Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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ein sanftes Lächeln um ihren lieblichen Mund.

      Hinter diesen Jammerbildern und auf der Asche des Councilwigwams war ein großer Scheiterhaufen errichtet, auf dem die Körper von fünfundzwanzig Seeräubern, mit ihren gräßlich blutigen Köpfen lagen, von denen die Häute abgerissen waren; etwas niedriger und um den Scheiterhaufen hemm lagen der Kapitän der Seeräuber und zwölf Gefangene, an Händen und Füßen mit Büffelriemen zusammengeschnürt, ihren Urteilsspruch erwartend.

      Hinter dem Scheiterhaufen sah man die offenen Gräber für die erschlagenen Indianer. Sie waren auf allen Seiten mit der Rinde des Kottonbaumes belegt. An den vier Ecken waren Pfähle in die Erde gesteckt, die über dem Grabe gebogen und auf denen eine zweite Schicht von Kottonrinde lag. Eine Öffnung war gelassen worden, durch die der Leichnam ins Grab geschoben werden sollte. Vor jedem Grabe stak ein in Blut getränkter Stab, tief in die Erde getrieben, auf dem die Kriegstrophäen des Erschlagenen aufgesteckt werden sollten, nämlich des Feindes Skalp, der in ein kugelrundes Netz eingeschlossen zu werden bestimmt war.

      Am äußersten Ende war das Grab Canondahs.

      Es ruhte gleichfalls auf Zederstämmchen, deren jedes zwei bis drei Zoll im Durchmesser hatte, und war ganz mit Rinde ausgefüttert, die wieder mit Seidenzeugen überkleidet war. Auf ein Kissen mit Tillandsea ausgestopft und mit Atlas überzogen, sollte ihr Haupt zu liegen kommen; rings um das Grab herum waren Schößlinge von Palmen und Mangroven gepflanzt. Die Zederstämme waren gleichfalls zu einem Dache verbunden und bestimmt, einem zweiten Dache zum Stützpunkte zu dienen, so daß die Überreste der Tochter des Miko vor jeder Unbilde geschützt wären.

      Die Begräbnisanstalten waren während der Nachtzeit und den Tag hindurch mit unglaublicher Tätigkeit, aber ununterbrochenem Geheule und Jammer zustande gekommen.

      Die Lebenden waren nur mit Mühe von den Toten zu unterscheiden.

      Gegenüber den gefallenen Kriegern saßen in einem Halbmond die Männer der drei Stämme, ihre Gewänder über ihre Gesichter geschlagen, ihre Häupter auf ihre Brust gesenkt, ihre Schenkel kreuzweise ineinander geflochten; alle in der tiefsten Trauer. Sie waren unbedeckt, und die geflochtenen Scheitelbüschel der Pawnees hingen nachlässig ihren Nacken herab.

      Obenan saßen der Miko und der Häuptling der Cumanchees; – Tokeah schien ruhig und gefaßt; aber das erstorbene, verglaste Auge, Stirne und Lippen, die konvulsivisch verzogen, und die gelbe Totenfarbe bezeugten die Eiseskälte, die in seinem Herzen Platz genommen. Er war unsäglich elend geworden: der einzige Trost, der ihn am Leben bisher erhalten, seine übrigen Tage noch erheitern helfen sollte, war von ihm gewichen. –

      El Sol war gefaßter, aber auch sein edles Haupt war im tiefsten Schmerze auf die Brust gesunken, und dann hob es sich wieder, und er schoß so lange und durchbohrende Blicke auf seine verlorene Braut, als hätte er ihr neues Lebensfeuer in die erstarrten Glieder einhauchen wollen. Er hatte Canondah zärtlich und innig geliebt, er hatte sie als ihr Retter geliebt, dem das schwache Mädchen als schöne Beute anheimgefallen war, und der bei ihrem jedesmaligen Anblicke ein stolzeres, edleres Gefühl in seiner Brust erwacht fand.

      – Nun hatte sie mit ihrem Leben die Schuld der Dankbarkeit voll und gewichtig bezahlt; beinahe schien es, als ob der edle Wilde mit ihr rechten wollte.

      Aber eine saß da, deren Weh und Herzeleid auszudrücken unmöglich gewesen wäre; – eine, die in der edlen Indianerin die einzige freundliche Seele verlor, die noch einige Blumen auf ihren so dornigen Pfad gestreut. Die unglückliche Rosa starrte auf ihre entseelte Schwester hin, sinnlos, bewußtlos. – Als sie zuerst die leblose Hülle derjenigen sah, die liebender als eine Mutter sie umfangen hatte, da sank sie nieder, bewegungslos, beinahe leblos. Sie weinte nicht, sie klagte nicht; nicht eine Träne entquoll ihren Augen, aber Leben und Bewegung schienen im ungeheuern Schmerze entflohen zu sein. Jetzt saß sie da, von zwei Mädchen gehalten, und schaute und starrte so wirr, mehr einer alabasternen Statue, denn einem lebendigen Wesen ähnlich.

