An der weißen Grenze. Джек Лондон

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An der weißen Grenze - Джек Лондон

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große Närrin sind. In dies Land kommen nur zwei Sorten Frauen: die mit ihren Männern oder Vätern, das sind die anständigen, und dann die anderen, die man aus Höflichkeit Tingeltangel-Sterne oder Artistinnen nennt. Eine dritte Sorte hat hier keinen Platz. Wer nicht zur einen oder anderen gehört, kommt unter die Räder. Deshalb sage ich Ihnen: Sie sind ein sehr dummes Mädel und können nichts Besseres tun als umkehren, solange es möglich ist. Ich will Ihnen einen Indianer bis Dyea mitgeben und Geld für die Rückreise nach den Staaten. Sie werden von einem Fremden kein Geld nehmen wollen, aber es ist ja nur geliehen. Sie schicken mir den Kies zurück, wenn es Ihnen paßt.«

      Frona hatte versucht, ihn zu unterbrechen, aber er schnitt ihre Worte mit einer Handbewegung ab.

      »Ich danke Ihnen«, setzte sie an, aber er unterbrach:

      »Sie sollen gehorchen und nicht danken.«

      »Ich danke Ihnen trotzdem, aber das heißt: danke nein«, beharrte sie. »Zufällig irren Sie sich so ziemlich in allem. Ich wollte meine Träger hier in Happy Camp treffen, sie sind mit Zelt und Bett und allem, was der Mensch braucht, ein paar Stunden vor mir abmarschiert. Ein Boot ist heute nachmittag vom Sturm an die Westküste des Kratersees verschlagen worden, darin müssen meine Leute gewesen sein. So kommt es, daß ich wie ein nackter Spatz bei Ihnen hereingeweht bin. Ihr Rat, ich soll umkehren, ist gewiß gut gemeint, aber mein Vater erwartet mich in Dawson. Wir haben uns drei Jahre lang nicht gesehen. So weit sind Sie hoffentlich beruhigt, mein Herr Gastwirt? Dann erlauben Sie freundlichst, daß ich ein bißchen zu Bett gehe.«

      »Das ist doch unmöglich!« rief er, dem plötzlich bewußt wurde, daß er es mit einer jungen Dame zu tun hatte.

      »Ja, was denn? Sind etwa in den anderen Zelten noch andere Frauen?«

      »Nur in einem Zelt, da sind zwei oder drei … Aber grade das ist gar nichts für Sie.«

      Er überlegte mit Anstrengung; das Segelleinen des Zeltes bauschte sich im Sturm, der draußen brüllte.

      »Ein Mann, der heute im Freien übernachten muß, ist verloren«, sagte er. »Die anderen Zelte sind überfüllt. Was tut man da? …«

      »Vielleicht kann ich heute abend noch nach dem Tiefensee kommen?« fragte Frona, halb mitleidig, halb ironisch.

      »Sie können doch unmöglich im Dunkeln über den Fluß setzen!«

      »Sie haben offenbar Angst vor mir?«

      »Nicht für mich.«

      »Also schön, dann geh' ich ins Bett.«

      »Ich bleibe auf und sehe nach dem Feuer«, sagte er gedehnt.

      Frona sprang auf und schrie. »Jetzt hab' ich den Unsinn aber satt! Sind wir in einem Bürgerdorf mit drei Gasthöfen, oder sind wir auf dem Weg zum Nordpol? Ich geh' zu Bett, und Sie gehn auch zu Bett, und damit basta.«

      »Gute Nacht«, sagte sie nach zwei Minuten, als sie ihre Glieder mit Wohlbehagen in der Wärme gestreckt hatte. Eine Viertelstunde später fragte sie:

      »Sind Sie noch wach?«

      »Ja, was gibt es?«

      »Haben Sie Späne?«

      »Was für Späne?«

      »Zum Feueranmachen morgen früh, natürlich. Sonst stehen Sie auf und machen welche.«

      Er gehorchte, ohne zu widersprechen, aber sie hörte nichts mehr …

      Als sie die Augen aufschlug, war die Luft voll vom frischen Duft gebratenen Specks. Die Sonne fiel durch den aufgeschlagenen Zeltvorhang herein. Draußen zogen truppweise Lastträger vorbei mit Pfeifen und Singen. Es tat gut, aus dem warmen Bett heraus dies eifrige Leben zu sehen, dann rekelte Frona sich auf die andere Seite und machte noch einmal die Augen zu. Als ihr Wirt Speck und Bratkartoffeln fertig hatte, sagte er freundlich:

      »Guten Morgen, Fräulein. Ob Sie gut geschlafen haben, brauche ich nicht zu fragen. Das hab' ich gehört.«

      Nach dem Frühstück ließen sie sich vor dem Zelt die warme Sonne auf den Pelz scheinen. Bald darauf bog eine Schar wohlbekannter Männer um den Gletscher beim Kratersee und marschierte auf Happy Camp zu. Sie klatschte in die Hände.

