug. Ihre Mutter hatte ganz in Schwarz noch hinreißender ausgesehen als sonst, während Susanna sich vorkam wie eine dicke Saatkrähe.

      Mittlerweile war sie achtzehneinhalb Jahre alt und ihre Einführung in die Gesellschaft unumgänglich geworden. Nach Ansicht ihrer Mutter und nach ihrer eigenen Erkenntnis kam das einer mittleren Katastrophe gleich. Häßlich wie sie war, würde sie die ganze Familie blamieren.

      Der Gedanke an dieses schreckliche Ereignis war für Susanna so grauenhaft, daß sie Trost in der Tüte Bonbons suchte, die sie sich heimlich im Dorfladen gekauft hatte, und die Süßigkeiten in sich hineinstopfte.

      „Ich werde scheußlich aussehen und mich zu Tode schämen“, sagte sie sich, „und wenn Miss Harding fort ist, habe ich niemanden mehr, mit dem ich reden kann, der sich für meine Gedanken und meine Sorgen interessiert.“

      Mühelos wie einer jener neuen D-Züge, die schnell und sicher ihr Ziel ansteuerten, kamen die Pläne für den Umzug ins Londoner Haus und Miss Hardings Abschied ins Rollen.

      Am Abend vor der Abreise der gütigen Erzieherin hatte Susanna bitterlich geweint.

      „Was soll ich denn ohne Sie tun?“ schluchzte sie. „Sie sind der einzige Mensch, der jemals lieb zu mir war und mich spüren ließ, daß ich auch etwas wert bin. Wenn Sie weg sind, habe ich niemanden mehr!“

      „Um ganz offen zu sein, Susanna“, hatte Miss Harding in ihrer ruhigen Art erwidert, „es gibt nicht mehr viel, was ich dir beibringen könnte.“

      Susannas Verblüffung über diese Eröffnung war so groß, daß sie ihr Schluchzen unterbrach und ihre Erzieherin mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.

      „Es ist wahr“, sagte Miss Harding. „Dir muß doch mittlerweile auch klargeworden sein, daß du sehr intelligent bist, viel zu intelligent für das Leben, das du führen sollst.“

      „Aber ich habe doch keine andere Wahl“, antwortete Susanna todunglücklich. „Ich muß dieses Leben führen.“

      „Das mußt du wohl“, gab Miss Harding ihr mit einem tiefen Seufzer recht. „Für ein Mädchen deiner gesellschaftlichen Stellung gibt es wohl keinen Ausweg, keine andere Möglichkeit, sein Leben zu gestalten. Das braucht dich jedoch nicht davon abzuhalten, über die Dinge des Lebens nachzudenken, dich durch Lesen weiterzubilden und deinen Geist weiter wachzuhalten.“

      „Wozu?“ fragte Susanna verbittert.

      „Für dich selbst“, entgegnete Miss Harding.

      Sie schwieg einen Augenblick, als suche sie nach den richtigen Worten, um es ihrer Lieblingsschülerin zu erklären, dann fuhr sie fort: „Für einige Leute bedeutet es das höchste Glück, sich dem gesellschaftlichen Leben zu widmen, und sie finden es ungeheuer aufregend, immer größere und glanzvollere Abendgesellschaften zu geben als die

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