      Hinter ihr saßen die schluchzenden und weinenden Weiber und Mädchen. Auch sie hatten eine Mutter, die zärtlichste, verständigste Mutter verloren, die rastlos Tag und Nacht für das Wohl der Ihrigen beschäftigt gewesen war, der sie alles, was sie hatten, was sie waren, zu verdanken hatten; – mit ihr schien der schützende Genius von dem trostlosen Völkchen gewichen zu sein.

      Die trauernde Gruppe mochte so eine Stunde gesessen sein, im dumpfen Schmerze die Überbleibsel alles dessen betrachtend, was ihnen lieb und teuer war. Dann und wann ließ sich ein lautes Stöhnen vernehmen, das den Kehlen der alten Squaws entfuhr, und dem sich allmählich und stufenweise die lauteren Klagetöne der jüngeren anschlossen.

      Bald darauf fielen die dumpfen Schläge der indianischen Trommeln und die melancholischen Töne der Flöte ein, und mit diesen begann der Todesgesang, der zugleich von mehreren hundert Lippen in den tiefsten Kehlentönen angestimmt wurde. – So wie der Gesang sich erhoben hatte, einfach, gemach und stufenweise, so erstarb er wieder. Eine lange Weile herrschte wieder tiefe Stille; dann erhob sich ein leises Gemurmel, das allmählich stärker wurde: die Squaws schlichen sich aus dem Kranze und begannen drohend die Gefangenen zu umschwärmen. Es währte nicht lange, so wurden racherufende Stimmen gehört, die schnell sich verstärkten, bis zuletzt alle in ein tobendes Geheul und in die fürchterlichste Wut ausbrachen.

      »El Sol,« sprach der alte Miko mit dumpfer Stimme, »meine Brüder wünschen die Stimme des großen Häuptlings zu hören, um die erzürnten Seelen ihrer gefallenen Brüder zu versöhnen.«

      Der junge Mexikaner gab keine Antwort: er blickte auf, starrte um sich herum, gleich einem, der aus einem tiefen Traume erwacht. – Endlich sprach er: »Mögen meine Brüder ihre Zungen lösen, damit El Sol ihre Worte vernehme.«

      Die Beratung nahm ihren Anfang.

      Ein Krieger der Oconees stand auf und richtete sich an die Menge.

      Er begann in den floskelreichen, lebhaften Farben und in dem eigentümlichen Stile seines Volkes die Tapferkeit der Erschlagenen, ihre Geschicklichkeit auf den Jagdgründen, ihre Weisheit in der Ratsversammlung zu rühmen. Er malte mit lebhaften Farben den Jammer der hinterlassenen Witwen und Waisen, die Verräterei der Diebe der Salzsee, und schloß, indem er hindeutete auf fünfzehn Krieger, die vor dem großen Geiste ohne einen Skalp von dem Haupte ihrer Feinde erscheinen würden. –

      Ein zweiter Redner folgte, der mit größerer Lebendigkeit noch mehr sich bemühte, die ohnedies racheschnaubenden Gefühle seiner Zuhörer aufzureizen.

      Nachdem ein dritter gesprochen, wurden die Ausrufungen unter den Oconees nach den Skalpen ihrer Feinde allgemein. Sie hatten am meisten gelitten.

      »Und was sagt der weise Tlachtala?« so redete El Sol einen Cumanchee an, der hinter ihm auf einer Wolldecke ausgestreckt lag und von zwei Kugeln durchbohrt war.

      »El Sol«, erwiderte der Verwundete, »weiß die Gesetze der Cumanchees.«

      »Würde aber ein Cumanchee mit einem Diebe kämpfen, dessen Hand und Fuß an den Pfahl gebunden sind?«

      Der Cumanchee schüttelte verachtungsvoll sein Haupt.

      »Und was würden die Cumanchees tun?«

      »Sie würden um einen der schlechtesten Apachees senden, daß er die Diebe an Bäume hänge, damit ihr Fleisch ebenso von den Vögeln des Himmels gestohlen werde, wie ihre Hände getan.«

      »Die Seele El Sols ist die eines Cumanchees, und er will tun, wie sein Bruder sagt.«

      Die Blicke der Menge wandten sich nun mit Sehnsucht auf Tokeah und El Sol. Der erstere erhob

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