Der Courier des Czaar (Michael Strogoff). Жюль Верн

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Der Courier des Czaar (Michael Strogoff) - Жюль Верн

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Czaar hatte wohl ein Recht, auf diese Worte einen besonderen Ausdruck zu legen, denn wiederholt hatte er durch seine Milde bewiesen, daß die russische Justiz auch zu verzeihen vermöge.

      Der Polizeichef erwiderte nichts, aber offenbar war er kein Freund von halben Maßregeln. Seiner Ansicht nach durfte Keiner, der den Ural unter Bedeckung von Gensdarmen überschritten hatte, jemals daran denken, es noch einmal zu thun. Anders war es aber jetzt unter der neuen Regierung, und der Chef der Polizei bedauerte das aufrichtig. Wie! Es sollte keine andere Verbannung auf Lebenszeit mehr geben, als für Verbrechen gegen das gemeine Recht? Politische Sträflinge kehrten von Tobolsk, von Jakutsk, von Irkutsk in das Vaterland zurück? Wahrlich, der Polizeichef, gewöhnt an die autokratischen Ukase, welche jede Amnestie ausschlossen, konnte sich mit dieser Art und Weise zu regieren niemals aussöhnen. Doch er schwieg und wartete es ab, daß der Czaar ihn weiter fragen werde.

      Das ließ nicht lange auf sich warten.

      „Ist Iwan Ogareff, begann der Czaar, nach dieser Reise nach den sibirischen Provinzen, einer Reise übrigens, deren eigentlicher Zweck wohl unerkannt blieb, nicht auch ein zweites Mal nach Rußland gekommen?

      — Gewiß, Sire.

      — Und seit dieser Rückkehr hat die Polizei seine Spur verloren?

      — O nein, denn ein Verbannter wird von dem Tage seiner Begnadigung an erst gefährlich!“

      [pg 1-19]

      Ueber die Stirn des Czaaren flog eine leichte Wolke. Vielleicht fürchtete der Polizeichef etwas zu weit gegangen zu sein, obwohl das Festhalten seiner Ideen gewiß nicht größer und stärker war, als seine unbegrenzte Ergebenheit gegen seinen Herrn. Der Czaar aber, der solche indirecte Vorwürfe bezüglich seiner innern Politik unbeachtet ließ, fuhr einfach in seiner Fragestellung fort:

      „Und wo befand sich Iwan Ogareff zuletzt?

      — Im Gouvernement von Perm.

      — In welcher Stadt?

      — In Perm selbst.

      — Was that er daselbst?

      — Er schien unbeschäftigt und erregte durch seine Lebensweise keinerlei Verdacht.

      — Er stand nicht unter polizeilicher Aufsicht?

      — Nein, Sire.

      — Zu welcher Zeit hat er Perm verlassen?

      — Etwa im März.

      — Und wandte sich wohin?

      — Das ist mir unbekannt.

      — Seit dieser Zeit weiß man auch nicht, was aus ihm geworden ist?

      — Niemand weiß es.

      — Recht schön, aber ich, ich weiß es! antwortete der Czaar. Geheime Nachrichten, welche die Bureaux der Polizei nicht passirten, sind an mich gelangt und in Berücksichtigung der Thatsachen, welche sich jetzt jenseit der Grenze vollziehen, habe ich allen Grund, an die Richtigkeit derselben zu glauben!

      — Wollen Sie damit sagen, Sire, rief der Polizeichef, daß Iwan Ogareff bei der Tartaren-Invasion die Hand im Spiele habe?

      [pg 1-20]

      — Ja, General, und ich will Dir auch sagen, was Du noch nicht weißt. Iwan Ogareff überschritt, nachdem er das Gouvernement Perm verlassen, den Ural. Er begab sich nach Sibirien, in die Steppen der Kirghisen, und hat dort nicht ohne Erfolg die Nomadenvölker aufzuwiegeln gesucht. Darauf hat er sich weiter nach Süden, bis nach dem unabhängigen Turkestan begeben. Dort fand er in den Khanaten von Bukhara, Khokhand und Kunduz Häuptlinge, welche bereit waren, ihre Tartarenhorden in die sibirischen Provinzen zu werfen und einen allgemeinen Aufstand gegen die russische Herrschaft in Asien hervorzurufen. Die ganze Bewegung ist sehr geheim geschürt worden, sie bricht aber jetzt wie ein Donnerschlag aus und schon sind alle Wege und Communicationsmittel zwischen dem östlichen und dem westlichen Sibirien abgeschnitten! Dazu trachtet Iwan Ogareff, von Rache getrieben, meinem Bruder nach dem Leben!“

