Der Courier des Czaar (Michael Strogoff). Жюль Верн

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Courier des Czaar (Michael Strogoff) - Жюль Верн страница 5

Der Courier des Czaar (Michael Strogoff) - Жюль Верн

Скачать книгу

kostbarem Porzellan und goldenen Gefäßen. Auf der mittelsten, für die Prinzen, Prinzessinnen und die Mitglieder des diplomatischen Corps reservirten Tafel glänzte ein Tafelaufsatz von unschätzbarem Werthe aus Londoner Werkstätten und rund um dieses Meisterwerk der Juwelierarbeit spiegelten sich unter dem Glanze der Lustres die unzähligen Stücken des herrlichsten Geschirrs, das jemals die Manufacturen von Sèvres verlassen hatte.

      Die Gäste des Neuen Palais begaben sich nach den Speisesälen.

      In diesem Augenblicke näherte sich der General Kissoff, der inzwischen zurückgekehrt war, rasch dem Officier der Gardejäger.

      „Nun, wie steht’s? fragte dieser lebhaft.

      [pg 1-14]

      — Die Telegramme gehen nicht über Tomsk hinaus, Sire.

      — Sofort einen Courier!“

      Der Officier verließ den großen Saal und zog sich in ein daneben liegendes großes Gemach zurück. Es war das ein mit Eichenmöbeln sehr einfach ausgestattetes Arbeitscabinet an einer Ecke des Neuen Palais. Einige Bilder, darunter einzelne Oelgemälde von Horace Vernet, hingen an den Wänden.

      Der Officier riß schnell ein Fenster auf, als habe es seinen Lungen an Sauerstoff gemangelt, und sog auf einem mächtigen Balcon die laue Luft der schönen Julinacht ein.

      Vor seinen Augen breitete sich, in sanftes Mondlicht gebadet, eine Art Festungswerk aus, in welchem sich zwischen zwei Kathedralen drei Paläste und ein Arsenal erhoben. Rings um dasselbe die bestimmt unterschiedenen Städte: Kitaï-Gorod, Boloï-Gorod und Zemlianoï-Gorod, das ungeheure europäische, tartarische und chinesische Quartier, überragt von Thürmen und Minarets, von den Kuppeln der dreihundert Kirchen mit ihren grünen Dächern und dem silbernen Kreuz darauf. Ein kleiner Fluß mit vielgewundenem Laufe glänzte manchmal in den Strahlen des Mondes. Das Ensemble bildete eine wunderbare, verschieden gefärbte Mosaik, welche ein zehn Stunden langer Rahmen umschloß.

      Dieser Fluß war die Moskowa; diese Stadt war Moskau, jenes Festungswerk war der Kreml und jener Officier der Gardejäger, der mit gekreuzten Armen und träumerischer Stirn nur halb den Lärmen des Festes hörte, der sich aus dem Neuen Palais über die alte Stadt der Moskowiter verbreitete – das war der Czaar.

      [pg 1-15]

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Wenn der Czaar so unerwartet und gerade in dem Augenblicke, als das Fest, welches er den Spitzen der Civil- und Militärbehörden gab, in schönstem Glanze strahlte, die Salons des Neuen Palais verließ, so kam das daher, daß sich jenseit des Ural sehr wichtige Ereignisse vorbereiteten. Es war gar nicht zu bezweifeln: eine furchtbare Invasion drohte die sibirischen Provinzen der russischen Autonomie zu entziehen.

      Das asiatische Rußland oder Sibirien bedeckt eine Oberfläche von 560,000 Quadratmeilen (französische Lieues) und zählt etwa zwei Millionen Einwohner. Es erstreckt sich von dem Gebirgszuge des Ural, der es von dem europäischen Rußland trennt, bis nach dem Gestade des Pacifischen Oceans. Nach Süden zu schließt es Turkestan und das Chinesische Reich mit einer, häufig unbestimmten Grenze ab, im Norden der arktische Ocean von dem Karameere bis zur Behringsstraße. Es wird in Gouvernements oder Provinzen getheilt, nämlich die von Tobolsk, Jeniseisk, Irkutsk, Omsk und Jakutsk; ferner umfaßt es zwei Districte, die von Ochotsk und von Kamschatka, und besitzt endlich zwei Länder, welche jetzt dem moskowitischen Scepter unterthan sind, das Land der Kirghisen und das Land der Tschuktschen.