      »Dort kommt mein Gepäck! Mein Transportführer wird schön die Ohren hängen lassen, aber ich kann ihn trösten. Das ganze Abenteuer war wunderschön.«

      Sie hängte sich das Ränzel und die Kamera über die Schultern und nahm Abschied.

      »Auf Wiedersehen, lieber Gastwirt, und haben Sie tausend Dank für alles.«

      »Da ist doch nichts zu danken. Ich täte dasselbe gern für jeden …«

      »… Tingeltangelstern!«

      Er sah sie vorwurfsvoll an und sagte: »Ich weiß Ihren Namen nicht und will ihn auch gar nicht wissen.«

      »So ungerecht wollen wir nicht sein, denn Ihren Namen kenne ich, Herr Vance Corliss. Ich hab' ihn nämlich auf den Gepäckzetteln gelesen. Ich heiße Frona Welse. Auf Wiedersehen!«

      Sie machte sich im Laufschritt auf die Beine.

      »Ihr Vater ist doch nicht etwa …?« schrie er ihr nach.

      Sie wandte den Kopf: »Natürlich. Und wenn Sie nach Dawson kommen, besuchen Sie uns!«

      Eine Viertelstunde später stieß sie auf ihre Karawane. Del Bishop ließ durchaus nicht die Ohren hängen.

      »Guten Morgen«, grüßte er. »Ich sehe Ihnen an, daß Sie eine famose Nacht gehabt haben, wenn es auch nicht mein Verdienst ist.«

      »Sie haben sich doch nicht um mich gesorgt, Bishop?«

      »Gesorgt? Um eine Welse? Nee, da hatte ich anderes zu tun, vor allem, dem Kratersee meine Meinung ins Gesicht zu spucken. Ich kann das Wasser nicht leiden. Immer spielt es mir solche Streiche. Aber Sie müssen nicht denken, daß ich Angst davor habe! Ich kann's nur nicht leiden.«

      Neuntes Kapitel

      Jacob Welse war Großkaufmann in einem Lande, das sonst noch keinen Handel kannte, ein ausgereiftes Produkt des neunzehnten Jahrhunderts in einer Gesellschaft, die primitiv war wie die der alten Vandalen. Als Monopolist großen Stils herrschte er über die unabhängigsten Menschen, die je in einem Winkel der Welt zusammengekommen waren. Als ein Missionar der Wirtschaft predigte er das Evangelium der Zweckmäßigkeit und der Macht. In seinem Glauben an die natürlichen Rechte der Menschen beugte er, selbst Demokrat, alle unter seinen starken Willen. Die Herrschaft Jacob Welses – das war sein ungeschriebenes Evangelium. Mit seinen Händen, ganz allein, hatte er ein Reich aufgebaut; unter seinem Kommando verbreitete sich die Bevölkerung über ein Gebiet von hunderttausend Meilen Umfang und zog sich wieder zurück. Städte wuchsen und verschwanden auf sein Gebot. Dennoch war er ein Mann aus dem Volke geblieben. Hier in der Prärie hatte er seinen ersten Atemzug getan. Der blaue Himmel war das Dach über seiner Wiege gewesen, und diese Wiege hatte aus einem Bündel grünen Heus bestanden.

      Als er zum erstenmal die Augen öffnete, standen rings um ihn gesattelte Pferde, die das Wunder eines neugeborenen Menschen schnuppernd betrachteten. Sein Vater war Trapper, er hatte seine Kameraden auf ein paar Stunden verlassen, damit seine Frau Ruhe bekäme, wenn die Wehen ansetzten. Zu zweit hatten sie sich niedergelassen – ein paar Stunden später saßen sie zu dritt wieder im Sattel und holten

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