      Als er so sprach, war der Czaar erregter geworden und ging mit raschen Schritten auf und nieder. Der erste Chef der Polizei erwiderte kein Wort, aber er sagte sich, daß Iwan Ogareff’s Pläne zur Zeit, als die Selbstherrscher aller Reußen niemals einen Exilirten begnadigten, nicht hätten zur Reife gedeihen können.

      Still vergingen einige Augenblicke, dann näherte er sich dem Czaaren, der sich in einen Fauteuil geworfen hatte.

      „Ew. Majestät, sagte er, haben unzweifelhaft Befehl gegeben, daß dieser Einfall so schnell als möglich zurückgewiesen wird?

      — Ja, antwortete der Czaar. Das letzte Telegramm, das Nishny-Udinsk hat erreichen können, [pg 1-21]hat auch die Truppen der Gouvernements Jeniseisk, Irkutsk und Jakutsk, sowie diejenigen der Amurprovinzen und des Baikalsees in Bewegung setzen müssen. Gleichzeitig ziehen die Regimenter von Perm und Nishny-Nowgorod in Eilmärschen nach der Grenze am Ural; leider brauchen sie aber mehrere Wochen, bevor ein Zusammentreffen mit den Tartarenhorden möglich ist!

      — Und Ew. Majestät Bruder, Se. kaiserl. Hoheit der Großfürst, der in diesem Augenblicke allein im Gouvernement Irkutsk weilt, steht mit Moskau in keiner directen Verbindung mehr?

      — Nein.

      — Er muß aus den letzten Depeschen aber die Maßregeln Ew. Majestät erfahren haben und auch wissen, welche Hilfe er aus den Irkutsk zunächst gelegenen Gouvernements zu erwarten hat?

      — Das ist ihm bekannt, erwiderte der Czaar, er weiß aber nicht, daß Iwan Ogareff sich unter falschem Namen bei ihm zu dienen anbieten wird. Gelang es ihm dann, sein Vertrauen zu gewinnen, so wird er, wenn die Tartaren Irkutsk angreifen, die Stadt ausliefern, nebst meinem Bruder, dessen Leben unmittelbar bedroht ist. Das sind die Nachrichten, welche ich erhielt, die aber der Großfürst nicht kennt und folglich sofort erfahren muß!

      — Nun wohl, Sire, ein tüchtiger, muthiger Courier …

      — Den erwarte ich.

      — Und beeilen muß er sich, fügte der Chef der Polizei hinzu, denn Sie gestatten mir auszusprechen, Sire, daß dieses ganze Sibirien zur Rebellion sehr geneigt ist!

      — Glaubst Du, General, daß die Sträflinge [pg 1-22] mit den Feinden gemeinschaftliche Sache machen könnten? rief der Czaar, der bei dieser Andeutung des Polizeichefs ganz außer sich gerieth.

      — Verzeihung, Majestät!… entgegnete stammelnd der Chef des Polizeiwesens, denn wirklich war das der Gedanke gewesen, der in seinem unruhigen und mißtrauischen Kopfe aufgestiegen war.

      — Ich traue den Verbannten mehr Vaterlandsliebe zu! erwiderte der Czaar.

      — In Sibirien befinden sich auch andere Sträflinge, als die politischen Verbannten, antwortete der Polizeichef.

      — Die Verbrecher! O, General, die überlasse ich Dir! Das ist der Auswurf des menschlichen Geschlechts; diese haben überhaupt kein Vaterland. Die Erhebung, oder vielmehr der Einfall, ist aber nicht gegen den Kaiser gerichtet, sondern gegen Rußland, gegen die Heimat, welche die Verbannten doch noch einmal wieder zu sehen hoffen, und die sie wieder sehen werden!… Nein, nein, nie wird ein Russe sich auch nur eine

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