      Diese ungeheure Strecke von Steppen, in der Längenausdehnung über 110 Graden von Westen [pg 1-16]nach Osten umfassend, bildet den Deportationsort für Verbrecher, das Exil für diejenigen, welche ein Ukas mit Verbannung belegte.

      Zwei Generalgouverneure vertreten die Oberherrschaft des Czaaren in diesem weiten Reiche. Der Eine residirt in Irkutsk, der Hauptstadt des westlichen Sibiriens. Der Tchuma, ein Nebenfluß des Jenisei, trennt die beiden Hälften des Territoriums.

      Noch furcht keine Eisenbahn diese unendlichen Ebenen, unter denen einige ausnehmend fruchtbar sind; kein Schienenweg entlastet die reichen Mienen, welche bei ihrer Ausdehnung über große Strecken den Boden Sibiriens unter der Erde kostbarer erscheinen lassen, als auf der Oberfläche. Im Sommer reist man daselbst im Tarantaß; im Winter im Schlitten.

      Eine einzige Verbindung, aber eine elektrische, verknüpft die beiden Grenzen im Westen und im Osten Sibiriens durch einen Draht, der nicht weniger als 8000 Werst (gleich 8536 Kilom.) lang ist. Nach Ueberschreitung des Ural passirt er Jekaterinburg, Kassimow, Tiumen, Ichim, Omsk, Elamsk, Kolyvan, Tomsk, Krasnojarsk, Nishny-Udinsk, Irkutsk, Verkne-Nertschinsk, Strelink, Albazine, Blagoweshensk, Radde, Orlomskaya, Alexandrowskoë, Nicolajewsk, und kostet jedes bis an das äußerste Ende zu befördernde Wort 6 Rubel 19 Kopeken (= fast genau 20 Mark oder 10 Gulden östr.). Von Irkutsk aus verläuft eine Zweigleitung nach Kjachta an der mongolischen Grenze, von wo aus die Depeschen, das Wort für 30 Kopeken (= 96,7 Pf. oder 48,3 Kreuzer), in weiteren vierzehn Tagen bis Peking befördert werden.

      [pg 1-17]

      Jene Drahtleitung war zuerst zwischen Jekaterinburg und Nicolajewsk, nachher vor Tomsk und einige Stunden später zwischen Tomsk und Kolyvan durchschnitten worden.

      Eben deshalb hatte der Czaar, nach der zweiten Mittheilung, welche General Kissoff ihm machte, nur geantwortet: „Sofort einen Courier!“

      Seit kurzer Zeit nun stand der Czaar bewegungslos am Fenster seines Cabinets, als die Huissiers wiederum dessen Thüren öffneten. Der erste Chef der Polizei erschien auf der Schwelle.

      „Tritt ein, sagte der Czaar kurz, und theile mir Alles mit, was Du über Iwan Ogareff weißt.

      — Es ist das ein sehr gefährlicher Mann, Sire, erwiderte der hohe Polizeibeamte.

      — Er hatte den Rang eines Obersten?

      — Ja, Sire.

      — Und war ein intelligenter Officier?

      — Gewiß, sehr intelligent, aber unmöglich zu zügeln und von sinnlosem Ehrgeiz, der vor nichts zurückschreckte. Er verwickelte sich sehr bald in verschiedene Intriguen und wurde damals von Sr. kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten erst degradirt und später nach Sibirien verwiesen.

      — Wann ungefähr?

      — Vor etwa zwei Jahren. Nach sechsmonatlicher Verbannung durch Ew. Majestät Gnade erlöst, kehrte er nach Rußland zurück.

      — Und seit dieser Zeit wandte er sich nicht wieder nach Sibirien?

      — Doch, Sire, aber diesmal kehrte er freiwillig dahin zurück“, antwortete der Chef der Polizei.

      Dann fügte er mit etwas zurückgehaltener Stimme hinzu:

      [pg 1-18]

      „Es gab eine Zeit, Sire, da man nicht zurückkehrte, wenn man nach Sibirien ging!

      —

Скачать книгу